Vorbemerkungen des Einsenders: Ich habe Schlegels †bersetzung von Shakespeares Hamlet nicht nur aus einer mir zur VerfŸgung stehenden Buchausgabe eingescannt und die OCR-Ausgabe nachkorregiert, sondern auch mit dem englischen Originaltext verglichen. Dabei ging es mir nicht darum, Ungenauigkeiten in der †bersetzung der Dialoge aufzuspŸren, die bei einem solchen Werk selbstverstŠndlich unvermeidbar sind, sondern nur darum, festzustellen, ob die †bersetzung Passagen des Originals auslŠ§t oder andere schnell erkennbare Abweichungen enthŠlt, z.B. abweichende Regieansweisungen. FŸr den Vergleich habe ich hauptsŠchlich die Version des Project Gutenberg Shakespeare Team's verwendet, jedoch bei einigen auffŠlligen Stellen auch andere Versionen zu Rate gezogen, um dann ggf. eine abweichende Lesart vorzuziehen (z.B. wenn in ersterem Text offensichtlich eine Regieanweisung fehlt, die eine Person auftreten lassen mŸ§te, die dann spricht.) Ich habe die Resultate dieses Vergleichs folgenderma§en in den Text eingebaut: ZusŠtzliche Texte im Original erscheinen in grŸner Schrift in meiner eigenen †bersetzung. Texte der †bersetzung ohne Entsprechung im Original erscheinen in grŸnen, eckigen Klammern [ ]. Die Abweichungen beruhen keinesfalls alle auf einer WillkŸr des †bersetzers, sondern (und das gilt in besonderem Ma§e fŸr die Regieanweisungen) sehr oft auf unterschiedlichen Lesarten des englischen Textes, wie man bereits an den verschidenen, online verfŸgbaren Versionen des Originaltextes ersehen kann: Die drei Versionen, die im amerikanischen Project Gutenberg angeboten werden, the Complete Moby Shakespeare (als HTML-Datei beim MIT, als Textdatei u.a. auf dem English Server der Carnegie Mellon University) und die digitale Rekonstruktion einer Ausgabe von 1725 in der digitalen Bibliothek der UniversitŠt Bielefeld. ------------------------------------------------------------------------ William Shakespeare Hamlet Prinz vom DŠnemark †bersetzt von August Wilhelm von Schlegel ------------------------------------------------------------------------ PERSONEN K…NIG CLAUDIUS von DŠnemark HAMLET, Sohn des vorigen und Neffe des gegenwŠrtigen Kšnigs POLONIUS, OberkŠmmerer HORATIO, Hamlets Freund LAERTES, Sohn des Polonius VOLTIMAND CORNELIUS ROSENKRANZ G†LDENSTERN OSRICK Ein EDELMANN } Hofleute [Zwei EDELLEUTE] Ein PRIESTER MARCELLUS, Offizier BERNARDO, Offizier FRANCISCO, ein Soldat [ } Edelleute auf Wache] REINHOLD, Diener des Polonius SCHAUSPIELER Ein [norwegischer] HAUPTMANN Zwei Spa§macher, TOTENGR€BER [Ein GESANDTER] Englische GESANDTE Der GEIST von Hamlets Vater FORTINBRAS, Prinz von Norwegen K…NIGIN GERTRUD von DŠnemark, Hamlets Mutter OPHELIA, Tochter des Polonius Herren und Frauen vom Hofe, Offiziere und Soldaten, Matrosen, [ein Diener, ein Bote. Gefolge] Boten und anderes Gefolge. Die Szene ist in Helsingšr, [nur in der vierten Szene des vierten Aktes eine Ebene in DŠnemark] ------------------------------------------------------------------------ ERSTER AKT ERSTE SZENE Helsingšr. Eine Terrasse vor dem Schlosse Francisco auf dem Posten, Bernardo tritt auf. BERNARDO Wer da? FRANCISCO Nein, mir antwortet; steht und gebt Euch kund! BERNARDO Lang lebe der Kšnig! FRANCISCO Bernardo? BERNARDO Er selbst. FRANCISCO Ihr kommt gewissenhaft auf Eure Stunde. BERNARDO Es schlug schon zwšlf, mach dich zu Bett, Francisco. FRANCISCO Dank fŸr die Ablšsung! 's ist bitter kalt, Und mir ist schlimm zumut. BERNARDO War Eure Wache ruhig? FRANCISCO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊAlles mausestill. BERNARDO Nun, gute Nacht! Wenn Ihr auf meine WachtgefŠhrten sto§t, Horatio und Marcellus, hei§t sie eilen. [Horatio und Marcellus treten auf.] FRANCISCO Ich denk, ich hšre sie. - He, halt! Wer da? Horatio und Marcellus treten auf. HORATIO Freund dieses Bodens. MARCELLUS ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊUnd Vasall des DŠnen. FRANCISCO Hab gute Nacht! MARCELLUS ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊO grŸ§ dich, wackrer Krieger. Wer hat dich abgelšst? FRANCISCO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊBernardo hat den Posten. Habt gute Nacht. Ab. MARCELLUS ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊHolla, Bernardo! BERNARDO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSprecht! He, ist Horatio da? HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊEin StŸck von ihm. BERNARDO Willkommen Euch! Willkommen, Freund Marcellus! HORATIO Nun, ist das Ding heut wiederum erschienen? BERNARDO Ich habe nichts gesehn. MARCELLUS Horatio sagt, es sei nur Einbildung, Und will dem Glauben keinen Raum gestatten An dieses Schreckbild, das wir zweimal sahn; Deswegen hab ich ihn hieher geladen, Mit uns die Stunden dieser Nacht zu wachen, Damit, wenn wieder die Erscheinung kommt, Er unsern Augen zeug und mit ihr spreche. HORATIO Pah, pah! Sie wird nicht kommen. BERNARDO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSetzt Euch denn Und la§t uns nochmals Euer Ohr bestŸrmen, Das so verschanzt ist gegen den Bericht, Was wir zwei NŠchte sahn. HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊGut, sitzen wir, Und la§t Bernardo uns hievon erzŠhlen. BERNARDO Die allerletzte Nacht, Als eben jener Stern, vom Pol gen Westen, In seinem Lauf den Teil des Himmels hellte, Wo jetzt er glŸht, da sahn Marcell und ich, Indem die Glocke eins schlug - MARCELLUS O still! Halt ein! Sieh, wie's da wieder kommt! Der Geist kommt, in Waffen. BERNARDO Ganz die Gestalt wie der verstorbne Kšnig. MARCELLUS Du bist gelehrt, sprich du mit ihm, Horatio! BERNARDO Siehts nicht dem Kšnig gleich? Schau's an, Horatio! HORATIO Ganz gleich; es macht mich starr vor Furcht und Staunen. BERNARDO Es mšchte angeredet sein. MARCELLUS Horatio, sprich mit ihm. HORATIO Wer bist du, der sich dieser Nachtzeit anma§t, Und dieser edlen, kriegrischen Gestalt, Worin die Hoheit des begrabnen DŠnmark Weiland einherging? Ich beschwšre dich Beim Himmel, sprich! MARCELLUS Es ist beleidigt. BERNARDO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSeht, es schreitet weg. HORATIO Bleib, sprich! Sprich, ich beschwšr dich, sprich! Geist ab. MARCELLUS Fort ists und will nicht reden. BERNARDO Wie nun, Horatio? Ihr zittert und seht bleich: Ist dies nicht etwas mehr als Einbildung? Was haltet Ihr davon? HORATIO Bei meinem Gott, ich dŸrfte dies nicht glauben, HŠtt ich die sichre, fŸhlbare GewŠhr Der eignen Augen nicht. MARCELLUS Siehts nicht dem Kšnig gleich? HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWie du dir selbst. Genau so war die RŸstung, die er trug, Als er sich mit dem stolzen Norweg ma§; So droht' er einst, als er in harter Zwiesprach Aufs Eis warf den beschlitteten Polacken. 's ist seltsam. MARCELLUS So schritt er, grad um diese dumpfe Stunde, Schon zweimal kriegrisch unsre Wacht vorbei. HORATIO Wie dies bestimmt zu deuten, wei§ ich nicht; Allein soviel ich insgesamt erachte, VerkŸndets unserm Staat besondre GŠrung. MARCELLUS Nun setzt euch, Freunde; sagt mir, wer es wei§, Warum dies aufmerksame, strenge Wachen Den Untertan des Landes nŠchtlich plagt? Warum wird Tag fŸr Tag GeschŸtz gegossen Und in der Fremde KriegsgerŠt gekauft? Warum gepre§t fŸr Werften, wo das Volk Den Sonntag nicht vom sauren Werktag trennt? Was gibts, da§ diese schwei§betriefte Eil Die Nacht dem Tage zur GehŸlfin macht? Kann jemand mich belehren? HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊJa, ich kanns; Zum mindsten hei§t es so. Der letzte Kšnig Ward, wie Ihr wi§t, durch Fortinbras von Norweg, Den eifersŸchtger Stolz dazu gespornt, Zum Kampf gefordert; unser tapfrer Hamlet - Denn diese Seite der bekannten Welt Hielt ihn dafŸr - schlug diesen Fortinbras, Der laut dem untersiegelten Vertrag, Durch Recht und Rittersitte wohl bekrŠftigt, Mit seinem Leben alle LŠnderein, So er besa§, verwirkte an den Sieger; Wogegen auch ein angeme§nes Teil Von unserm Kšnig ward zum Pfand gesetzt, Das Fortinbras anheimgefallen wŠre, HŠtt er gesiegt, wie durch denselben Handel Und Inhalt der besprochnen Punkte seins An Hamlet fiel. Nun hat Jung Fortinbras Von unerprobtem Feuer hei§ und voll, An Norwegs Ecken hier und da ein Heer Landloser Abenteurer aufgerafft, FŸr Brot und Kost zu einem Unternehmen, Das Herz hat; welches denn kein andres ist, Wie unser Staat das auch gar wohl erkennt, Als durch die starke Hand und Zwang der Waffen Die vorbesagten Land' uns abzunehmen, Die so sein Vater eingebŸ§t; und dies Scheint mir der Antrieb unsrer ZurŸstungen, Die Quelle unsrer Wachen und der Grund Von diesem Treiben und GewŸhl im Lande. BERNARDO Nichts anders, denk ich, ists als eben dies. Wohl trifft es zu, da§ diese Schreckgestalt In Waffen unsre Wacht besucht, so Šhnlich Dem Kšnig, der der Anla§ dieses Kriegs. HORATIO Ein StŠubchen ists, des Geistes Aug zu trŸben. Im hšchsten palmenreichsten Stande Roms, Kurz vor dem Fall des gro§en Julius, standen Die GrŠber leer, verhŸllte Tote schrien Und wimmerten durch alle ršmschen Gassen; Und ebensolche Zeichen grauser Dinge, Als Boten, die dem Schicksal stets vorangehn, Und Vorspiel der Entscheidung, die sich naht, Hat Erd und Himmel insgemein gesandt An unsern Himmelsstrich und Landsgenossen, Wie feuergeschweifte Sterne, blutger Tau, Die Sonne fleckig; und der feuchte Stern, Des Einflu§ waltet in Neptunus' Reich, Krankt an Verfinstrung wie zum JŸngsten Tag. [Der Geist kommt wieder.] Doch still! Schaut, wie's da wieder kommt. Der Geist kommt wieder. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊIch kreuz es Und sollt es mich verderben. - [Er breitet die Arme aus.] ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSteh, Phantom, Hast du Gebrauch der Stimm und einen Laut: Sprich zu mir! Ist irgendeine gute Tat zu tun, Die Ruh dir bringen kann und Ehre mir: Sprich zu mir! Bist du vertraut mit deines Landes Schicksal, Das etwa noch Voraussicht wenden kann: O sprich! Und hast du aufgehŠuft in deinem Leben Erpre§te SchŠtze in der Erde Scho§, WofŸr ihr Geister, sagt man, oft im Tode Umhergeht, Der Hahn krŠht. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊsprich davon! Verweil und sprich! [Der Hahn krŠht.] Halt es doch auf, Marcellus! MARCELLUS Soll ich nach ihm mit der Hellbarde schlagen? HORATIO Tu's, wenns nicht stehen will! BERNARDO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊ's ist hier! HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊ's ist hier! MARCELLUS 's ist fort! Geist ab. Wir tun ihm Schmach, da es so majestŠtisch, Wenn wir den Anschein der Gewalt ihm bieten; Denn es ist unverwundbar wie die Luft, Und unsre leeren Streiche foppen uns. BERNARDO Es war am Reden, als der Hahn just krŠhte. HORATIO Und da fuhrs auf gleich einem sŸndgen Wesen Beim Aufruf zum Gericht. Ich hab gehšrt, Der Hahn, der als Trompete dient dem Morgen, Erweckt mit schmetternder und heller Kehle Den Gott des Tages, und auf seine Mahnung, Sei's in der See, im Feur, Erd oder Luft, Eilt jeder schweifende und irre Geist In sein Revier; und von der Wahrheit dessen Gab dieser Gegenstand uns den Beweis. MARCELLUS Es schwand erblassend mit des Hahnes KrŠhn. Sie sagen, immer, wann die Jahrszeit naht, Wo man des Heilands Ankunft feiert, singe Die ganze Nacht durch dieser frŸhe Vogel; Dann darf kein Geist umhergehn, sagen sie, Die NŠchte sind gesund, dann trifft kein Stern, Kein Kobold schweift, noch kšnnen Hexen zaubern: So gnadenvoll und heilig ist die Zeit. HORATIO So hšrt auch ich und glaube dran zum Teil. Doch seht, der Morgen, angetan mit Purpur, Betritt den Tau des hohen HŸgels dort; La§t uns die Wacht abbrechen, und ich rate, Vertraun wir, was wir diese Nacht gesehn, Dem jungen Hamlet; denn, bei meinem Leben, Der Geist, so stumm fŸr uns, ihm wird er reden. Ihr willigt drein, da§ wir ihm dieses melden, Wie Lieb uns nštigt und der Pflicht geziemt? MARCELLUS Ich bitt Euch, tun wir das; ich wei§, wo wir Ihn am bequemsten heute finden werden. Alle ab. ZWEITE SZENE Helsingšr. Ein Staatszimmer im Schlosse Der Kšnig, die Kšnigin, Hamlet, Polonius, Laertes, Voltimand, Cornelius, Herren vom Hofe und Gefolge. K…NIG Wiewohl von Hamlets Tod, des werten Bruders, Noch das GedŠchtnis frisch, und ob es Unserm Herzen Zu trauern ziemte und dem ganzen Reich, In eine Stirn des Grames sich zu falten: So weit hat Urteil die Natur bekŠmpft, Da§ Wir mit weisem Kummer sein gedenken, Zugleich mit der Erinnrung an Uns selbst. Wir haben also Unsre weiland Schwester, Jetzt Unsre Kšnigin, die hohe Witwe Und Erbin dieses kriegerischen Staats, Mit unterdrŸckter Freude sozusagen, Mit einem heitern, einem nassen Auge, Mit Leichenjubel und mit Hochzeitklage, In gleichen Schalen wŠgend Leid und Lust, Zur Eh genommen; haben auch hierin Nicht Eurer bessern Weisheit widerstrebt, Die frei Uns beigestimmt. FŸr alles Dank! - Nun wi§t Ihr, hat der junge Fortinbras Aus MinderschŠtzung Unsers Werts und denkend, Durch Unsers teuren selgen Bruders Tod Sei Unser Staat verrenkt und aus den Fugen, GestŸtzt auf diesen Traum von seinem Vorteil, Mit Botschaft Uns zu plagen nicht ermangelt Um Wiedergabe jener LŠnderein, RechtskrŠftig eingebŸ§t von seinem Vater An Unsern tapfern Bruder. - So viel von ihm; Nun von Uns selbst und Eurer Herberufung. So lautet das GeschŠft: Wir schreiben hier An Norweg, Ohm des jungen Fortinbras, Der schwach, bettlŠgrig, kaum von diesem Anschlag Des Neffen hšrt, da§ er den fernern Gang Hierin mšg hemmen, da ja doch die Werbung, Bestand und Zahl der Truppen, alles nur Aus seinem Volk geschieht; und senden nun Euch, wackrer Voltimand, und Euch, Cornelius, Mit diesem Gru§ zum alten Norweg hin, Euch keine weitre Vollmacht Ÿbergebend, Zu handeln mit dem Kšnig, als das Ma§ Der hier eršrterten Artikel zulŠ§t. Lebt wohl, und Eil empfehle Euren Eifer! CORNELIUS und VOLTIMAND Hier, wie in allem, wollen wir ihn zeigen. K…NIG Wir zweifeln nicht daran. Lebt herzlich wohl! - Voltimand und Cornelius ab. Und nun, Laertes, sagt, was bringt Ihr Uns? Ihr nanntet ein Gesuch; was ists, Laertes? Ihr kšnnt nicht von Vernunft dem DŠnen reden, Und Euer Wort verlieren. Kannst du bitten, Was ich nicht gern gewŠhrt, eh du's verlangt? Der Kopf ist nicht dem Herzen mehr verwandt, Die Hand dem Munde dienstgefŠllger nicht, Als DŠnmarks Thron es deinem Vater ist. Was wŸnschest du, Laertes? LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊHoher Herr, VergŸnstigung nach Frankreich rŸckzukehren, Woher ich zwar nach DŠnmark willig kam, Bei Eurer Kršnung meine Pflicht zu leisten; Doch nun gesteh ich, da die Pflicht erfŸllt, Strebt mein Gedank und Wunsch nach Frankreich hin Und neigt sich Eurer gnŠdigen Erlaubnis. K…NIG Erlaubts der Vater Euch? Was sagt Polonius? POLONIUS Er hat, mein FŸrst, die zšgernde Erlaubnis Mir durch beharrlich Bitten abgedrungen, Da§ ich zuletzt auf seinen Wunsch das Siegel Der schwierigen Bewilligung gedrŸckt. Ich bitt Euch, gebt Erlaubnis ihm zu gehn. K…NIG Nimm deine gŸnstge Stunde: Zeit sei dein, Mit deinen Gaben nutze sie nach Lust. - Doch nun, mein Vetter Hamlet und mein Sohn - HAMLET beiseit. Mehr als befreundet, weniger als Freund. K…NIG Wie, hŠngen stets noch Wolken Ÿber Euch? HAMLET Nicht doch, mein FŸrst, ich habe zuviel Sonne. K…NIGIN Wirf, guter Hamlet, ab die nŠchtge Farbe Und la§ dein Aug als Freund auf DŠnmark sehn. Such nicht bestŠndig mit gesenkten Wimpern Nach deinem edlen Vater in dem Staub. Du wei§t, 's ist aller Los: was lebt, mu§ sterben Und Ewges nach der Zeitlichkeit erwerben. HAMLET Ja, gnŠdge Frau, 's ist aller Los. K…NIGIN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊNun wohl, Weswegen scheint es so besonders dir? HAMLET Scheint, gnŠdge Frau? Nein, ist; mir gilt kein ÈscheintÇ. Nicht blo§ mein dŸstrer Mantel, gute Mutter, Noch diese Tracht, nach Brauch von ernstem Schwarz, Noch stŸrmisches Geseufz beklemmten Atems, Noch auch im Auge der ergiebige Strom, Noch die gebeugte Haltung des Gesichts Samt aller Sitte, Art, Gestalt des Grames Ist das, was wahr mich kundgibt; dies scheint wirklich; Es sind GebŠrden, die man spielen kšnnte. Was Ÿber allen Schein, trag ich in mir; All dies ist nur des Kummers Kleid und Zier. K…NIG Es ist gar lieb und Eurem Herzen rŸhmlich, Hamlet, Dem Vater diese Trauerpflicht zu leisten. Doch wi§t, auch Eurem Vater starb ein Vater, Dem seiner, und der Nachgela§ne soll Nach kindlicher Verpflichtung einige Zeit Die Leichentrauer halten. Doch zu beharren In eigenwillgen Klagen ist das Tun Gottlosen Starrsinns, ist unmŠnnlich Leid, Zeigt einen Willen, der dem Himmel trotzt, Ein unverschanztes Herz, stšrrisch GemŸt, Zeigt blšden, ungelehrigen Verstand. Wovon man wei§, es mu§ sein; was gewšhnlich Wie das Gemeinste, das die Sinne rŸhrt: Weswegen das in mŸrrischem Widerstande Zu Herzen nehmen? Pfui! Es ist Vergehn Am Himmel; ist Vergehen an dem Toten, Vergehn an der Natur, vor der Vernunft Hšchst tšricht, deren allgemeine Predigt Der VŠter Tod ist und die immer rief Vom ersten Leichnam bis zum heut verstorbnen: Dies mu§ so sein! - Wir bitten, werft zu Boden Dies unfruchtbare Leid und denkt von Uns Als einem Vater; denn wissen soll die Welt, Da§ Ihr an Unserm Thron der NŠchste seid, Und mit nicht minder †berschwang der Liebe, Als seinem Sohn der liebste Vater widmet, Bin ich Euch zugetan. Was Eure RŸckkehr Zur hohen Schul in Wittenberg betrifft, So widerspricht sie hšchlich Unserm Wunsch, Und Wir ersuchen Euch: Beliebt zu bleiben Hier in dem milden Scheine Unsers Auges, Als Unser erster Hofmann, Vetter, Sohn! K…NIGIN La§ deine Mutter fehl nicht bitten, Hamlet; Ich bitte, bleib bei uns, geh nicht nach Wittenberg! HAMLET Ich will Euch gern gehorchen, gnŠdge Frau. K…NIG Wohl, das ist eine liebe, schšne Antwort. Seid wie Wir selbst in DŠnmark. - Kommt, Gemahlin! Dies willge, freundliche Nachgeben Hamlets LŠchelt das Herz mir an, und dem zu Ehren Soll das GeschŸtz heut jeden frohen Trunk, Den DŠnmark ausbringt, an die Wolken tragen, Und wenn der Kšnig anklingt, soll der Himmel Nachdršhnen irdschem Donner. - Kommt mit mir! [Kšnig, Kšnigin, Laertes und Gefolge ab.] Alle au§er Hamlet ab. HAMLET O schmšlze doch dies allzu feste Fleisch, Zerging' und lšst' in einen Tau sich auf! Oder hŠtte nicht der Ewge sein Gebot Gerichtet gegen Selbstmord! O Gott! O Gott! Wie ekel, schal und flach und unersprie§lich Scheint mir das ganze Treiben dieser Welt! Pfui, pfui darŸber! 's ist ein wŸster Garten, Der auf in Samen schie§t; verworfnes Unkraut ErfŸllt ihn gŠnzlich. Dazu mu§t es kommen! Zwei Mond erst tot! - Nein, nicht soviel, nicht zwei! Solch trefflicher Monarch, verglichen diesem, Apoll bei einem Satyr! So meine Mutter liebend, Da§ er des Himmels Winde nicht zu rauh Ihr Antlitz lie§ berŸhren. Himmel und Erde! Mu§ ich gedenken? Hing sie doch an ihm, Als stieg das Wachstum ihrer Lust mit dem, Was ihre Kost war. Und doch, in einem Mond - La§t michs nicht denken! - Schwachheit, dein Nam ist Weib! - Ein kurzer Mond; bevor die Schuh verbraucht, Womit sie meines Vaters Leiche folgte, Wie Niobe, ganz TrŠnen - sie, ja sie - O Himmel, wŸrd ein Tier, das nicht Vernunft hat, Doch lŠnger trauern! - meinem Ohm vermŠhlt, Dem Bruder meines Vaters, doch ihm Šhnlich, Wie ich dem Herkules! In einem Mond, Bevor das Salz hšchst frevelhafter TrŠnen Der wunden Augen Ršte noch verlie§, War sie vermŠhlt! - O schnšde Hast, so rasch In ein blutschŠnderisches Bett zu stŸrzen! Es ist nicht, und es wird auch nimmer gut. Doch brich, mein Herz, denn schweigen mu§ mein Mund! Horatio, Bernardo und Marcellus treten auf. HORATIO Heil Eurer Hoheit! HAMLET Ich bin erfreut, Euch wohl zu sehn; Horatio - wenn ich nicht mich selbst vergesse? HORATIO Ja, Prinz, und Euer armer Diener stets. HAMLET Mein guter Freund; vertauscht mir jenen Namen. Was macht Ihr hier von Wittenberg, Horatio? - Marcellus? MARCELLUS GnŠdger Herr - HAMLET Es freut mich, Euch zu sehn. Habt guten Abend! - Im Ernst, was fŸhrt Euch weg von Wittenberg? HORATIO Ein mŸ§iggŠngerischer Hang, mein Prinz. HAMLET Das mšcht ich Euren Feind nicht sagen hšren, Noch sollt Ihr meinem Ohr den Zwang antun, Da§ Euer eignes Zeugnis gegen Euch Ihm gŸltig wŠr. Ich wei§, Ihr geht nicht mŸ§ig. Doch was ist Eur GeschŠft in Helsingšr? Ihr sollt noch trinken lernen, eh Ihr reist. HORATIO Ich kam zu Eures Vaters Leichenfeier. HAMLET Ich bitte, spotte meiner nicht, mein Schulfreund, Du kamst gewi§ zu meiner Mutter Hochzeit! HORATIO FŸrwahr, mein Prinz, sie folgte schnell darauf. HAMLET Wirtschaft, Horatio! Wirtschaft! Das Gebackne Vom Leichenschmaus gab kalte HochzeitschŸsseln. HŠtt ich den Šrgsten Feind im Himmel lieber Getroffen, als den Tag erlebt, Horatio! Mein Vater - mich dŸnkt, ich sehe meinen Vater. HORATIO Wo, mein Prinz? HAMLET In meines Geistes Aug, Horatio. HORATIO Ich sah ihn einst, er war ein wackrer Kšnig. HAMLET Er war ein Mann, nehmt alles nur in allem; Ich werde nimmer seinesgleichen sehn. HORATIO Mein Prinz, ich denk, ich sah ihn vorge Nacht. HAMLET Sah? Wen? HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊMein Prinz, den Kšnig, Euren Vater. HAMLET Den Kšnig, meinen Vater? HORATIO Beruhigt das Erstaunen eine Weil Durch ein aufmerksam Ohr, bis ich dies Wunder, Auf die BekrŠftigung der MŠnner hier, Euch kann berichten. HAMLET Um Gottes willen, la§t mich hšren! HORATIO Zwei NŠchte nacheinander wars den beiden, Marcellus und Bernardo, auf der Wache In toter Stille tiefer Mitternacht So widerfahren. Ein Schatten wie Eur Vater, Geharnischt, ganz in Wehr, von Kopf zu Fu§, Erscheint vor ihnen, geht mit ernstem Tritt Langsam vorbei und stattlich; schreitet dreimal Vor ihren starren, furchtergriffnen Augen, So da§ sein Stab sie abreicht, wŠhrend sie, Geronnen fast zu Gallert durch die Furcht, Stumm stehn und reden nicht mit ihm. Dies nun In banger Heimlichkeit vertraun sie mir. Ich hielt die dritte Nacht mit ihnen Wache; Und da, wie sie's berichtet, in der Zeit Und der Gestalt buchstŠblich alles wahr, Kommt das Gespenst. Ich kannte Euren Vater: Hier diese HŠnde gleichen sich nicht mehr. HAMLET Wo ging dies aber vor? MARCELLUS Auf der Terrasse, wo wir Wache hielten. HAMLET Ihr sprachet nicht mit ihm? HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊIch tats, mein Prinz, Doch Antwort gab es nicht; nur einmal schiens, Es hšb sein Haupt empor und schickte sich Zu der Bewegung an, als wollt es sprechen; Doch krŠhte eben laut der Morgenhahn, Und bei dem Tone schlŸpft' es eilig weg Und schwand aus unserm Blick. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSehr sonderbar! HORATIO Bei meinem Leben, edler Prinz, 's ist wahr; Wir hieltens durch die Pflicht uns vorgeschrieben, Die Sach Euch kundzutun. HAMLET Im Ernst, im Ernst, Ihr Herrn, dies Šngstigt mich. Habt Ihr die Wache heut? [ALLE] MARCELLUS und BERNARDO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊJa, gnŠdger Herr. HAMLET Geharnischt, sagt Ihr? [ALLE] BEIDE ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊGeharnischt, gnŠdger Herr. HAMLET Vom Wirbel bis zur Zeh? [ALLE] BEIDE ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊVon Kopf zu Fu§. HAMLET So saht Ihr sein Gesicht nicht? HORATIO O ja doch, sein Visier war aufgezogen. HAMLET Nun, blickt' er finster? HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊEine Miene, mehr Des Leidens als des Zorns. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊBla§ oder rot? HORATIO Nein, Šu§erst bla§. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSein Aug auf Euch geheftet? HORATIO Ganz fest. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊIch wollt, ich wŠr dabeigewesen. HORATIO Ihr hŠttet Euch gewi§ entsetzt. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSehr glaublich, Sehr glaublich. - Blieb es lang? HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDerweil mit mŠ§ger Eil Man hundert zŠhlen konnte. MARCELLUS und BERNARDO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊLŠnger, lŠnger! HORATIO Nicht, da ichs sah. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSein Bart war greis, nicht wahr? HORATIO Wie ichs an ihm bei seinem Leben sah, Ein schwŠrzlich Silbergrau. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊIch will heut wachen; Vielleicht wirds wiederkommen. HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊZuverlŠssig. HAMLET Erscheints in meines edlen Vaters Bildung, So red ichs an, gŠhnt' auch die Hšlle selbst Und hie§ mich ruhig sein. Ich bitt Euch alle: Habt Ihr bis jetzt verheimlicht dies Gesicht, So haltets ferner fest in Eurem Schweigen; Und was sich sonst zu Nacht ereignen mag, Gebt allem einen Sinn, doch keine Zunge. Ich will die Lieb Euch lohnen; lebt denn wohl! Auf der Terrasse zwischen elf und zwšlf Besuch ich Euch. ALLE ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊEur Gnaden unsre Dienste. HAMLET Nein, Eure Liebe, so wie meine Euch. Lebt wohl nun! Horatio, Marcellus und Bernardo ab. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊMeines Vaters Geist in Waffen! Es taugt nicht alles: ich vermute was Von argen RŠnken. WŠr die Nacht erst da! Bis dahin ruhig, Seele! Schnšde Taten, Birgt sie die Erd auch, mŸssen sich verraten. Ab. DRITTE SZENE Ein Zimmer in Polouius' Hause Laertes und Ophelia treten auf. LAERTES Mein Reisegut ist eingeschifft. Leb wohl! Und, Schwester, wenn die Winde gŸnstig sind Und Schiffsgelegenheit sich findet, schlaf nicht, La§ von dir hšren. OPHELIA ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊZweifelst du daran? LAERTES Was Hamlet angeht und sein LiebsgetŠndel, So nimms als Sitte, als ein Spiel des Bluts, Ein Veilchen in der Jugend der Natur, FrŸhzeitig, nicht bestŠndig - sŸ§, nicht dauernd, Nur Duft und Labsal eines Augenblicks; Nichts weiter. OPHELIA ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWeiter nichts? LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊNur dafŸr halt es; Denn die Natur, aufstrebend, nimmt nicht blo§ An Grš§ und Sehnen zu; wie dieser Tempel wŠchst, So wird der innre Dienst von Seel und Geist Auch weit mit ihm. Er liebt Euch jetzt vielleicht, Kein Arg und kein Betrug befleckt bis jetzt Die Tugend seines Willens; doch befŸrchte, Bei seinem Rang gehšrt sein Will ihm nicht; Er selbst ist der Geburt ja untertan. Er kann nicht, wie geringe Leute tun, FŸr sich auslesen, denn an seiner Wahl HŠngt Sicherheit und Heil des ganzen Staats. Deshalb mu§ seine Wahl denn auch beschrŠnkt sein Vom Beifall und der Stimme jenes Kšrpers, Von welchem er das Haupt. Wenn er nun sagt, er liebt dich, Geziemt es deiner Klugheit, ihm zu glauben, Soweit er, nach besonderm Recht und Stand, Tat geben kann dem Wort, das hei§t, nicht weiter, Als DŠnemarks gesamte Stimme geht. Bedenk, was deine Ehre leiden kann, Wenn du zu glŠubig seinem Liede lauschest, Dein Herz verlierst und deinen keuschen Schatz Vor seinem ungestŸmen Dringen šffnest. FŸrcht es, Ophelia, fŸrcht es, liebe Schwester, Und halte dich im Hintergrund der Neigung, Fern von dem Schu§ und Anfall der Begier! Das scheuste MŠdchen ist verschwendrisch noch, Wenn sie dem Monde ihren Reiz enthŸllt. Selbst Tugend nicht entgeht VerleumdertŸcken, Es nagt der Wurm des FrŸhlings Kinder an, Zu oft noch, eh die Knospe sich erschlie§t, Und in der FrŸh und frischem Tau der Jugend Ist giftger Anhauch am gefŠhrlichsten. Sei denn behutsam! Furcht gibt Sicherheit, Auch ohne Feind hat Jugend innern Streit. OPHELIA Ich will den Sinn so guter Lehr bewahren Als WŠchter meiner Brust; doch, lieber Bruder, Zeig nicht, wie heilverge§ne Prediger tun, Den steilen Dornenweg zum Himmel andern, Derweil als frecher, lockrer WollŸstling Er selbst den Blumenpfad der Lust betritt Und spottet seines Rats. LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊO fŸrchte nichts! Zu lange weil ich - doch, da kommt mein Vater. Polonius kommt. Zwiefacher Segen ist ein zwiefach Heil; Der Zufall lŠchelt einem zweiten Abschied. POLONIUS Noch hier, Laertes? Ei, ei, an Bord, an Bord! Der Wind sitzt in dem Nacken Eures Segels, Und man verlangt Euch. Hier mein Segen mit dir - indem er dem Laertes die Hand aufs Haupt legt Und diese Regeln prŠg in dein GedŠchtnis: Gib den Gedanken, die du hegst, nicht Zunge, Noch einem ungebŸhrlichen die Tat. Leutselig sei, doch mach dich nicht gemein. Den Freund, der dein, und dessen Wahl erprobt, Mit ehrnen Haken klammr ihn an dein Herz. Doch schwŠche deine Hand nicht durch BegrŸ§ung Von jedem neugeheckten Bruder. HŸte dich, In HŠndel zu geraten; bist du drin, FŸhr sie, da§ sich dein Feind vor dir mag hŸten. Dein Ohr leih jedem, wenigen deine Stimme; Nimm Rat von allen, aber spar dein Urteil. Die Kleidung kostbar, wie's dein Beutel kann, Doch nicht ins Grillenhafte: reich, nicht bunt; Denn es verkŸndigt oft die Tracht den Mann, Und die vom ersten Rang und Stand in Frankreich Sind darin ausgesucht und edler Sitte. Kein Borger sei und auch Verleiher nicht; Sich und den Freund verliert das Darlehn oft, Und Borgen stumpft der Wirtschaft Spitze ab. Dies Ÿber alles: Sei dir selber treu, Und daraus folgt, so wie die Nacht dem Tage, Du kannst nicht falsch sein gegen irgendwen. Leb wohl! Mein Segen fšrdre dies an dir! LAERTES In Ehrerbietung nehm ich Abschied, Herr. POLONIUS Euch ruft die Zeit; geht, Eure Diener warten. LAERTES Leb wohl, Ophelia, und gedenk an das, Was ich dir sagte. OPHELIA Es ist in mein GedŠchtnis fest verschlossen, Und Ihr sollt selbst dazu den SchlŸssel fŸhren. LAERTES Lebt wohl! Ab. POLONIUS Was ists, Ophelia, das er Euch gesagt? OPHELIA Wenn Ihr erlaubt, vom Prinzen Hamlet wars. POLONIUS Ha, wohl bedacht! Ich hšre, da§ er Euch seit kurzem oft Vertraute Zeit geschenkt, und da§ Ihr selbst Mit Eurem Zutritt sehr bereit und frei wart. Wenn dem so ist - und so erzŠhlt man mirs, Und das als Warnung zwar -, mu§ ich Euch sagen, Da§ Ihr Euch selber nicht so klar versteht, Als meiner Tochter ziemt und Eurer Ehre. Was gibt es zwischen euch? Sagt mir die Wahrheit! OPHELIA Er hat seither AntrŠge mir getan Von seiner Zuneigung. POLONIUS Pah, Zuneigung! Ihr sprecht wie junges Blut, In solchen FŠhrlichkeiten unbewandert. Und glaubt Ihr den AntrŠgen, wie Ihrs nennt? OPHELIA Ich wei§ nicht, Vater, was ich denken soll. POLONIUS So hšrts denn: Denkt, Ihr seid ein dummes Ding, Da§ Ihr fŸr bar AntrŠge habt genommen, Die ohn Ertrag sind. Nein, betragt Euch klŸger, Sonst, um das arme Wort nicht tot zu hetzen, TrŠgt Eure Narrheit noch Euch Schaden ein. OPHELIA Er hat mit seiner Lieb in mich gedrungen, In aller Ehr und Sitte. POLONIUS Ja, Sitte mšgt Ihrs nennen; geht mir, geht! OPHELIA Und hat sein Wort beglaubigt, lieber Herr, Beinah durch jeden heilgen Schwur des Himmels. POLONIUS Ja, Sprenkel fŸr die Drosseln. Wei§ ich doch, Wenn das Blut kocht, wie das GemŸt der Zunge Freigebig SchwŸre leiht. Dies Lodern, Tochter, Mehr leuchtend als erwŠrmend, und erloschen Selbst im Versprechen, wŠhrend es geschieht, Nehmt keineswegs fŸr Feuer! Kargt von nun an Mit Eurer jungfrŠulichen Gegenwart Ein wenig mehr; schŠtzt Eure Unterhaltung Zu hoch, um auf Befehl bereit zu sein! Und was Prinz Hamlet angeht, traut ihm so: Er sei noch jung und habe freiern Spielraum, Als Euch vergšnnt mag werden. Kurz, Ophelia, Traut seinen SchwŸren nicht; denn sie sind Kuppler, Nicht von der Farbe ihrer Šu§ern Tracht, FŸrsprecher sŸndlicher Gesuche blo§, Gleich frommen, heiligen GelŸbden atmend, Um besser zu berŸcken. Eins fŸr alles: Ihr sollt mir, grad heraus, von heute an Die Mu§e keines Augenblicks so schmŠhn, Da§ Ihr GesprŠche mit Prinz Hamlet pflšget. Seht zu, ich sags Euch! Geht nun Eures Weges. OPHELIA Ich will gehorchen, Herr. Beide ab. VIERTE SZENE Die Terrasse Hamlet, Horatio und Marcellus treten auf. HAMLET Die Luft geht scharf, es ist entsetzlich kalt. HORATIO 's ist eine schneidende und strenge Luft. HAMLET Was ist die Uhr? HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊIch denke, nah an zwšlf. MARCELLUS Nicht doch, es hat geschlagen. HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWirklich schon? Ich hšrt es nicht; so rŸckt heran die Stunde, Worin der Geist gewohnt ist umzugehn. Trompetensto§ und GeschŸtz abgefeuert hinter der Szene. Was stellt das vor, mein Prinz? HAMLET Der Kšnig wacht die Nacht durch, zecht vollauf, HŠlt Schmaus und taumelt den gerŠuschgen Walzer; Und wie er ZŸge Rheinweins niedergie§t, VerkŸnden schmetternd Pauken und Trompeten Den ausgebrachten Trunk. HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊIst das Gebrauch? HAMLET Nun freilich wohl. Doch meines DŸnkens, bin ich eingeboren Und drin erzogen schon, ists ein Gebrauch, Wovon der Bruch mehr ehrt als die Befolgung. Dies schwindelkšpfge Zechen macht verrufen Bei andern Všlkern uns in Ost und West; Man hei§t uns SŠufer, hŠngt an unsre Namen Ein schmutzig Beiwort; und fŸrwahr, es nimmt Von unsern Taten, noch so gro§ verrichtet, Den Kern und Ausbund unsers Wertes weg. So geht es oft mit einzeln Menschen auch, Da§ sie durch ein Naturmal, das sie schŠndet, Als etwa von Geburt - worin sie schuldlos, Weil die Natur nicht ihren Ursprung wŠhlt -, Ein †berma§ in ihres Blutes Mischung, Das DŠmm und Schanzen der Vernunft oft einbricht, Auch wohl durch Angewšhnung, die zu sehr Den Schein gefŠllger Sitten Ÿberrostet - Da§ diese Menschen, sag ich, welche so Von einem Fehler das GeprŠge tragen - Sei's Farbe der Natur, sei's Fleck des Zufalls -, Und wŠren ihre Tugenden so rein Wie Gnade sonst, so zahllos wie ein Mensch Sie tragen mag: in dem gemeinen Tadel Steckt der besondre Fehl sie doch mit an, Der Gran von Schlechtem zieht des edlen Wertes Gehalt herab in seine eigne Schmach. [Der Geist kommt.] HORATIO O seht, mein Prinz, es kommt! Der Geist kommt. HAMLET Engel und Boten Gottes, steht uns bei! - Sei du ein Geist des Segens, sei ein Kobold, Bring HimmelslŸfte oder Dampf der Hšlle, Sei dein Beginnen boshaft oder liebreich, Du kommst in so fragheischender Gestalt, Da§ ich dich sprechen will. Ich nenn dich, Hamlet, FŸrst, Vater, DŠnenkšnig; o gib Antwort! La§ mich in Blindheit nicht vergehn! Nein, sag, Warum dein fromm Gebein, verwahrt im Tode, Die Leinen hat gesprengt, warum die Gruft, Worin wir ruhig eingeurnt dich sahn, Gešffnet ihre schweren Marmorkiefer, Dich wieder auszuwerfen? Was bedeutets, Da§, toter Leichnam, du in vollem Stahl Aufs neu des Mondes DŠmmerschein besuchst, Die Nacht entstellend, da§ wir Narren der Natur So fŸrchterlich uns schŸtteln mit Gedanken, Die unsern Seelen nicht erreichbar sind? Sag, was ist dies? Warum? Was solln wir tun? Der Geist winkt Hamlet zu sich. HORATIO Es winkt Euch zu, mit ihm hinwegzugehn, Als obs nach einer Mitteilung verlangte An Euch allein. MARCELLUS Seht, wie es Euch mit freundlicher GebŠrde Hinweist an einen mehr entlegnen Ort; Geht aber nicht mit ihm! HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊNein, keineswegs! HAMLET Es will nicht sprechen; wohl, so folg ich ihm. HORATIO Tuts nicht, mein Prinz! HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWas wŠre da zu fŸrchten? Mein Leben acht ich keine Nadel wert; Und meine Seele, kann es der was tun, Die ein unsterblich Ding ist, wie es selbst? Es winkt mir wieder fort, ich folg ihm nach. HORATIO Wie, wenn es hin zur Flut Euch lockt, mein Prinz, Vielleicht zum grausen Gipfel jenes Felsen, Der in die See nickt Ÿber seinen Fu§? Und dort in andre Schreckgestalt sich kleidet, Die der Vernunft die Herrschaft rauben kšnnte Und Euch zum Wahnsinn treiben? O bedenkt! Der Ort an sich bringt Grillen der Verzweiflung Auch ohne weitern Grund in jedes Hirn, Der so viel Klafter niederschaut zur See Und hšrt sie unten brŸllen. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊImmer winkt es. - Geh nur, ich folge dir. MARCELLUS Ihr dŸrft nicht gehn, mein Prinz! HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDie HŠnde weg! HORATIO Hšrt uns, Ihr dŸrft nicht gehn! HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊMein Schicksal ruft Und macht die kleinste Ader dieses Leibes So fest als Sehnen des Nemeer Lšwen. Der Geist winkt. Es winkt mir immerfort: la§t los!! Sich von ihnen losreissend. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊBeim Himmel! [Rei§t sich los.] Den mach ich zum Gespenst, der mich zurŸckhŠlt! Ich sage, fort! - Voran, ich folge dir. Der Geist und Hamlet ab. HORATIO Er kommt ganz au§er sich vor Einbildung. MARCELLUS Ihm nach! Wir dŸrfen ihm nicht so gehorchen. HORATIO Kommt, folgen wir! Welch Ende wird dies nehmen? MARCELLUS Etwas ist faul im Staate DŠnemarks. HORATIO Der Himmel wird es lenken. MARCELLUS ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊLa§t uns gehn! Beide ab. F†NFTE SZENE Ein abgelegenerer Teil [der Terrasse] des Schlo§es Der Geist und Hamlet kommen. HAMLET Wo fŸhrst du hin mich? Red, ich geh nicht weiter. GEIST Hšr an! HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊIch wills. GEIST ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSchon naht sich meine Stunde, Wo ich den schweflichten, qualvollen Flammen Mich Ÿbergeben mu§. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊAch, armer Geist! GEIST Beklag mich nicht, doch leih dein ernst Gehšr Dem, was ich kund will tun. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSprich! Mir ists Pflicht Zu hšren. GEIST ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊAuch zu rŠchen, wenn du erst Wirst hšrn. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWas? GEIST ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊIch bin deines Vaters Geist; Verdammt auf eine Zeitlang, nachts zu wandern Und tags, gebannt, zu fasten in der Glut, Bis die Verbrechen meiner Zeitlichkeit HinweggelŠutert sind. WŠr mirs nicht untersagt, Das Innre meines Kerkers zu enthŸllen, So hšb' ich eine Kunde an, von der Das kleinste Wort die Seele dir zermalmte, Dein junges Blut erstarrte, deine Augen Wie Stern' aus ihren Kreisen schie§en machte, Dir die verworrnen krausen Locken trennte Und strŠubte jedes einzelne Haar empor Wie Nadeln an dem zorngen Stacheltier; Doch diese ewge Offenbarung fa§t Kein Ohr von Fleisch und Blut. - Horch, horch, o horch! Wenn du je deinen teuren Vater liebtest - HAMLET O Himmel! GEIST - rŠch seinen schnšden, unerhšrten Mord! HAMLET Mord? GEIST Ja, schnšder Mord, wie er aufs beste ist, Doch dieser unerhšrt und unnatŸrlich. HAMLET Eil, ihn zu melden, da§ ich auf Schwingen, rasch Wie Andacht und des Liebenden Gedanken, Zur Rache stŸrmen mag! GEIST ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDu scheinst mir willig; Auch wŠrst du trŠger als das feiste Kraut, Das ruhig Wurzel treibt an Lethes Bord, Erwachtest du nicht hier. Nun, Hamlet, hšre: Es hei§t, da§, als ich schlief in meinem Garten, Mich eine Schlange stach; so wird das Ohr des Reichs Durch den erlognen Hergang meines Todes SchmŠhlich getŠuscht! Doch wisse, edler JŸngling, Die Schlang, die deines Vaters Leben stach, TrŠgt seine Krone jetzt. HAMLET O mein prophetisches GemŸt! Mein Oheim? GEIST Ja, der blutschŠnderische Ehebrecher, Durch Witzes Zauber, durch VerrŠtergaben - O arger Witz und Gaben, die imstand So zu verfŸhren sind! - gewann den Willen Der scheinbar tugendsamen Kšnigin Zu schnšder Lust. O Hamlet, welch ein Abfall! Von mir, des Liebe von der Echtheit war, Da§ Hand in Hand sie mit dem Schwure ging, Den ich bei der VermŠhlung tat, erniedert Zu einem SŸnder, von Natur durchaus Armselig gegen mich! Allein wie Tugend nie sich reizen lŠ§t, Buhlt Unzucht auch um sie in Himmelsbildung; So Lust, gepaart mit einem lichten Engel, Wird dennoch eines Gštterbettes satt Und hascht nach Wegwurf. - Doch still, mich dŸnkt, ich wittre Morgenluft: Kurz la§ mich sein. - Da ich im Garten schlief, Wie immer meine Sitte nachmittags, Beschlich dein Oheim meine sichre Stunde Mit Saft verfluchten Bilsenkrauts im FlŠschchen, Und trŠufelt' in den Eingang meines Ohrs Das schwŠrende GetrŠnk, wovon die Wirkung So mit des Menschen Blut in Feindschaft steht, Da§ es durch die natŸrlichen KanŠle Des Kšrpers hurtig wie Quecksilber lŠuft, Und wie ein saures Lab, in Milch getropft, Mit plštzlicher Gewalt gerinnen macht Das leichte, reine Blut. So tat es meinem, Und Aussatz schuppte sich mir augenblicklich, Wie einem Lazarus, mit ekler Rinde Ganz um den glatten Leib. So ward ich schlafend und durch Bruderhand Um Leben, Krone, Weib mit eins gebracht, In meiner SŸnden BlŸte hingerafft, Ohn Abendmahl, ohn Beicht, ohn letzte …lung, Die Rechnung nicht geschlossen, ins Gericht Mit aller Schuld auf meinem Haupt gesandt. [HAMLET] O schaudervoll! O schaudervoll, hšchst schaudervoll! [GEIST] Hast du Natur in dir, so leid es nicht, La§ DŠnmarks kšnigliches Bett kein Lager FŸr Blutschand und verruchte Wollust sein! Doch wie du immer diese Tat betreibst, Befleck dein Herz nicht; dein GemŸt ersinne Nichts gegen deine Mutter; Ÿberla§ sie Dem Himmel und den Dornen, die im Busen Ihr stechend wohnen. Lebe wohl mit eins: Der GlŸhwurm zeigt, da§ sich die FrŸhe naht, Und sein unwirksam Feuer wird schon blasser. Ade! Ade! Ade! Gedenke mein! Ab. HAMLET O Heer des Himmels! Erde! - Was noch sonst? Nenn ich die Hšlle mit? O pfui! Halt, halt, mein Herz! Ihr meine Sehnen, altert nicht sogleich, Tragt fest mich aufrecht! Dein gedenken? Ja, Du armer Geist, solang GedŠchtnis haust In dem zerstšrten Ball hier. Dein gedenken? Ja, von der Tafel der Erinnrung will ich Weglšschen alle tšrichten Geschichten, Aus BŸchern alle SprŸche, alle Bilder, Die Spuren des Vergangnen, welche da Die Jugend einschrieb und Beobachtung; Und dein Gebot soll leben ganz allein Im Buche meines Hirnes, unvermischt Mit minder wŸrdgen Dingen. Ja, beim Himmel! O hšchst verderblich Weib! O Schurke, lŠchelnder, verdammter Schurke! Schreibtafel her, ich mu§ mirs niederschreiben, Da§ einer lŠcheln kann und immer lŠcheln Und doch ein Schurke sein; zum wenigsten Wei§ ich gewi§, in DŠnmark kanns so sein. Schreibt. Da steht Ihr, Oheim! - Jetzt zu meiner Losung! Sie hei§t: Ade, ade! Gedenke mein! - Ich habs geschworen. HORATIO hinter der Szene. Mein Prinz! Mein Prinz! MARCELLUS hinter der Szene. Prinz Hamlet! HORATIO hinter der Szene. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊGott beschŸtz ihn! HAMLET So sei es! MARCELLUS hinter der Szene. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊHeda, ho! Mein Prinz! HAMLET Ha, hei§a, Junge! Komm, Vogel, komm! Horatio und Marcellus kommen. MARCELLUS Wie stehts, mein gnŠdger Herr? HORATIO Was gibts, mein Prinz? HAMLET O wunderbar! HORATIO Sagt, bester, gnŠdger Herr! HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊNein, Ihr verratets. HORATIO Ich nicht, beim Himmel, Prinz. MARCELLUS ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊIch gleichfalls nicht. HAMLET Was sagt Ihr? Sollts 'ne Menschenseele denken? - Doch Ihr wollt schweigen? - HORATIO und MARCELLUS ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊJa, beim Himmel, Prinz! HAMLET Es lebt kein Schurk im ganzen DŠnemark, Der nicht ein ausgemachter Bube wŠr. HORATIO Es braucht kein Geist vom Grabe herzukommen, Uns das zu sagen. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊRichtig, Ihr habt recht! Und so, ohn alle weitre Fšrmlichkeit, Denk ich, wir schŸtteln uns die HŠnd und scheiden; Ihr tut, was Euch Beruf und Neigung hei§t - Denn jeder Mensch hat Neigung und Beruf, Wie sie denn sind -, ich fŸr mein armes Teil, Seht Ihr, will beten gehn. HORATIO Dies sind nur wirblichte und irre Worte, Herr. HAMLET Es tut mir leid, da§ sie Euch Šrgern, herzlich; Wahrhaftig herzlich. HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊKein €rgernis, mein Prinz! HAMLET Doch, bei Sankt Patrik, gibt es eins, Horatio; Gro§ €rgernis. Was die Erscheinung angeht, Ich sag Euch, 's ist ein ehrliches Gespenst. Die Neugier, was es zwischen uns doch gibt, Bemeistert, wie Ihr kšnnt. Und nun, Ihr Lieben, Wofern Ihr Freunde seid, MitschŸler, Krieger, GewŠhrt ein Kleines mir! HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWas ists? Wir sind bereit. HAMLET Macht nie bekannt, was Ihr die Nacht gesehn! HORATIO und MARCELLUS Wir wollens nicht, mein Prinz. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊGut, aber schwšrt! HORATIO Auf Ehre, Prinz, ich nicht! MARCELLUS ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊNoch ich, auf Ehre! HAMLET Schwšrt auf mein Schwert! MARCELLUS ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWir haben schon geschworen. HAMLET Im Ernste, auf mein Schwert, im Ernste. GEIST unter der Erde. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSchwšrt! HAMLET Haha, Bursch, sagst du das? Bist du da, Grundehrlich? Wohlan - Ihr hšrt im Keller den Gesellen - Bequemt Euch denn, zu schwšren! HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSagt den Eid! HAMLET Niemals von dem, was Ihr gesehn, zu sprechen, Schwšrt auf mein Schwert! GEIST unter der Erde. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSchwšrt! HAMLET Hic et ubique? Wechseln wir die Stelle! Hierher, Ihr Herren, kommt Und legt die HŠnde wieder auf mein Schwert; Schwšrt auf mein Schwert, Niemals von dem, was Ihr gehšrt, zu sprechen. GEIST unter der Erde. Schwšrt [auf sein Schwert]! HAMLET Brav, alter Maulwurf! WŸhlst so hurtig fort? O trefflicher Minierer! - Nochmals weiter, Freunde! HORATIO Beim Sonnenlicht, dies ist erstaunlich fremd. HAMLET So hei§ als einen Fremden es willkommen. Es gibt mehr Ding' im Himmel und auf Erden, Als Eure Schulweisheit sich trŠumt, Horatio. Doch kommt! Hier, wie vorhin, schwšrt mir, so Gott Euch helfe, Wie fremd und seltsam ich mich nehmen mag, Da mirs vielleicht in Zukunft dienlich scheint, Ein wunderliches Wesen anzulegen, Ihr wollet nie, wenn Ihr alsdann mich seht, Die Arme so verschlingend, noch die Kšpfe So schŸttelnd, noch durch zweifelhafte Reden, Als: Nun, nun, wir wissen - oder: Wir kšnnten, Wenn wir wollten - oder: Ja, wenn wir reden mšchten - Oder: Es gibt ihrer, wenn sie nur dŸrften - Und solch verstohlnes Deuten mehr, verraten, Da§ Ihr von mir was wisset: Dieses schwšrt, So Gott in Nšten und sein Heil Euch helfe! GEIST unter der Erde. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSchwšrt! HAMLET Ruh, ruh, verstšrter Geist! - Nun, liebe Herrn, Empfehl ich Euch mit aller Liebe mich, Und was ein armer Mann, wie Hamlet ist, Vermag, Euch Lieb und Freundschaft zu bezeugen, So Gott will, soll nicht fehlen. La§t uns gehn Und, bitt ich, stets den Finger auf den Mund! Die Zeit ist aus den Fugen; Fluch der Pein, Mu§ ich sie herzustelln geboren sein! - Nun kommt, la§t uns zusammen gehn. Alle ab. ------------------------------------------------------------------------ ZWEITER AKT ERSTE SZENE Ein Zimmer im Hause der Polonius Polonius und Reinhold treten auf. POLONIUS Gib ihm dies Geld und die Papiere, Reinhold! REINHOLD Ja, gnŠdger Herr. POLONIUS Ihr werdet mŠchtig klug tun, guter Reinhold, Euch zu erkundgen, eh Ihr ihn besucht, Wie sein Betragen ist. REINHOLD ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDas dacht ich auch zu tun. POLONIUS Ei, gut gesagt, recht gut gesagt! Seht Ihr, Erst fragt mir, was fŸr DŠnen in Paris sind, Und wie, wer, auf was Art und wo sie leben, Mit wem, was sie verzehren; wenn Ihr dann Durch diesen Umschweif Eurer Fragen merkt, Sie kennen meinen Sohn, so kommt Ihr nŠher, Als Ihrs mit grad gezielten Fragen trŠfet. Tut gleichsam wie von fern bekannt; zum Beispiel: ÈIch kenne seinen Vater, seine Freunde Und auch zum Teil ihn selbst.Ç - Versteht Ihr, Reinhold? REINHOLD Vollkommen, gnŠdger Herr. POLONIUS ÈZum Teil auch ihn; dochÇ, mšgt Ihr sagen, Èwenig, Und wenns der rechte ist, der ist gar wild, Treibt dies und dasÇ - dann gebt ihm nach Belieben Erlogne Dinge schuld; nur nichts so Arges, Das Schand ihm brŠchte, davor hŸtet Euch; Nein, solche wilden, ausgela§nen Streiche, Als hergebrachterma§en die GefŠhrten Der Jugend und der Freiheit sind. REINHOLD ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊAls Spielen. POLONIUS Ja, oder Trinken, Raufen, Fluchen, Zanken, Huren - so weit kšnnt Ihr gehn. REINHOLD Das wŸrd ihm Schande bringen, gnŠdger Herr. POLONIUS Gewi§ nicht, wenn Ihrs nur zu wenden wi§t. Ihr mŸ§t ihn nicht in andern Leumund bringen, Als Ÿbermannt' ihn Unenthaltsamkeit; So mein ichs nicht; bringt seine Fehler zierlich Ans Licht, da§ sie der Freiheit Flecken scheinen, Der Ausbruch eines feurigen GemŸts Und eine Wildheit ungezŠhmten Bluts, Die jeden anficht. REINHOLD ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊAber, bester Herr - POLONIUS Weswegen Ihr dies tun sollt? REINHOLD ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊJa, das wŸnscht ich Zu wissen, Herr. POLONIUS ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊEi nun, mein Plan ist der - Und, wie ich denke, ists ein Pfiff, der anschlŠgt: Werft Ihr auf meinen Sohn so kleine Makel, Als wŠr er in der Arbeit was beschmutzt. Merkt wohl! Wenn der Mitunterredner, den Ihr aushorcht, In vorbenannten Lastern jemals schuldig Den jungen Mann gesehn, so seid gewi§, Da§ selbger folgender Gestalt Euch beitritt: ÈLieber HerrÇ, oder so; oder ÈFreundÇ, oder Èmein WertesterÇ, Wie nun die Redensart und die Betitlung Bei Land und Leuten Ÿblich ist - REINHOLD ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSehr wohl! POLONIUS Und hierauf tut er dies: - Er tut - ja was wollte ich doch sagen? Beim Sakrament, ich habe was sagen wollen. Wo brach ich ab? REINHOLD Bei Èfolgender Gestalt Euch beitrittÇ, bei ÈFreund oder soÇ und Èmein WertesterÇ. POLONIUS Bei Èfolgender Gestalt Euch beitrittÇ. - Ja, Er tritt Euch bei: ÈIch kenn ihn wohl, den Herrn, Ich sah ihn gestern oder neulich mal, Oder wann es war; mit dem und dem; und, wie Ihr sagt, Da spielt' er hoch; da traf man ihn im Rausch; Da rauft' er sich beim BallspielÇ; oder auch: ÈIch sah ihn gehn in solch ein saubres HausÇ - Will sagen: ein Bordell -, und mehr dergleichen. Seht nun: Eur LŸgenkšder fŠngt den Wahrheitskarpfen; So wissen wir, gewitzigt, helles Volk, Mit KrŸmmungen und mit verstecktem Angriff Durch einen Umweg auf den Weg zu kommen, Und so kšnnt Ihr, wie ich Euch Anweisung Und Rat erteilet, meinen Sohn erforschen. Ihr habts gefa§t, nicht wahr? REINHOLD ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊJa, gnŠdger Herr. POLONIUS Nun, Gott mit Euch! Lebt wohl! REINHOLD ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊMein bester Herr - POLONIUS Erforscht mit eignen Augen seinen Wandel! REINHOLD Das will ich tun. POLONIUS Und da§ er die Musik mir flei§ig treibt! REINHOLD Gut, gnŠdger Herr. [Ab. Ophelia kommt.] POLONIUS Lebt wohl! - Reinhold geht ab. Ophelia kommt. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSieh da, Ophelia! Was gibts? OPHELIA O lieber Herr, ich bin so sehr erschreckt! POLONIUS Wodurch, in's Himmels Namen? OPHELIA Als ich in meinem Zimmer nŠht, auf einmal Prinz Hamlet - mit ganz aufgeri§nem Wams, Kein Hut auf seinem Kopf, die StrŸmpfe schmutzig Und losgebunden auf den Knšcheln hŠngend; Bleich wie sein Hemd und schlotternd mit den Knien; Mit einem Blick, von Jammer so erfŸllt, Als wŠr er aus der Hšlle losgelassen, Um Greuel kundzutun - so tritt er vor mich. POLONIUS VerrŸckt aus Liebe? OPHELIA ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊHerr, ich wei§ es nicht, Allein ich fŸrcht es wahrlich. POLONIUS ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊUnd was sagt' er? OPHELIA Er griff mich bei der Hand und hielt mich fest, Dann lehnt' er sich zurŸck, so lang sein Arm: Und mit der andern Hand so Ÿberm Auge Betrachtet' er so prŸfend mein Gesicht, Als wollt ers zeichnen. Lange stand er so; Zuletzt ein wenig schŸttelnd meine Hand Und dreimal hin und her den Kopf so wŠgend, Tat er solch einen bangen, tiefen Seufzer, Als sollt er seinen ganzen Bau zertrŸmmern Und endigen sein Dasein. Dies getan, LŠ§t er mich gehn, und Ÿber seine Schultern Den Kopf zurŸckgedreht, schien er den Weg Zu finden ohne seine Augen; denn Er ging zur TŸr hinaus ohn ihre HŸlfe Und wandte bis zuletzt ihr Licht auf mich. POLONIUS Geht mit mir, kommt, ich will den Kšnig suchen. Dies ist die wahre SchwŠrmerei der Liebe, Die, ungestŸm von Axt, sich selbst zerstšrt Und leitet zu verzweifelten EntschlŸssen, So oft als irgendeine Leidenschaft, Die unterm Mond uns quŠlt. Es tut mir leid - Sagt, gabt Ihr ihm wohl kŸrzlich harte Worte? OPHELIA Nein, bester Herr, nur wie Ihr mir befahlt, Wies ich die Briefe ab und weigert ihm Den Zutritt. POLONIUS ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDas hat ihn verrŸckt gemacht. Es tut mir leid, da§ ich mit besserm Urteil Ihn nicht beachtet hab. Ich sorgt, er tŠndle nur Und wolle dich verderben: doch verdammt mein Argwohn! Uns Alten ists so eigen, wie es scheint, Mit unsrer Meinung Ÿbers Ziel zu gehn, Als hŠufig bei dem jungen Volk der Mangel An Vorsicht ist. Gehn wir zum Kšnig, komm! Er mu§ dies wissen, denn es zu verstecken BrŠcht uns mehr Gram, als Ha§, die Lieb entdecken. [Komm!] Beide ab. ZWEITE SZENE Ein Zimmer im Schlosse Der Kšnig, die Kšnigin, Rosenkranz, GŸldenstern und Gefolge. K…NIG Willkommen, Rosenkranz und GŸldenstern! Wir wŸnschten nicht nur sehnlich, Euch zu sehn, Auch das BedŸrfnis Eurer Dienste trieb Uns zu der eilgen Sendung an. Ihr hšrtet Von der Verwandlung Hamlets schon; so nenn ichs, Weil nicht der Šu§re noch der innre Mensch Dem gleicht, was sonst er war. Was es nur ist, Mehr als des Vaters Tod, das ihn so weit Von dem VerstŠndnis seiner selbst gebracht, Kann ich nicht raten. Ich ersuch Euch beide, Da Ihr von Kindheit auf mit ihm erzogen Und seiner Laun und Jugend nahe bliebt, Ihr wollet hier an unserm Hof verweilen Auf einge Zeit, um ihn durch Euren Umgang In Lustbarkeit zu ziehn und zu erspŠhn, Soweit der Anla§ auf die Spur Euch bringt, Ob irgendwas, uns unbekannt, ihn drŸckt, Das, offenbart, zu heilen wir vermšchten. K…NIGIN Ihr lieben Herrn, er hat Euch oft genannt; Ich wei§ gewi§, es gibt nicht andre zwei, An denen er so hŠngt. Wenns Euch beliebt, Uns soviel guten Willen zu erweisen, Da§ Ihr bei uns hier eine Weile zubringt Zu unsrer Hoffnung Vorschub und Gewinn, So wollen wir Euch den Besuch belohnen, Wie es sich ziemt fŸr eines Kšnigs Dank. ROSENKRANZ Es stŠnde Euern MajestŠten zu, Nach herrschaftlichen Rechten Ÿber uns Mehr zu gebieten nach gestrengem Willen, Als zu ersuchen. G†LDENSTERN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWir gehorchen beide Und bieten uns hier an, nach besten KrŠften Zu Euren FŸ§en unsern Dienst zu legen, Um frei damit zu schalten. K…NIG Dank, Rosenkranz und lieber GŸldenstern! K…NIGIN Dank GŸldenstern und lieber Rosenkranz! Besucht doch unverzŸglich meinen Sohn, Der nur zu sehr verwandelt. Geh wer mit Und bring die Herren hin, wo Hamlet ist. G†LDENSTERN Der Himmel mach ihm unsre Gegenwart Und unser Tun gefŠllig und ersprie§lich! K…NIGIN So sei es, Amen! Rosenkranz, GŸldenstern und einige aus dem Gefolge ab. Polonius kommt. POLONIUS Mein Kšnig, die Gesandten sind von Norweg Froh wieder heimgekehrt. K…NIG Du warest stets der Vater guter Zeitung. POLONIUS Nicht wahr? Ja, seid versichert, bester Herr, Ich halte meine Pflicht wie meine Seele: So meinem Gott wie meinem gnŠdgen Kšnig! Und jetzo denk ich - oder dies Gehirn Jagt auf der Klugheit FŠhrte nicht so sicher, Als es wohl pflegte -, da§ ich ausgefunden, Was eigentlich an Hamlets Wahnwitz schuld. K…NIG O davon sprecht; das wŸnsch ich sehr zu hšren! POLONIUS Vernehmt erst die Gesandten; meine Zeitung Soll bei dem gro§en Schmaus der Nachtisch sein. K…NIG Tut ihnen selber Ehr und fŸhrt sie vor! Polonius ab. Er sagt mir, liebe Gertrud, da§ er jetzt Den Quell vom †bel Eures Sohns gefunden. K…NIGIN Ich fŸrcht, es ist nichts anders als das eine: Des Vaters Tod und unsre hastige Heirat. K…NIG Gut, wir erforschen ihn. Polonius kommt mit Voltimand und Cornelius zurŸck. Willkommen, liebe Freunde! Voltimand, Sagt, was Ihr bringt von unserm Bruder Norweg. VOLTIMAND Erwiderung der schšnsten GrŸ§ und WŸnsche. Auf unser erstes sandt er aus und hemmte Die Werbungen des Neffen, die er hielt FŸr ZurŸstungen gegen den Polacken; Doch, nŠher untersucht, fand er, sie gingen Auf Eure Hoheit wirklich. Drob gekrŠnkt, Da§ seine Krankheit, seines Alters SchwŠche So hintergangen sei, legt' er Verhaft Auf Fortinbras, worauf sich dieser stellt, Verweis' empfŠngt von Norweg und zuletzt Vor seinem Oheim schwšrt, nie mehr die Waffen Zu fŸhren gegen Eure MajestŠt. Der alte Norweg, hoch erfreut hierŸber, Gibt ihm dreitausend Kronen Jahrgehalt Und seine Vollmacht, gegen den Polacken Die so geworbnen Truppen zu gebrauchen; Nebst dem Gesuch, des weitern hier erklŠrt: Ÿbergibt ein Papier. Ihr wollt geruhn, fŸr dieses Unternehmen Durch Eur Gebiet den Durchzug zu gestatten, Mit solcherlei GewŠhr und EinrŠumung, Als abgefa§t hier steht. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊEs dŸnkt Uns gut; Wir wollen bei gelegner Zeit es lesen, Antworten und bedenken dies GeschŠft. Derweil habt Dank fŸr wohlgenommne MŸh; Geht auszuruhn, wir schmausen heut zusammen. Willkommen mir zu Haus! Voltimand und Cornelius ab. POLONIUS So wŠre dies GeschŠft nun wohl vollbracht. Mein FŸrst und gnŠdge Frau, hier zu eršrtern, Was MajestŠt ist, was Ergebenheit, Warum Tag Tag; Nacht Nacht; die Zeit die Zeit: Das hie§e, Nacht und Tag und Zeit verschwenden. Weil KŸrze denn des Witzes Seele ist, Weitschweifigkeit der Leib und Šu§re Zierat: Fa§ ich mich kurz. Eur edler Sohn ist toll, Toll nenn ichs: denn worin besteht die Tollheit, Als da§ man gar nichts anders ist als toll? Doch das mag sein. K…NIGIN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊMehr Inhalt, wenger Kunst! POLONIUS Auf Ehr, ich brauche nicht die mindste Kunst. Toll ist er, das ist wahr; wahr ists, 's ist schade; Und schade, da§ es wahr ist. Doch dies ist 'ne tšrichte Figur: sie fahre wohl, Denn ich will ohne Kunst zu Werke gehn. Toll nehmen wir ihn also; nun ist Ÿbrig, Da§ wir den Grund erspŠhn von dem Effekt, Nein, richtiger den Grund von dem Defekt; Denn dieser Defektiv-Effekt hat Grund. So stehts nun, und der Sache Stand ist dies. ErwŠgt: Ich hab 'ne Tochter; hab sie, weil sie mein; Die mir aus schuldigem Gehorsam, seht, Dies hier gegeben. Schlie§t und ratet nun! Liest. ÈAn die Himmlische und den Abgott meiner Seele, die liebreizende OpheliaÇ - Das ist eine schlechte Redensart, eine gemeine Redensart; liebreizend ist eine gemeine Redensart. Aber hšrt nur weiter: Liest. ÈAn ihren trefflichen zarten Busen diese ZeilenÇ und so weiter. K…NIGIN Hat Hamlet dies an sie geschickt? POLONIUS Geduld nur, gnŠdge Frau, ich meld Euch alles. Liest. ÈZweifle an der Sonne Klarheit, Zweifle an der Sterne Licht, Zweifl, ob lŸgen kann die Wahrheit, Nur an meiner Liebe nicht! O liebe Ophelia, es gelingt mir schlecht mit dem Silbenma§e; ich besitze die Kunst nicht, meine Seufzer zu messen, aber da§ ich Dich bestens liebe, o Allerbeste, das glaube mir. Leb wohl! Der Deinige auf ewig, teuerstes FrŠulein, solange diese Maschine ihm zugehšrt. Hamlet.Ç Dies hat mir meine Tochter schuldgerma§en Gezeigt und Ÿberdies sein dringend Werben, Wie sichs nach Zeit und Weis' und Ort begab, Mir vor das Ohr gebracht. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊAllein wie nahm Sie seine Liebe auf? POLONIUS ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWas denket Ihr von mir? K…NIG Da§ Ihr ein Mann von Treu und Ehre seid. POLONIUS Gern mšcht ichs zeigen. Doch was dŠchtet Ihr, HŠtt ich gesehn, wie diese hei§e Liebe Sich anspann - und ich merkt es, mŸ§t Ihr wissen, Eh meine Tochter mirs gesagt -, was dŠchtet Ihr, oder meine teure MajestŠt, Eur kšniglich Gemahl, hŠtt ich dabei Brieftasche oder Schreibepult gespielt, HŠtt ich mein Herz geŠngstigt still und stumm Und mŸ§ig dieser Liebe zugeschaut? Was dŠchtet Ihr? Nein, ich ging rund heraus Und redete zu meinem jungen FrŠulein: Prinz Hamlet ist ein FŸrst, zu hoch fŸr dich; Dies darf nicht sein; - und dann schrieb ich ihr vor, Da§ sie vor seinem Umgang sich verschlšsse, Nicht Boten zulie§', PfŠnder nicht empfinge. Drauf machte sie sich meinen Rat zunutz, Und er, versto§en, um es kurz zu machen, Fiel in 'ne Traurigkeit; dann in ein Fasten; Drauf in ein Wachen; dann in eine SchwŠche; Dann in Zerstreuung; und durch solche Stufen In die VerrŸcktheit, die ihn jetzt verwirrt Und sŠmtlich uns betrŸbt. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDenkt Ihr, dies sei's? K…NIGIN Es kann wohl sein, sehr mšglich. POLONIUS Habt Ihrs schon je erlebt, das mšcht ich wissen, Da§ ich mit Zuversicht gesagt: So ists, Wenn es sich anders fand? K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊNicht, da§ ich wei§. POLONIUS indem er auf seinen Kopf und Schulter zeigt. Trennt dies von dem, wenns anders sich verhŠlt. Wenn eine Spur mich leitet, will ich finden, Wo Wahrheit steckt, und steckte sie auch grade Im Erdenzentrum. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWie lŠ§t sichs nŠher prŸfen? POLONIUS Ihr wi§t, er geht wohl Stunden auf und ab Hier in der Galerie. K…NIGIN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDas tut er wirklich. POLONIUS Da will ich meine Tochter zu ihm lassen. Steht Ihr mit mir dann hinter einem Teppich, Merkt auf den Hergang: wenn er sie nicht liebt Und dadurch nicht um die Vernunft gekommen, So la§t mich nicht mehr Staatsbeamten sein, La§t mich den Acker baun und Pferde halten! K…NIG Wir wollen sehn. [Hamlet kommt lesend.] K…NIGIN Seht, wie der Arme traurig kommt und liest. POLONIUS Fort, ich ersuch Euch, beide fort von hier! Ich mache gleich mich an ihn. O erlaubt! Kšnig, Kšnigin und Gefolge ab. Hamlet kommt lesend. Wie geht es meinem besten Prinzen Hamlet? HAMLET Gut, dem Himmel sei Dank! POLONIUS Kennt Ihr mich, gnŠdger Herr? HAMLET Vollkommen. Ihr seid ein FischhŠndler. POLONIUS Das nicht, mein Prinz. HAMLET So wollt ich, da§ Ihr ein so ehrlicher Mann wŠrt. POLONIUS Ehrlich, mein Prinz? HAMLET Ja, Herr, ehrlich sein hei§t, wie es in dieser Welt hergeht: Ein AuserwŠhlter unter Zehntausenden sein. POLONIUS Sehr wahr, mein Prinz. HAMLET Denn wenn die Sonne Maden in einem toten Hunde ausbrŸtet, eine Gottheit, die Aas kŸ§t ... Habt Ihr eine Tochter? POLONIUS Ja, mein Prinz. HAMLET La§t sie nicht in der Sonne gehn! EmpfŠnglichkeit ist ein Segen; aber da Eure Tochter empfangen kšnnte - seht Euch vor, Freund! POLONIUS Wie meint Ihr das? Beiseit. Immer auf meine Tochter angespielt. Und doch kannte er mich zuerst nicht; er sagte, ich wŠre ein FischhŠndler. Es ist weit mit ihm gekommen, sehr weit! Und wahrlich, in meiner Jugend brachte mich die Liebe auch in gro§e Drangsale, fast so schlimm wie ihn. Ich will ihn wieder anreden. - Was leset Ihr, mein Prinz? HAMLET Worte, Worte, Worte. POLONIUS Aber wovon handelt es? HAMLET Wer handelt? POLONIUS Ich meine, was in dem Buche steht, mein Prinz. HAMLET SchŠndlichkeiten, Herr, denn der satirische Schuft da sagt, da§ alte MŠnner graue BŠrte haben, da§ ihre Gesichter runzlicht sind, da§ ihnen zŠher Ambra und Harz aus den Augen trieft, da§ sie einen ŸberflŸssigen Mangel an Witz und daneben sehr kraftlose Lenden haben. Ob ich nun gleich von allem diesem inniglich und festiglich Ÿberzeugt bin, so halte ich es doch nicht fŸr billig, es so zu Papier zu bringen; denn Ihr selbst, Herr, wŸrdet so alt werden wie ich, wenn Ihr wie ein Krebs rŸckwŠrts gehen kšnntet. POLONIUS beiseit. Ist dies schon Tollheit, hat es doch Methode. Wollt Ihr nicht aus der Luft gehn, Prinz? HAMLET In mein Grab? POLONIUS Ja, das wŠre wirklich aus der Luft. Beiseit. Wie treffend manchmal seine Antworten sind! Dies ist ein GlŸck, das die Tollheit oft hat, womit es der Vernunft und dem gesunden Sinne nicht so gut gelingen kšnnte. Ich will ihn verlassen und sogleich darauf denken, eine Zusammenkunft zwischen ihm und meiner Tochter zu veranstalten. - Mein gnŠdigster Herr, ich will ehrerbietigst meinen Abschied von Euch nehmen. HAMLET Ihr kšnnt nichts von mir nehmen, Herr, das ich lieber fahren lie§e - bis auf mein Leben, bis auf mein Leben. POLONIUS Lebt wohl, mein Prinz! HAMLET Die langweiligen alten Narren! Rosenkranz und GŸldenstern treten auf. POLONIUS Ihr sucht den Prinzen Hamlet auf; dort ist er. ROSENKRANZ zu Polonius. Gott grŸ§ Euch, Herr. Polonius ab. G†LDENSTERN Verehrter Prinz - ROSENKRANZ Mein teurer Prinz - HAMLET Meine trefflichen guten Freunde! Was machst du, GŸldenstern? Ah, Rosenkranz! Gute Burschen, wie gehts euch? ROSENKRANZ Wie mittelmŠ§igen Sšhnen dieser Erde. G†LDENSTERN GlŸcklich, weil wir nicht ŸberglŸcklich sind. Wir sind der Knopf nicht auf Fortunas MŸtze. HAMLET Noch die Sohlen ihrer Schuhe? ROSENKRANZ Auch das nicht, gnŠdger Herr. HAMLET Ihr wohnt also in der Gegend ihres GŸrtels, oder im Mittelpunkte ihrer Gunst? G†LDENSTERN Ja wirklich, wir sind mit ihr vertraut. HAMLET Im Scho§e des GlŸcks? O sehr wahr, sie ist eine Metze. Was gibt es Neues? ROSENKRANZ Nichts, mein Prinz, au§er da§ die Welt ehrlich geworden ist. HAMLET So steht der JŸngste Tag bevor; aber eure Neuigkeit ist nicht wahr. La§t mich euch nŠher befragen: Worin habt ihr, meine guten Freunde, es bei Fortunen versehen, da§ sie euch hieher ins GefŠngnis schickt? G†LDENSTERN Ins GefŠngnis, mein Prinz? HAMLET DŠnemark ist ein GefŠngnis. ROSENKRANZ So ist die Welt auch eins. HAMLET Ein stattliches, worin es viele VerschlŠge, Lšcher und Kerker gibt. DŠnemark ist einer der schlimmsten. ROSENKRANZ Wir denken nicht so davon, mein Prinz. HAMLET Nun, so ist es keiner fŸr euch, denn an sich ist nichts weder gut noch schlimm; das Denken macht es erst dazu. FŸr mich ist es ein GefŠngnis. ROSENKRANZ Nun, so macht es Euer Ehrgeiz dazu; es ist zu eng fŸr Euren Geist. HAMLET O Gott, ich kšnnte in eine Nu§schale eingesperrt sein und mich fŸr einen Kšnig von unerme§lichem Gebiete halten, wenn nur meine bšsen TrŠume nicht wŠren. G†LDENSTERN Diese TrŠume sind in der Tat Ehrgeiz; denn das eigentliche Wesen des Ehrgeizes ist nur der Schatten eines Traumes. HAMLET Ein Traum ist selbst nur ein Schatten. ROSENKRANZ Freilich, und mir scheint der Ehrgeiz von so lustiger und loser Beschaffenheit, da§ er nur der Schatten eines Schattens ist. HAMLET So sind also unsre Bettler Kšrper, und unsre Monarchen und gespreizten Helden der Bettler Schatten. Sollen wir an den Hof? Denn, mein Seel, ich wei§ nicht zu rŠsonieren. BEIDE Wir sind beide zu Euren Diensten. HAMLET Nichts dergleichen, ich will euch nicht zu meinen Ÿbrigen Dienern rechnen, denn, um wie ein ehrlicher Mann mit euch zu reden: mein Gefolge ist abscheulich. Aber um auf der ebnen Heerstra§e der Freundschaft zu bleiben: was macht ihr in Helsingšr? ROSENKRANZ Wir wollten Euch besuchen, nichts andres. HAMLET Ich Bettler, der ich bin, sogar an Dank bin ich arm. Aber ich danke euch, und gewi§, liebe Freunde, mein Dank ist um einen Heller zu teuer. Hat man nicht nach euch geschickt? Ist es eure eigne Neigung? Ein freiwilliger Besuch? Kommt, kommt, geht ehrlich mit mir um! Wohlan! Nun, sagt doch! G†LDENSTERN Was sollen wir sagen, gnŠdiger Herr? HAMLET Was ihr wollt - au§er das Rechte. Man hat nach euch geschickt, und es liegt eine Art von GestŠndnis in euren Blicken, welche zu verstellen eure Bescheidenheit nicht schlau genug ist. Ich wei§, der gute Kšnig und die Kšnigin haben nach euch geschickt. ROSENKRANZ Zu was Ende, mein Prinz? HAMLET Das mu§ ich von euch erfahren. Aber ich beschwšre euch bei den Rechten unsrer Schulfreundschaft, bei der Eintracht unsrer Jugend, bei der Verbindlichkeit unsrer stets bewahrten Liebe und bei allem noch Teurerem, was euch ein besserer Redner ans Herz legen kšnnte: geht grade heraus gegen mich, ob man nach euch geschickt hat oder nicht? ROSENKRANZ zu GŸldenstern. Was sagt Ihr? HAMLET beiseit. So, nun habe ich euch schon weg. Wenn ihr mich liebt, tretet nicht zurŸck. G†LDENSTERN GnŠdiger Herr, man hat nach uns geschickt. HAMLET Ich will euch sagen, warum; so wird mein Erraten eurer Entdeckung zuvorkommen, und eure Verschwiegenheit gegen den Kšnig und die Kšnigin braucht keinen Zoll breit zu wanken. Ich habe seit kurzem - ich wei§ nicht, wodurch - alle meine Munterkeit eingebŸ§t, meine gewohnten †bungen aufgegeben, und es steht in der Tat so Ÿbel um meine GemŸtslage, da§ die Erde, dieser treffliche Bau, mir nur ein kahles Vorgebirge scheint; seht ihr, dieser herrliche Baldachin, die Luft, dies wackre umwšlbende Firmament, dies majestŠtische Dach mit goldnem Feuer ausgelegt: kommt es mir doch nicht anders vor als ein fauler, verpesteter Haufe von DŸnsten. Welch ein Meisterwerk ist der Mensch! Wie edel durch Vernunft! Wie unbegrenzt an FŠhigkeiten! In Gestalt und Bewegung wie bedeutend und wunderwŸrdig! Im Handeln wie Šhnlich einem Engel! Im Begreifen wie Šhnlich einem Gott! Die Zierde der Welt! Das Vorbild der Lebendigen! Und doch, was ist mir diese Quintessenz von Staube? Ich habe keine Lust am Manne - und am Weibe auch nicht - wiewohl ihr das durch euer LŠcheln zu sagen scheint. ROSENKRANZ Mein Prinz, ich hatte nichts dergleichen im Sinne. HAMLET Weswegen lachtet ihr denn, als ich sagte: ich habe keine Lust am Manne? ROSENKRANZ Ich dachte, wenn dem so ist, welche Fastenbewirtung die Schauspieler bei Euch finden werden. Wir holten sie unterwegs ein; sie kommen her, um Euch ihre Dienste anzubieten. HAMLET Der den Kšnig spielt, soll willkommen sein, seine MajestŠt soll Tribut von mir empfangen; der fahrende Ritter soll seine Klinge und seine Tartsche brauchen; der Liebhaber soll nicht unentgeltlich seufzen; der Launige soll seine Rolle in Frieden endigen; der Narr soll den lachen machen, der ein kitzliges Zwerchfell hat; und das FrŠulein soll ihre Gesinnung frei heraussagen, oder die Verse sollen dafŸr hinken. Was fŸr eine Gesellschaft ist es? ROSENKRANZ Dieselbe, an der Ihr so viel VergnŸgen zu finden pflegtet: die Schauspieler aus der Stadt. HAMLET Wie kommt es, da§ sie umherstreifen? Ein fester Aufenthalt war vorteilhafter, sowohl fŸr ihren Ruf als ihre Einnahme. ROSENKRANZ Ich glaube, diese Unterbrechung rŸhrt von der kŸrzlich aufgekommenen Neuerung her. HAMLET Genie§en sie noch dieselbe Achtung wie damals, da ich in der Stadt war? Besucht man sie ebensosehr? ROSENKRANZ Nein, freilich nicht. HAMLET Wie kommt das? Werden sie rostig? ROSENKRANZ Nein, ihre BemŸhungen halten den gewohnten Schritt; aber es hat sich da eine Brut von Kindern angefunden, kleine Nestlinge, die immer Ÿber das GesprŠch hinausschreien und hšchst grausamlich dafŸr beklatscht werden. Diese sind jetzt Mode und beschnattern die gemeinen Theater - so nennen sie's - dergestalt, da§ viele, die Degen tragen, sich vor GŠnsekielen fŸrchten und kaum wagen hinzugehn. HAMLET Wie, sind es Kinder? Wer unterhŠlt sie? Wie werden sie besoldet? Wollen sie nicht lŠnger bei der Kunst bleiben, als sie den Diskant singen kšnnen? Weiden sie nicht nachher sagen, wenn sie zu gemeinen Schauspielern heranwachsen - wie sehr zu vermuten ist, wenn sie sich auf nichts Bessers stŸtzen -, da§ ihre Komšdienschreiber unrecht tun, sie gegen ihre eigne Zukunft deklamieren zu lassen? ROSENKRANZ Wahrhaftig, es hat an beiden Seiten viel zu tun gegeben, und das Volk macht sich kein Gewissen daraus, sie zum Streit aufzuhetzen. Eine Zeitlang war kein Geld mit einem StŸck zu gewinnen, wenn Dichter und Schauspieler sich nicht darin mit ihren Gegnern herumzausten. HAMLET Ist es mšglich? G†LDENSTERN Oh, sie haben sich gewaltig die Kšpfe zerbrochen. HAMLET Tragen die Kinder den Sieg davon? ROSENKRANZ Allerdings, gnŠdiger Herr, den Herkules und seine Last obendrein. HAMLET Es ist nicht sehr zu verwundern, denn mein Oheim ist Kšnig von DŠnemark, und eben die, welche ihm Gesichter zogen, solange mein Vater lebte, geben zwanzig, vierzig, fŸnfzig bis hundert Dukaten fŸr sein PortrŠt in Miniatur. Wetter, es liegt hierin etwas †bernatŸrliches, wenn die Philosophie es nur ausfindig machen kšnnte. Trompetensto§ hinter der Szene. G†LDENSTERN Da sind die Schauspieler. HAMLET Liebe Herren, Ihr seid willkommen zu Helsingšr. Gebt mir Eure HŠnde! Wohlan! Manieren und Komplimente sind das Zubehšr der Bewillkommnung. La§t mich Euch auf diese Weise begrŸ§en, damit nicht mein Benehmen gegen die Schauspieler - das, sag ich Euch, sich Šu§erlich gut ausnehmen mu§ - einem Empfang Šhnlicher sehe als der Eurige. Ihr seid willkommen! Aber mein Oheim-Vater und meine Tante-Mutter irren sich. G†LDENSTERN Worin, mein teurer Prinz? HAMLET Ich bin nur toll bei Nordnordwest; wenn der Wind sŸdlich ist, kann ich einen Falken von einem Reiher unterscheiden. Polonius kommt. POLONIUS Es gehe Euch wohl, meine Herren! HAMLET Hšrt, GŸldenstern - und Ihr auch -, an jedem Ohr ein Hšrer: Der gro§e SŠugling, den Ihr da seht, ist noch nicht aus den Kinderwindeln. ROSENKRANZ Vielleicht ist er zum zweitenmal hineingekommen, denn man sagt, alte Leute werden wieder Kinder. HAMLET Ich prophezeie, da§ er kommt, um mir von den Schauspielern zu sagen. Gebt acht! - Ganz richtig, Herr, am Montagmorgen, da war es eben. POLONIUS GnŠdiger Herr, ich habe Euch Neuigkeiten zu melden. HAMLET GnŠdiger Herr, ich habe Euch Neuigkeiten zu melden. Als Roscius ein Schauspieler zu Rom war - POLONIUS Die Schauspieler sind hergekommen, gnŠdiger Herr. HAMLET Lirum, larum. POLONIUS Auf meine Ehre - HAMLET ÈAuf seinem Eselein jeder kamÇ - POLONIUS Die besten Schauspieler in der Welt, sei es fŸr Tragšdie, Komšdie, Historie, Pastorale, Pastoral-Komšdie, Historiko-Pastorale, Tragiko-Historie, Tragiko-Komiko-Historiko-Pastorale, fŸr Einheit des Ortes oder nicht beschrŠnktes Gedicht. Seneca kann fŸr sie nicht zu traurig, noch Plautus zu lustig sein. FŸr das Aufgeschriebene und fŸr den Stegreif haben sie ihresgleichen nicht. HAMLET ÈO Jephtha, Richter IsraelsÇ - Welchen Schatz hattest du? POLONIUS Welchen Schatz hatte er, gnŠdiger Herr? HAMLET Nun: HŠtt ein schšn Tšchterlein, nicht mehr, Die liebt' er aus der Ma§en sehr.Ç POLONIUS beiseit. Immer meine Tochter. HAMLET Habe ich nicht recht, alter Jephtha? POLONIUS Wenn Ihr mich Jephtha nennt, gnŠdiger Herr, so habe ich eine Tochter, die ich aus der Ma§en sehr liebe. HAMLET Nein, das folgt nicht. POLONIUS Was folgt denn, gnŠdiger Herr? HAMLET Ei, ÈWie das Los fiel, Nach Gottes Will.Ç Und dann wi§t Ihr Darauf traf ein, Was sollte sein.Ç Der erste Vers von dem Kirchenlied wird Euch mehr verraten; denn seht, da kommen die AbkŸtzer meines GesprŠchs. Vier oder fŸnf Schauspieler kommen. Seid willkommen, ihr Herren, willkommen alle! - Ich freue mich, dich wohl zu sehn. - Willkommen, meine guten Freunde! - Ach, alter Freund, wie ist dein Gesicht betroddelt, seit ich dich zuletzt sah! Du wirst doch hoffentlich nicht in den Bart murmeln? - Ei, meine schšne junge Dame! Bei Unsrer Frauen, FrŠulein, Ihr seid dem Himmel um die Hšhe eines Absatzes nŠher gerŸckt, seit ich Euch zuletzt sah. Gebe Gott, da§ Eure Stimme nicht wie ein abgenutztes GoldstŸck den hellen Klang verloren haben mag. - Willkommen alle, ihr Herrn! Wir wollen frisch daran, wie franzšsische Falkoniere, auf alles losfliegen, was uns vorkommt. Gleich etwas vorgestellt! La§t uns eine Probe eurer Kunst sehen. Wohlan, eine pathetische Rede! ERSTER SCHAUSPIELER Welche Rede, mein wertester Prinz? HAMLET Ich hšrte dich einmal eine Rede vortragen - aber sie ist niemals aufgefŸhrt oder, wenn es geschah, nicht mehr als einmal; denn ich erinnre mich, das StŸck gefiel dem gro§en Haufen nicht, es war Kaviar fŸr das Volk. Aber es war, wie ich es nahm, und andere, deren Urteil in solchen Dingen den Rang Ÿber dem meinigen behauptete, ein vortreffliches StŸck, in seinen Szenen wohlgeordnet und mit ebensoviel MŠ§igung als Verstand abgefa§t. Ich erinnre mich, da§ jemand sagte, es sei kein Salz und Pfeffer in den Zeilen, um den Sinn zu wŸrzen, und kein Sinn in dem Ausdrucke, der an dem Verfasser Ziererei verraten kšnnte, sondern er nannte es eine schlichte Manier, so gesund als angenehm, und ungleich mehr schšn als geschmŸckt. Eine Rede darin liebte ich vorzŸglich: es war des €neas ErzŠhlung an Dido; besonders da herum, wo er von der Ermordung Priams spricht. Wenn Ihr sie im GedŠchtnisse habt, so fangt bei dieser Zeile an. - La§t sehn, la§t sehn - ÊÊÊÊDer rauhe Pyrrhus, gleich Hyrkaniens Leun - nein, ich irre mich; aber es fŠngt mit Pyrrhus an. ÊÊÊÊDer rauhe Pyrrhus, er, des dŸstre Waffen, ÊÊÊÊSchwarz wie sein Vorsatz, glichen jener Nacht, ÊÊÊÊWo er sich barg im unglŸckschwangern Ro§, ÊÊÊÊHat jetzt die furchtbare Gestalt beschmiert ÊÊÊÊMit grauserer Heraldik; rote Farbe ÊÊÊÊIst er von Haupt zu Fu§; scheu§lich geschmŸckt ÊÊÊÊMit Blut der VŠter, MŸtter, Tšchter, Sšhne, ÊÊÊÊGedšrrt und klebend durch der Stra§en Glut, ÊÊÊÊDie grausames, verfluchtes Licht verleihn ÊÊÊÊZu ihres Herrn Mord. Hei§ von Zorn und Feuer, ÊÊÊÊBestrichen mit verdicktem Blut, mit Augen, ÊÊÊÊKarfunkeln gleichend, sucht der hšllische Pyrrhus ÊÊÊÊAltvater Priamus - Fahrt nun so fort. POLONIUS Bei Gott, mein Prinz, wohl vorgetragen mit gutem Ton und gutem Anstande. ERSTER SCHAUSPIELER ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊEr findt alsbald ihn, Wie er den Feind verfehlt; sein altes Schwert Gehorcht nicht seinem Arm, liegt, wo es fŠllt, Unachtsam des Befehls. Ungleich gepaart StŸrzt Pyrrhus auf den Priam, holt weit aus - Doch blo§ vom Sausen seines grimmen Schwertes FŠllt der entnervte Vater. Ilium Schien leblos, dennoch diesen Streich zu fŸhlen; Es bŸckt sein Flammengipfel sich hinab Bis auf den Grund und nimmt mit furchtbarm Krachen Gefangen Pyrrhus' Ohr; denn seht, sein Schwert, Das schon sich senkt auf des ehrwŸrdgen Priam Milchwei§es Haupt, schien in der Luft gehemmt. So stand er, ein gemalter WŸtrich, da Und, wie parteilos zwischen Kraft und Willen, Tat nichts. Doch wie wir oftmals sehn vor einem Sturm Ein Schweigen in den Himmeln, still die Wolken, Die Winde sprachlos und der Erdball drunten Dumpf wie der Tod - mit eins zerrei§t die Luft Der grause Donner: so, nach Pyrrhus' SŠumnis, Treibt ihn erweckte Rach aufs neu zum Werk, Und niemals trafen der Zyklopen Hammer Die RŸstung Mars', gestŠhlt fŸr ewge Dauer, FŸhlloser als des Pyrrhus blutges Schwert Jetzt fŠllt auf Priamus. - Pfui, Metze du, Fortuna! All ihr Gštter Im gro§en Rat, nehmt ihre Macht hinweg; Brecht alle Speichen, Felgen ihres Rades, Die runde Nabe rollt vom Himmelsberg Hinunter bis zur Hšlle! POLONIUS Das ist zu lang. HAMLET Es soll mit Eurem Barte zum Balbier. - Ich bitte dich, weiter! Er mag gern eine Posse oder eine Zotengeschichte, sonst schlŠft er. Sprich weiter, komm auf Hekuba. ERSTER SCHAUSPIELER ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDoch wer, o Jammer! Die schlotterichte Kšnigin gesehn - HAMLET Die schlotterichte Kšnigin? POLONIUS Das ist gut; schlotterichte Kšnigin ist gut. ERSTER SCHAUSPIELER Wie barfu§ sie umherlief und den Flammen Mit TrŠnengŸssen drohte, einen Lappen Auf diesem Haupte, wo das Diadem Vor kurzem stand, und an Gewandes Statt Um die von Wehn erschšpften magern Weichen Ein Laken, in des Schreckens Hast ergriffen - Wer das gesehn, mit giftgem Schelten hŠtte Der an Fortunen Hochverrat verŸbt. Doch wenn die Gštter selbst sie da gesehn, Als sie den Pyrrhus argen Hohn sah treiben, Zerfetzend mit dem Schwert des Gatten Leib, Der erste Ausbruch ihres Schreies hŠtte, Ist ihnen Sterbliches nicht gŠnzlich fremd, Des Himmels glŸhnde Augen taun gemacht, Und Gštter Mitleid fŸhlen. POLONIUS Seht doch, hat er nicht die Farbe verŠndert und TrŠnen in den Augen? Bitte, halt inne! HAMLET Es ist gut, du sollst mir das Ÿbrige nŠchstens hersagen. - Lieber Herr, wollt Ihr fŸr die Bewirtung der Schauspieler sorgen? Hšrt Ihr, la§t sie gut behandeln, denn sie sind der Spiegel und die abgekŸrzte Chronik des Zeitalters. Es wŠre Euch besser, nach dem Tode eine schlechte Grabschrift zu haben als Ÿble Nachrede von ihnen, solange Ihr lebt. POLONIUS GnŠdiger Herr, ich will sie nach ihrem Verdienst behandeln. HAMLET Potz Wetter, Mann, viel besser! Behandelt jeden Menschen nach seinem Verdienst, und wer ist vor SchlŠgen sicher? Behandelt sie nach Eurer eignen Ehre und WŸrdigkeit; je weniger sie verdienen, desto mehr Verdienst hat Eure GŸte. Nehmt sie mit! POLONIUS Kommt, Ihr Herren! HAMLET Folgt ihm, meine Freunde; morgen soll ein StŸck aufgefŸhrt werden. - Polonius geht mit allen Schauspielern au§er dem ersten ab. Hšrt, alter Freund, kšnnt Ihr die Ermordung Gonzagos spielen? ERSTER SCHAUSPIELER Ja, gnŠdiger Herr. HAMLET Gebt uns das morgen abend. Ihr kšnntet im Notfalle eine Rede von ein Dutzend Zeilen auswendig lernen, die ich abfassen und einrŸcken mšchte? Nicht wahr? ERSTER SCHAUSPIELER Ja, gnŠdiger Herr. HAMLET Sehr wohl! - Folgt dem Herrn, und da§ Ihr Euch nicht Ÿber ihn lustig macht. [Polonius und die Schauspieler ab.] Erster Schaupieler ab. Meine guten Freunde, zu Rosenkranz und GŸldenstern. ich beurlaube mich von euch bis abends. Ihr seid willkommen zu Helsingšr! ROSENKRANZ [und G†LDENSTERN] Sehr wohl, gnŠdiger Herr! Rosenkranz und GŸldenstern ab. HAMLET Nun, Gott geleit euch! - Jetzt bin ich allein. O welch ein Schurk und niedrer Sklav bin ich! Ists nicht erstaunlich, da§ der Spieler hier Bei einer blo§en Dichtung, einem Traum Der Leidenschaft, vermochte seine Seele Nach eignen Vorstellungen so zu zwingen, Da§ sein Gesicht von ihrer Regung bla§te, Sein Auge na§, BestŸrzung in den Mienen, Gebrochne Stimm und seine ganze Haltung Nach seinem Sinn. Und alles das um nichts! Um Hekuba! Was ist ihm Hekuba, was ist er ihr, Da§ er um sie soll weinen? HŠtte er Das Merkwort und den Ruf zur Leidenschaft Wie ich: was wŸrd er tun? Die BŸhn in TrŠnen ErtrŠnken und das allgemeine Ohr Mit grauser Red erschŸttern, bis zum Wahnwitz Den Schuldgen treiben und den Freien schrecken, Unwissende verwirren, ja betŠuben Die Fassungskraft des Auges und des Ohrs. Und ich, Ein blšder, schwachgemuter Schurke, schleiche Wie Hans der TrŠumer, meiner Sache fremd, Und kann nichts sagen, nicht fŸr einen Kšnig, An dessen Eigentum und teurem Leben Verdammter Raub geschah. Bin ich 'ne Memme? Wer nennt mich Schelm, bricht mir den Kopf entzwei, Rauft mir den Bart und wirft ihn mir ins Antlitz? Zwickt an der Nase mich und straft mich LŸgen Tief in den Hals hinein? Wer tut mir dies? Ha, nŠhm ichs eben doch. Es ist nicht anders: Ich hege Taubenmut, mir fehlts an Galle, Die bitter macht den Druck, sonst hŠtt ich lŠngst Des Himmels Geier gemŠstet mit dem Aas Des Sklaven. Blutiger, kupplerischer Bube! FŸhlloser, falscher, geiler, schnšder Bube! O Rache! Ha, welch ein Esel bin ich! Trefflich, brav, Da§ ich, der Sohn von einem teuren Vater, Der mir ermordet wand, von Hšll und Himmel Zur Rache angespornt, mit Worten nur, Wie eine Hure, mu§ mein Herz entladen Und mich aufs Fluchen legen wie ein Weibsbild, Wie eine KŸchenmagd! Pfui drŸber! Frisch ans Werk, mein Kopf! Hum, hum, Ich hab gehšrt, da§ schuldige Geschšpfe, Bei einem Schauspiel sitzend, durch die Kunst Der BŸhne so getroffen worden sind Im innersten GemŸt, da§ sie sogleich Zu ihren Missetaten sich bekannt, Denn Mord, hat er schon keine Zunge, spricht Mit wundervollen Stimmen. Sie sollen was Wie die Ermordung meines Vaters spielen Vor meinem Oheim: ich will seine Blicke Beachten, will ihn bis ins Leben prŸfen; Stutzt er, so wei§ ich meinen Weg. Der Geist, Den ich gesehen, kann ein Teufel sein; Der Teufel hat Gewalt, sich zu verkleiden In lockende Gestalt, ja, und vielleicht, Bei meiner Schwachheit und Melancholie, Da er sehr mŠchtig ist bei solchen Geistern, TŠuscht er mich zum Verderben. Ich will Grund, Der sichrer ist. Das Schauspiel sei die Schlinge, In die den Kšnig sein Gewissen bringe. Ab. ------------------------------------------------------------------------ DRITTER AKT ERSTE SZENE Ein Zimmer im Schlosse Der Kšnig, die Kšnigin, Polonius, Ophelia, Rosenkranz und GŸldenstern. K…NIG Und lockt ihm keine Wendung des GesprŠchs Heraus, warum er die Verwirrung anlegt, Die seiner Tage Ruh so wild zerrei§t Mit stŸrmischer, gefŠhrlicher VerrŸcktheit? ROSENKRANZ Er gibt es zu, er fŸhle sich verstšrt, Allein wodurch, will er durchaus nicht sagen. G†LDENSTERN Noch bot er sich der PrŸfung willig dar, Hielt sich vielmehr mit schlauem Wahnwitz fern, Wenn wir ihn zum GestŠndnis bringen wollten Von seinem wahren Zustand. K…NIGIN Und wie empfing er Euch? ROSENKRANZ ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊGanz wie ein Weltmann. G†LDENSTERN Doch tat er seiner Fassung viel Gewalt. ROSENKRANZ Mit Fragen karg, allein auf unsre Fragen Freigebig mit der Antwort. K…NIGIN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊLudet Ihr Zu irgendeinem Zeitvertreib ihn ein? ROSENKRANZ Es traf sich grade, gnŠdge Frau, da§ wir Schauspieler auf dem Wege eingeholt; Wir sagten ihm von diesen, und es schien, Er hšrte dies mit einer Art von Freude. Sie halten hier am Hof herum sich auf Und haben, wie ich glaube, schon Befehl, Zu Nacht vor ihm zu spielen. POLONIUS ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊJa, so ists, Und mich ersucht' er, Eure MajestŠten Zum Hšren und zum Sehn des Dings zu laden. K…NIG Von ganzem Herzen, und es freut mich sehr, Da§ er sich dahin neigt. Ihr lieben Herrn, schŠrft seine Lust noch ferner Und treibt ihn zu Ergštzlichkeiten an! ROSENKRANZ Wir wollens, gnŠdger Herr. Rosenkranz und GŸldenstern ab. K…NIG Verla§ uns, liebe Gertrud, ebenfalls; Wir haben Hamlet heimlich herbestellt, Damit er hier Ophelien wie durch Zufall Begegnen mag. Ihr Vater und ich selbst, berufne SpŠher, Wir wollen so uns stellen, da§ wir sehend, Doch ungesehn, von der Zusammenkunft Gewi§ urteilen und erraten kšnnen, Obs seiner Liebe Kummer ist, ob nicht, Was so ihn quŠlt. K…NIGIN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊIch werde Euch gehorchen. Was Euch betrifft, Ophelia, wŸnsch ich nur, Da§ Eure Schšnheit der beglŸckte Grund Von Hamlets Wildheit sei; dann darf ich hoffen, Da§ Eure Tugenden zurŸck ihn bringen Auf den gewohnten Weg, zu beider Ehre. OPHELIA Ich wŸnsch es, gnŠdge Frau. Kšnigin ab. POLONIUS Geht hier umher, Ophelia! - GnŠdiger Herr, Nehmen wir unsern Platz ! Zu Ophelia. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊLest in dem Buch, Da§ solcher †bung Schein die Einsamkeit BemŠntle. - Wir sind oft hierin zu tadeln - Gar viel erlebt mans -: mit der Andacht Mienen Und frommem Wesen Ÿberzuckern wir Den Teufel selbst. K…NIG beiseit. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊO allzuwahr! Wie trifft Dies Wort mit scharfer Gei§el mein Gewissen! Der Metze Wange, schšn durch falsche Kunst, Ist hŠ§licher bei dem nicht, was ihr hilft, Als meine Tat bei meinem glattsten Wort. O schwere Last! POLONIUS Ich hšr ihn kommen; ziehn wir uns zurŸck. Kšnig und Polonius ab. Hamlet tritt auf. HAMLET Sein oder Nichtsein; das ist hier die Frage: Obs edler im GemŸt, die Pfeil und Schleudern Des wŸtenden Geschicks erdulden oder, Sich waffnend gegen eine See von Plagen, Durch Widerstand sie enden? Sterben - schlafen - Nichts weiter! Und zu wissen, da§ ein Schlaf Das Herzweh und die tausend Stš§e endet, Die unsers Fleisches Erbteil, 's ist ein Ziel, Aufs innigste zu wŸnschen. Sterben - schlafen - Schlafen! Vielleicht auch trŠumen! Ja, da liegts: Was in dem Schlaf fŸr TrŠume kommen mšgen, Wenn wir die irdische Verstrickung lšsten, Das zwingt uns stillzustehn. Das ist die RŸcksicht, Die Elend lŠ§t zu hohen Jahren kommen. Denn wer ertrŸg der Zeiten Spott und Gei§el, Des MŠchtigen Druck, des Stolzen Mi§handlungen, VerschmŠhter Liebe Pein, des Rechtes Aufschub, Den †bermut der €mter und die Schmach, Die Unwert schweigendem Verdienst erweist, Wenn er sich selbst in Ruhstand setzen kšnnte Mit einer Nadel blo§? Wer trŸge Lasten Und stšhnt' und schwitzte unter LebensmŸh? Nur da§ die Furcht vor etwas nach dem Tod, Das unentdeckte Land, von des Bezirk Kein Wandrer wiederkehrt, den Willen irrt, Da§ wir die †bel, die wir haben, lieber Ertragen als zu unbekannten fliehn. So macht Bewu§tsein Feige aus uns allen; Der angebornen Farbe der Entschlie§ung Wird des Gedankens BlŠsse angekrŠnkelt; Und Unternehmen, hochgezielt und wertvoll, Durch diese RŸcksicht aus der Bahn gelenkt, Verlieren so der Handlung Namen. - Still! Die reizende Ophelia! - Nymphe, schlie§ In dein Gebet all meine SŸnden ein! OPHELIA Mein Prinz, wie geht es Euch seit so viel Tagen? HAMLET Dank untertŠnigst; wohl, wohl, wohl. OPHELIA Mein Prinz, ich hab von Euch noch Angedenken, Die ich schon lŠngst begehrt zurŸckzugeben. Ich bitt Euch nun, nehmt sie zurŸck! HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊNein, ich nicht; Ich gab Euch niemals was. OPHELIA Mein teurer Prinz, Ihr wi§t gar wohl, Ihr tatets, Und Worte sŸ§en Hauchs dabei, die reicher Die Dinge machten. Da ihr Duft dahin, Nehmt dies zurŸck; dem edleren GemŸte Verarmt die Gabe mit des Gebers GŸte. Hier, gnŠdger Herr! HAMLET Haha! Seid Ihr tugendhaft? OPHELIA GnŠdiger Herr? HAMLET Seid Ihr schšn? OPHELIA Was meint Eure Hoheit? HAMLET Da§, wenn Ihr tugendhaft und schšn seid, Eure Tugend keinen Verkehr mit Eurer Schšnheit pflegen mu§. OPHELIA Kšnnte Schšnheit wohl bessern Umgang haben als mit der Tugend? HAMLET Ja freilich: denn die Macht der Schšnheit wird eher die Tugend in eine Kupplerin verwandeln, als die Kraft der Tugend die Schšnheit sich Šhnlich machen kann. Dies war ehedem paradox, aber nun bestŠtigt es die Zeit. Ich liebte Euch einst. OPHELIA In der Tat, mein Prinz, Ihr machtet michs glauben. HAMLET Ihr hŠttet mir nicht glauben sollen, denn Tugend kann sich unserm alten Stamm nicht so einimpfen, da§ wir nicht einen Geschmack von ihm behalten sollten. Ich liebte Euch nicht. OPHELIA Um so mehr wurde ich betrogen. HAMLET Geh in ein Kloster! Warum wolltest du SŸnder zur Welt bringen? Ich bin selbst leidlich tugendhaft, dennoch kšnnte ich mich solcher Dinge anklagen, da§ es besser wŠre, meine Mutter hŠtte mich nicht geboren. Ich bin sehr stolz, rachsŸchtig, ehrgeizig; mir stehn mehr Vergehungen zu Dienst, als ich Gedanken habe, sie zu hegen, Einbildungskraft, ihnen Gestalt zu geben, oder Zeit, sie auszufŸhren. Wozu sollen solche Gesellen wie ich zwischen Himmel und Erde herumkriechen? Wir sind ausgemachte Schurken, alle: trau keinem von uns! Geh deines Wegs zum Kloster! Wo ist Euer Vater? OPHELIA Zu Hause, gnŠdiger Herr. HAMLET La§t die TŸr hinter ihm abschlie§en, damit er den Narren nirgend anders spielt als in seinem eignen Hause. Leb wohl! OPHELIA O hilf ihm, gŸtger Himmel! HAMLET Wenn du heiratest, so gebe ich dir diesen Fluch zur Aussteuer: Sei so keusch wie Eis, so rein wie Schnee, du wirst der Verleumdung nicht entgehn. Geh in ein Kloster, leb wohl! Oder willst du durchaus heiraten, nimm einen Narren, denn gescheite MŠnner wissen allzu gut, was ihr fŸr Ungeheuer aus ihnen macht. In ein Kloster, geh, und das schleunig! Leb wohl! OPHELIA Himmlische MŠchte, stellt ihn wieder her! HAMLET Ich wei§ auch von euren Malereien Bescheid, recht gut. Gott hat euch ein Gesicht gegeben, und ihr macht euch ein anders; ihr schlendert, ihr trippelt, und ihr lispelt und gebt Gottes Schšpfung verhunzte Namen und gebt eure LŸsternheit als Einfalt aus. Geht mir, nichts weiter davon, es hat mich toll gemacht. Ich sage, wir wollen nichts mehr von Heiraten wissen; wer schon verheiratet ist - alle au§er einem -, soll das Leben behalten; die Ÿbrigen sollen bleiben, wie sie sind. In ein Kloster, geh! Hamlet ab. OPHELIA O welch ein edler Geist ist hier zerstšrt! Des Hofmanns Auge, des Gelehrten Zunge, Des Kriegers Arm, des Staates Blum und Hoffnung, Der Sitte Spiegel und der Bildung Muster, Das Merkziel der Betrachter: ganz, ganz hin! Und ich, der Fraun elendeste und Šrmste, Die seiner SchwŸre Honig sog, ich sehe Die edle, hochgebietende Vernunft Mi§tšnend wie verstimmte Glocken jetzt, Dies hohe Bild, die ZŸge blŸhnder Jugend, Durch †berschwang zerrŸttet: Weh mir, wehe, Da§ ich sah, was ich sah, und sehe, was ich sehe. Der Kšnig und Polonius treten wieder vor. K…NIG Aus Liebe? Nein, sein Hang geht dahin nicht, Und was er sprach, obwohl ein wenig wŸst, War nicht wie Wahnsinn. Ihm ist was im GemŸt, WorŸber seine Schwermut brŸtend sitzt, Und, wie ich sorge, wird die Ausgeburt GefŠhrlich sein. Um dem zuvorzukommen, Hab ichs mit schleuniger Entschlie§ung So vorgesehn: Er soll in Eil nach England, Den RŸckstand des Tributes einzufordern. Vielleicht vertreibt die See, die neuen LŠnder Samt wechselvollen GegenstŠnden ihm Dies Etwas, das in seinem Herzen steckt, Worauf sein Kopf, bestŠndig hinarbeitend, Ihn so sich selbst entzieht. Was meint Ihr dazu? POLONIUS Es wird ihm wohltun, aber dennoch glaub ich, Der Ursprung und Beginn von seinem Gram Sei unerhšrte Liebe. - Nun, Ophelia? Ihr braucht uns nicht zu melden, was der Prinz Gesagt; wir hšrten alles. - GnŠdger Herr, Tut nach Gefallen; aber dŸnkts Euch gut, So la§t doch seine kšnigliche Mutter Ihn nach dem Schauspiel ganz allein ersuchen, Sein Leid ihr kundzutun; sie mag nur rund Heraus ihn fragen. Ich, wenns Euch beliebt, Stell ins Gehšr der Unterredung mich. Wenn sie es nicht herausbringt, schickt ihn dann Nach England oder schlie§t ihn irgendwo Nach Eurer Weisheit ein. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊEs soll geschehn; Wahnsinn bei Gro§en darf nicht ohne Wache gehn. Alle ab. ZWEITE SZENE Ein Saal im Schlosse Hamlet und einige Schauspieler treten auf. HAMLET Seid so gut und haltet die Rede, wie ich sie Euch vorsagte, leicht von der Zunge weg; aber wenn Ihr den Mund so voll nehmt wie viele unsrer Schauspieler, so mšchte ich meine Verse ebensogern von dem Ausrufer hšren. SŠgt auch nicht zuviel mit den HŠnden durch die Luft, so - sondern behandelt alles gelinde! Denn mitten in dem Strom, Sturm und, wie ich sagen mag, Wirbelwind Eurer Leidenschaft mŸ§t Ihr Euch eine MŠ§igung zu eigen machen, die ihr Geschmeidigkeit gibt. O es Šrgert mich in der Seele, wenn solch ein handfester, haarbuschiger Geselle eine Leidenschaft in Fetzen, in rechte Lumpen zerrei§t, um den GrŸndlingen im Parterre in die Ohren zu donnern, die meistens von nichts wissen als verworrnen, stummen Pantomimen und LŠrm. Ich mšchte solch einen Kerl fŸr sein Bramarbasieren prŸgeln lassen; er herodisiert noch Ÿber den Herodes. Ich bitte Euch, vermeidet das! ERSTER SCHAUSPIELER Eure Hoheit kann sich darauf verlassen. HAMLET Seid auch nicht allzu zahm, sondern la§t euer eignes Urteil euren Meister sein: pa§t die GebŠrde dem Wort, das Wort der GebŠrde an; wobei ihr sonderlich darauf achten mŸ§t, niemals die Bescheidenheit der Natur zu Ÿberschreiten. Denn alles, was so Ÿbertrieben wird, ist dem Vorhaben des Schauspiels entgegen, dessen Zweck sowohl anfangs als jetzt war und ist, der Natur gleichsam den Spiegel vorzuhalten; der Tugend ihre eignen ZŸge, der Schmach ihr eignes Bild, und dem Jahrhundert und Kšrper der Zeit den Abdruck seiner Gestalt zu zeigen. Wird dies nun Ÿbertrieben oder zu schwach vorgestellt, so kann es zwar den Unwissenden zum Lachen bringen, aber den Einsichtsvollen mu§ es verdrie§en, und der Tadel von einem solchen mu§ in eurer SchŠtzung ein ganzes Schauspielhaus voll von andern Ÿberwiegen. O es gibt Schauspieler, die ich habe spielen sehn und von andern preisen hšren, und das hšchlich, die, gelinde zu sprechen, weder den Ton noch den Gang von Christen, Heiden oder TŸrken hatten und so stolzierten und blškten, da§ ich glaubte, irgendein Handlanger der Natur hŠtte Menschen gemacht und sie wŠren ihm nicht geraten: so abscheulich ahmten sie die Menschheit nach. ERSTER SCHAUSPIELER Ich hoffe, wlr haben das bei uns so ziemlich abgestellt. HAMLET O stellt es ganz und gar ab! Und die bei euch die Narren spielen, la§t sie nicht mehr sagen, als in ihrer Rolle steht; denn es gibt ihrer, die selbst lachen, um einen Haufen alberne Zuschauer zum Lachen zu bringen, wenn auch zu derselben Zeit irgendein notwendiger Punkt des StŸckes zu erwŠgen ist. Das ist schŠndlich und beweist einen jŠmmerlichen Ehrgeiz an dem Narren, der es tut. Geht, macht euch fertig! Schauspieler ab. Polonius, Rosenkranz und GŸldenstern kommen. Nun, Herr, will der Kšnig dies StŸck Arbeit anhšren? POLONIUS Ja, die Kšnigin auch, und das sogleich. HAMLET Hei§t die Schauspieler sich eilen! Polonius ab. Wollt ihr beide sie treiben helfen? ROSENKRANZ und G†LDENSTERN Ja, gnŠdiger Herr. Beide ab. HAMLET He! Horatio! Horatio kommt. HORATTO Hier, lieber Prinz, zu Eurem Dienst! HAMLET Du bist grad ein so wackrer Mann, Horatio, Als je mein Umgang einem mich verbrŸdert. HORATIO Mein bester Prinz - HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊNein, glaub nicht, da§ ich schmeichle. Was fŸr Befšrdrung hofft ich wohl von dir, Der keine Rent als seinen muntern Geist, Um sich zu nŠhren und zu kleiden, hat? Weswegen doch dem Armen schmeicheln? Nein, Die Honigzunge lecke dumme Pracht, Es beuge sich des Knies gelenke Angel, Wo Kriecherei Gewinn bringt. Hšr mich an: Seit meine teure Seele Herrin war Von ihrer Wahl und Menschen unterschied, Hat sie dich auserkoren. Denen du warst, Als littst du nichts, indem du alles littest, Ein Mann, der Stš§ und Gaben vom Geschick Mit gleichem Dank genommen; und gesegnet, Wes Blut und Urteil sich so gut vermischt, Da§ er zur Pfeife nicht Fortunen dient, Den Ton zu spielen, den ihr Finger greift. Gebt mir den Mann, den seine Leidenschaft Nicht macht zum Sklaven, und ich will ihn hegen Im Herzensgrund, ja in des Herzens Herzen, Wie ich dich hege. - Schon zu viel hievon. Es gibt zu Nacht ein Schauspiel vor dem Kšnig; Ein Auftritt kommt darin dem Umstand nah, Den ich von meines Vaters Tod dir sagte. Ich bitt dich, wenn du das im Gange siehst, So achte mit der ganzen Kraft der Seele Auf meinen Oheim; wenn die verborgne Schuld Bei einer Rede nicht zum Vorschein kommt, So ists ein hšllscher Geist, den wir gesehn, Und meine Einbildungen sind so schwarz Wie Schmiedezeug Vulkans. Bemerk ihn recht, Ich will an sein Gesicht mein Auge klammern, Und wir vereinen unser Urteil dann Zur PrŸfung seines Aussehns. HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊGut, mein Prinz! Wenn er was stiehlt, indes das Spiel gespielt wird, Und schlŸpfet durch, so zahl ich fŸr den Diebstahl. HAMLET Man kommt zum Schauspiel, ich mu§ nŠrrisch sein. WŠhlt einen Platz! Ein dŠnischer Marsch. Trompetensto§. Der Kšnig, die Kšnigin, Polonius, Ophelia, Rosenkranz, GŸldenstern und andre. K…NIG Wie lebt unser Vetter Hamlet? HAMLET Vortrefflich, mein Treu: von dem ChamŠleonsgericht. Ich esse Luft, ich werde mit Versprechungen gestopft; so kann man Kapaunen nicht mŠsten. K…NIG Ich habe nichts mit dieser Antwort zu schaffen, Hamlet; dies sind meine Worte nicht. HAMLET Meine auch nicht mehr. Zu Polonius. Ihr spieltet einmal auf der UniversitŠt, Herr? Sagtet Ihr nicht so? POLONIUS Das tat ich, gnŠdiger Herr, und wurde fŸr einen guten Schauspieler gehalten. HAMLET Und was stelltet Ihr vor? POLONIUS Ich stellte den Julius CŠsar vor; ich ward auf dem Kapitol umgebracht, Brutus brachte mich um. HAMLET Es war brutal von ihm, ein so kapitales Kalb umzubringen. - Sind die Schauspieler fertig? ROSENKRANZ Ja, gnŠdiger Herr, sie erwarten Euren Befehl. K…NIGIN Komm hieher, lieber Hamlet, setz dich zu mir! HAMLET Nein, gute Mutter, hier ist ein stŠrkerer Magnet. POLONIUS zum Kšnige. Oho, hšrt Ihr das wohl? HAMLET FrŠulein, soll ich in Eurem Scho§e liegen? [Setzt] Legt sich zu Opheliens FŸ§en. OPHELIA Nein, mein Prinz. HAMLET Ich meine, den Kopf auf Euren Scho§ gelehnt. OPHELIA Ja, mein Prinz. HAMLET Denkt Ihr, ich hŠtte erbauliche Dinge im Sinne? OPHELIA Ich denke nichts. HAMLET Ein schšner Gedanke, zwischen den Beinen eines MŠdchens zu liegen. OPHELIA Was ist, mein Prinz? HAMLET Nichts. OPHELIA Ihr seid aufgerŠumt. HAMLET Wer? Ich? OPHELIA Ja, mein Prinz. HAMLET Oh, ich rei§e Possen wie kein andrer. Was kann ein Mensch Besseres tun, als lustig sein? Denn seht nur, wie fršhlich meine Mutter aussieht, und doch starb mein Vater vor noch nicht zwei Stunden. OPHELIA Nein, vor zweimal zwei Monaten, mein Prinz. HAMLET So lange schon? Ei, so mag der Teufel schwarz gehn; ich will einen Zobelpelz tragen. O Himmel! Vor zwei Monaten gestorben, und noch nicht vergessen! So ist Hoffnung da, da§ das Andenken eines gro§en Mannes sein Leben ein halbes Jahr Ÿberleben kann. Aber, bei Unsrer Lieben Frauen! Kirchen mu§ er stiften, sonst denkt man nicht an ihn; es geht ihm wie dem Steckenpferde, dessen Grabschrift ist: Denn oh! denn oh! Vergessen ist das Steckenpferd. Trompeten, hierauf die Pantomime. Ein Kšnig und eine Kšnigin treten auf, sehr zŠrtlich; die Kšnigin ummarmt ihn und er sie. Sie kniet und macht gegen ihn die GebŠrden der Beteurung. Er hebt sie auf und lehnt den Kopf an [ihre Brust] ihren Hals; er legt sich auf ein Blumenbette nieder, sie verlŠ§t ihn, da sie ihn eingeschlafen sieht. Gleich darauf kommt ein Kerl herein, nimmt ihm die Krone ab, kŸ§t sie, gie§t Gift in die Ohren des Kšnigs und geht ab. Die Kšnigin kommt zurŸck, findet den Kšnig tot und macht leidenschaftliche GebŠrden. Der Vergifter kommt mit [zwei oder drei] drei oder vier Stummen zurŸck und scheint mit ihr zu wehklagen. Die Leiche wird weggebracht. Der Vergifter wirbt mit Geschenken um die Kšnigin; sie scheint anfangs unwillig und abgeneigt, nimmt aber zuletzt seine Liebe an. Sie gehen ab. OPHELIA Was bedeutet dies, mein Prinz? HAMLET Ei, es ist spitzbŸbische Munkelei; es bedeutet Unheil. OPHELIA Vielleicht, da§ diese Vorstellung den Inhalt des StŸcks anzeigt. Der Prolog tritt auf. HAMLET Wir werden es von diesem Gesellen erfahren. Die Schauspieler kšnnen nichts geheimhalten, sie werden alles ausplaudern. OPHELIA Wird er uns sagen, was diese Vorstellung bedeutet? HAMLET Ja, oder irgendeine Vorstellung, die Ihr ihm vorstellen wollt. SchŠmt Euch nur nicht, ihm vorzustellen, sa wird er sich nicht schŠmen, Euch zu sagen, was es bedeutet. OPHELIA Ihr seid schlimm, Ihr seid schlimm; ich will das StŸck anhšren. PROLOG FŸr uns und unsre Vorstellung Mit untertŠnger Huldigung Ersuchen wir Genehmigung. HAMLET Ist dies ein Prolog oder ein Denkspruch auf einem Ringe? OPHELIA Es ist kurz, mein Prinz. HAMLET Wie Frauenliebe. Ein Kšnig und eine Kšnigin treten auf. K…NIG im Schauspiel. Schon drei§igmal hat den Apoll sein Wagen Um Nereus' Flut und Tellus' Rund getragen, Und zwšlfmal drei§ig Mond in fremdem Glanz Vollbrachten um den Erdball ihren Tanz, Seit unsre Herzen Liebe treu durchdrungen Und Hymens Bande Hand in Hand geschlungen. K…NIGIN im Schauspiel. Mag Sonn und Mond so manche Reise doch, Eh Liebe stirbt, uns zŠhlen lassen noch. Doch leider seid Ihr jetzt so matt von Herzen, So fern von vorger Munterkeit und Scherzen, Da§ Ihr mich Šngstet; aber zag ich gleich, Doch, mein Gemahl, nicht Šngsten darf es Euch, Denn Weiberfurcht hŠlt Schritt mit ihrem Lieben: In beiden gar nichts oder Ÿbertrieben. Wie meine Lieb ist, hab ich Euch gezeigt; Ihr seht, da§ meine Furcht der Liebe gleicht. Das Kleinste schon mu§ gro§e Lieb erschrecken Und ihre Grš§ in kleiner Sorg entdecken. K…NIG im Schauspiel. Ja, Lieb, ich mu§ dich lassen, und das bald; Mich drŸckt des Alters schwŠchende Gewalt. Du wirst in dieser schšnen Welt noch leben, Geehrt, geliebt; vielleicht wird, gleich ergeben, Ein zweiter Gatte - K…NIGIN im Schauspiel. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊO halt ein, halt ein! Verrat nur kšnnte solche Liebe sein. Beim zweiten Gatten wŸrd ich selbst mir fluchen; Die einen totschlug, mag den zweiten suchen. HAMLET beiseit. Das ist Wermut. K…NIGIN im Schauspiel. Das, was die Bande zweiter Ehe flicht, Ist schnšde Sucht nach Vorteil, Liebe nicht. Es tštet noch einmal den toten Gatten, Dem zweiten die Umarmung zu gestatten. K…NIG im Schauspiel. Ich glaub, Ihr denket jetzt, was Ihr gesprochen, Doch ein Entschlu§ wird oft von uns gebrochen. Der Vorsatz ist ja der Erinnrung Knecht, Stark von Geburt, doch bald durch Zeit geschwŠcht, Wie herbe FrŸchte fest am Baume hangen, Doch leicht sich lšsen, wenn sie Reif erlangen. Notwendig ists, da§ jeder leicht vergi§t Zu zahlen, was er selbst sich schuldig ist. Wo Leidenschaft den Vorsatz hingewendet, Entgeht das Ziel uns, wann sie selber endet. Der UngestŸm sowohl von Freud als Leid Zerstšrt mit sich die eigne Wirksamkeit. Laut klagt das Leid, wo laut die Freude schwŠrmet; Leid freut sich leicht, wenn Freude leicht sich hŠrmet. Die Welt vergeht: es ist nicht wunderbar, Da§ mit dem GlŸck selbst Liebe wandelbar; Denn eine Frag ists, die zu lšsen bliebe, Ob Lieb das GlŸck fŸhrt, oder GlŸck die Liebe. Der Gro§e stŸrzt, seht seinen GŸnstling fliehn; Der Arme steigt, und Feinde lieben ihn. So weit scheint Liebe nach dem GlŸck zu wŠhlen. Wer ihn nicht braucht, dem wird ein Freund nicht fehlen, Und wer in Not versucht den falschen Freund, Verwandelt ihn sogleich in einen Feind. Doch um zu enden, wo ich ausgegangen, Will und Geschick sind stets in Streit befangen. Was wir ersinnen, ist des Zufalls Spiel, Nur der Gedank ist unser, nicht sein Ziel. So denk, dich soll kein zweiter Gatt erwerben. Doch mag dies Denken mit dem ersten sterben. K…NIGIN im Schauspiel. Versag mir Nahrung, Erde; Himmel, Licht! Gšnnt, Tag und Nacht, mir Lust und Ruhe nicht! Verzweiflung werd aus meinem Trost und Hoffen, Nur Klausnerbu§ im Kerker steh mir offen! Mag alles, was der Freude Antlitz trŸbt, Zerstšren, was mein Wunsch am meisten liebt, Und hier und dort verfolge mich Beschwerde, Wenn, einmal Witwe, jemals Weib ich werde! HAMLET zu Ophelia. Wenn sie es nun brechen sollte - K…NIG im Schauspiel. 's ist fest geschworen. La§ mich, Liebe, nun; Ich werde mŸd und mšcht ein wenig ruhn, Die Zeit zu tŠuschen. SchlŠft. K…NIGIN im Schauspiel. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWiege dich der Schlummer, Und nimmer komme zwischen uns ein Kummer! Ab. HAMLET GnŠdige Frau, wie gefŠllt Euch das StŸck? K…NIGIN Die Dame, wie mich dŸnkt, gelobt zu viel. HAMLET Oh, aber sie wird ihr Wort halten! K…NIG Habt Ihr den Inhalt gehšrt? Wird es kein €rgernis geben? HAMLET Nein, nein; sie spa§en nur, vergiften im Spa§, kein €rgernis in der Welt. K…NIG Wie nennt Ihr das StŸck? HAMLET Die Mausefalle. Und wie das? Metaphorisch. Das StŸck ist die Vorstellung eines in Vienna geschehnen Mordes. Gonzago ist der Name des Herzogs, seiner Gemahlin Baptista; Ihr werdet gleich sehen, es ist ein spitzbŸbischer Handel. Aber was tuts? Eure MajestŠt und uns, die wir ein freies Gewissen haben, trifft es nicht. Der AussŠtzige mag sich jucken, unsre Haut ist gesund. [Der Schauspieler, der den] Lucianus [spielt,] tritt auf. Dies ist ein gewisser Lucianus, ein Neffe des Kšnigs. OPHELIA Ihr Ÿbernehmt das Amt des Chorus, gnŠdiger Herr. HAMLET O ich wollte zwischen Euch und Eurem Liebsten Dolmetscher sein, wenn ich die Marionetten nur tanzen sŠhe. OPHELIA Ihr seid spitz, gnŠdiger Herr, Ihr seid spitz. HAMLET Ihr wŸrdet zu stšhnen haben, ehe Ihr meine Spitze abstumpftet. OPHELIA Immer noch besser und schlimmer. HAMLET So wŠhlt Ihr Eure MŠnner. - Fang an, Mšrder; la§ deine vermaledeiten Gesichter und fang an! Wohlauf: Es brŸllt um Rache das GekrŠchz des Raben - LUCIANUS Gedanken schwarz, Gift wirksam, HŠnde fertig, Gelegne Zeit, kein Wesen gegenwŠrtig. Du schnšder Trank aus mitternŠchtgem Kraut, Dreimal vom Fluche Hekates betaut: Da§ sich dein Zauber, deine grause SchŠrfe Sogleich auf dies gesunde Leben werfe! Gie§t dar Gift in das Ohr des Schlafenden. HAMLET Er vergiftet ihn im Garten um sein Reich, sein Name ist Gonzago; die Geschichte ist vorhanden und in auserlesenem Italienisch geschrieben. Ihr werdet gleich sehn, wie der Mšrder die Liebe von Gonzagos Gemahlin gewinnt. OPHELIA Der Kšnig steht auf. HAMLET Wie? Durch falschen FeuerlŠrm geschreckt? K…NIGIN Wie geht es meinem Gemahl? POLONIUS Macht dem Schauspiel ein Ende. K…NIG Leuchtet mir! Fort! [POLONIUS] ALLE Licht ! Licht! Licht! Alle ab, au§er Hamlet und Horatio. HAMLET Ei, der Gesunde hŸpft und lacht, Dem Wunden ists vergŠllt; Der eine schlŠft, der andre wacht, Das ist der Lauf der Welt. Sollte nicht dies und ein Wald von FederbŸschen - wenn meine sonstige Anwartschaft in die Pilze geht - nebst ein paar gepufften Rosen auf meinen geschlitzten Schuhen, mir zu einem Platz in einer Schauspielergesellschaft verhelfen? HORATIO O ja, einen halben Anteil an der Einnahme. HAMLET Nein, einen ganzen. Denn dir, mein Damon, ist bekannt, Dem Reiche ging zugrund Ein Jupiter; nun herrschet hier Ein rechter, rechter - Affe. HORATIO Ihr hŠttet reimen kšnnen. HAMLET O lieber Horatio, ich wette Tausende auf das Wort des Geistes. Hast du's gemerkt? HORATIO Sehr gut, mein Prinz. HAMLET Bei der Rede vom Vergiften? HORATIO Ich habe ihn genau beachtet. HAMLET Haha! Kommt, Musik, kommt, die Flšten! - Denn wenn der Kšnig von dem StŸck nichts hŠlt, Ei nun, vielleicht - da§ es ihm nicht gefŠllt. [Rosenkranz und GŸldenstern kommen.] Kommt, Musik! Rosenkranz und GŸldenstern kommen. G†LDENSTERN Bester, gnŠdiger Herr, vergšnnt mir ein Wort mit Euch! HAMLET Eine ganze Geschichte, Herr! G†LDENSTERN Der Kšnig - HAMLET Nun, was gibts mit ihm? G†LDENSTERN Er hat sich auf sein Zimmer begeben und ist sehr Ÿbel. HAMLET Vom Trinken, Herr? G†LDENSTERN Nein, gnŠdiger Herr, von Galle. HAMLET Ihr solltet doch mehr gesunden Verstand beweisen und dies dem Arzte melden, denn wenn ich ihm eine Reinigung zumutete, das wŸrde ihm vielleicht noch mehr Galle machen. G†LDENSTERN Bester Herr, bringt einige Ordnung in Eure Reden und springt nicht so wild von meinem Auftrage ab. HAMLET Ich bin zahm, Herr, sprecht! G†LDENSTERN Die Kšnigin, Eure Mutter, hat mich in der tiefsten BekŸmmernis ihres Herzens zu Euch geschickt. HAMLET Ihr seid willkommen. G†LDENSTERN Nein, bester Herr, diese Hšflichkeit ist nicht von der rechten Art. Beliebt es Euch, mir eine gesunde Antwort zu geben, so will ich den Befehl Eurer Mutter ausrichten; wo nicht, so verzeiht, ich gehe wieder, und damit ist mein GeschŠft zu Ende. HAMLET Herr, ich kann nicht. G†LDENSTERN Was, gnŠdiger Herr? HAMLET Euch eine gesunde Antwort geben. Mein Verstand ist krank. Aber, Herr, solche Antwort, als ich geben kann, ist zu Eurem Befehl, oder vielmehr, wie Ihr sagt, zu meiner Mutter Befehl; drum nichts weiter, sondern zur Sache. Meine Mutter, sagt Ihr - ROSENKRANZ Sie sagt also folgendes: Euer Betragen hat sie in Staunen und Verwunderung gesetzt. HAMLET O wundervoller Sohn, Ÿber den seine Mutter so erstaunen kann! Kommt kein Nachsatz, der dieser mŸtterlichen Verwunderung auf dem Fu§e folgt? [La§t hšren!] ROSENKRANZ Sie wŸnscht mit Euch in ihrem Zimmer zu reden, ehe Ihr zu Bett geht. HAMLET Wir wollen gehorchen, und wŠre sie zehnmal unsre Mutter. Habt Ihr noch sonst was mit mir zu schaffen? ROSENKRANZ GnŠdiger Herr, Ihr liebtet mich einst - HAMLET Das tu ich noch, bei diesen beiden Diebeszangen hier! ROSENKRANZ Bester Herr, was ist die Ursache Eures †bels? Gewi§, Ihr tretet Eurer eignen Freiheit in den Weg, wenn Ihr Eurem Freunde Euren Kummer verheimlicht. HAMLET Herr, es fehlt mir an Befšrderung. ROSENKRANZ Wie kann das sein, da Ihr die Stimme des Kšnigs selbst zur Nachfolge im dŠnischen Reiche habt? HAMLET Ja, Herr, aber Èderweil das Gras wŠchstÇ - das Sprichwort ist ein wenig rostig. Schauspieler kommen mit Flšten. O die Flšten! La§t mich eine sehn. - Um Euch insbesondre zu sprechen: [Nimmt GŸldenstern beiseit.] Weswegen geht Ihr um mich herum, um meine Witterung zu bekommen, als wolltet Ihr mich in ein Netz treiben? G†LDENSTERN O gnŠdiger Herr, wenn meine Ergebenheit allzu kŸhn ist, so ist meine Liebe ungesittet. HAMLET Das versteh ich nicht recht. Wollt Ihr auf dieser Flšte spielen? G†LDENSTERN GnŠdiger Herr, ich kann nicht. HAMLET Ich bitte Euch. G†LDENSTERN Glaubt mir, ich kann nicht. HAMLET Ich ersuche Euch darum. G†LDENSTERN Ich wei§ keinen einzigen Griff, gnŠdiger Herr. HAMLET Es ist so leicht wie lŸgen. Regiert diese Windlšcher mit Euren Fingern und Daumen, gebt der Flšte mit Eurem Munde Odem, und sie wird die beredteste Musik sprechen. Seht Ihr, dies sind die Griffe! G†LDENSTERN Aber die habe ich eben nicht in meiner Gewalt, um irgendeine Harmonie hervorzubringen; ich besitze die Kunst nicht. HAMLET Nun, seht Ihr, welch ein nichtswŸrdiges Ding Ihr aus mir macht? Ihr wollt auf mir spielen, Ihr wollt tun, als kenntet Ihr meine Griffe, Ihr wollt in das Herz meines Geheimnisses dringen, Ihr wollt mich von meiner tiefsten Note bis zum Gipfel meiner Stimme hinauf prŸfen; und in dem kleinen Instrument hier ist viel Musik, eine vortreffliche Stimme, dennoch kšnnt Ihr es nicht zum Sprechen bringen! Wetter, denkt Ihr, da§ ich leichter zu spielen bin als eine Flšte? Nennt mich was fŸr ein Instrument Ihr wollt, Ihr kšnnt mich zwar verstimmen, aber nicht auf mir spielen. Polonius kommt. Gott grŸ§ Euch, Herr! POLONIUS GnŠdiger Herr, die Kšnigin wŸnscht Euch zu sprechen, und das sogleich. HAMLET Seht Ihr die Wolke dort, beinah in Gestalt eines Kamels? POLONIUS Beim Himmel, sie sieht auch wirklich aus wie ein Kamel. HAMLET Mich dŸnkt, sie sieht aus wie ein Wiesel. POLONIUS Sie hat einen RŸcken wie ein Wiesel. HAMLET Oder wie ein Walfisch? POLONIUS Ganz wie ein Walfisch. HAMLET Nun, so will ich zu meiner Mutter kommen, im Augenblick. Sie nŠrren mich, da§ mir die Geduld beinah rei§t. - Ich komme im Augenblick. POLONIUS Das will ich ihr sagen. [Ab.] HAMLET Im Augenblick ist leicht gesagt. Polonius ab. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊLa§t mich, Freunde! Rosenkranz, GŸldenstern, Horatio und die andern ab. Nun ist die wahre Spukezeit der Nacht, Wo GrŸfte gŠhnen und die Hšlle selbst Pest haucht in diese Welt. Nun trŠnk ich wohl hei§ Blut Und tŠte Dinge, die der bittre Tag Mit Schaudern sŠh. Still, jetzt zu meiner Mutter! O Herz, vergi§ nicht die Natur! Nie drŠnge Sich Neros Seel in diesen festen Busen! Grausam, nicht unnatŸrlich, la§ mich sein; Nur reden will ich Dolche, keine brauchen. Hierin seid Heuchler, Zung, und du, GemŸt: Wie hart mit ihr auch meine Rede schmŠle, Nie willge drein, sie zu versiegeln, Seele! Ab. DRITTE SZENE Ein Zimmer im Schlosse Der Kšnig, Rosenkranz und GŸldenstern treten auf. K…NIG Ich mag ihn nicht; auch stehts um Uns nicht sicher, Wenn frei sein Wahnsinn schwŠrmt. Drum macht Euch fertig! Ich stelle schleunig Eure Vollmacht aus, Und er soll dann mit Euch nach England hin. Die Pflichten Unsrer WŸrde dulden nicht Gefahr so nah, als hinter seinen Brauen Sie stŸndlich uns erwŠchst. G†LDENSTERN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWir wolln uns vorsehn. [G†LDENSTERN] Es ist gewissenhafte, heilge Sorge, Die vielen, vielen Seelen zu erhalten, Die Eure MajestŠt belebt und nŠhrt. ROSENKRANZ Schon das besondre, einzelne Leben mu§ Mit aller Kraft und RŸstung des GemŸts Vor Schaden sich bewahren; doch viel mehr Der Geist, an dessen Heil das Leben vieler Beruht und hŠngt. Der MajestŠt Verscheiden Stirbt nicht allein, es zieht gleich einem Strudel Das Nahe mit. Sie ist ein mŠchtig Rad, Befestigt auf des hšchsten Berges Gipfel, An dessen Riesenspeichen tausend Dinge Gekittet und gefugt sind; wenn es fŠllt, So teilt die kleinste Zutat und Umgebung Den ungeheuren Sturz. Kein Kšnig je Seufzte allein ohn allgemeines Weh. K…NIG Ich bitte, rŸstet Euch zur schnellen Reise; Wir mŸssen diese Furcht in Fesseln legen, Die jetzt zu freien Fu§es geht. ROSENKRANZ und G†LDENSTERN Wir eilen. Beide ab. Polonius kommt. POLONIUS Mein FŸrst, er geht in seiner Mutter Zimmer. Ich will mich hinter die Tapete stellen, Den Hergang anzuhšren; seid gewi§, Sie schilt ihn tŸchtig aus, und wie Ihr sagtet - Und weislich wars gesagt -, es schickt sich wohl, Da§ noch ein andrer Zeug' als eine Mutter, Die von Natur parteiisch, ihr GesprŠch Im stillen anhšrt. So lebt wohl, mein FŸrst! Eh Ihr zu Bett geht, sprech ich vor bei Euch Und meld Euch, was ich wei§. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDank, lieber Herr! Polonius ab. O meine Tat ist faul, sie stinkt zum Himmel; Sie trŠgt den ersten, Šltesten der FlŸche, Mord eines Bruders! - Beten kann ich nicht, Ist gleich die Neigung dringend wie der Wille: Die stŠrkre Schuld besiegt den starken Vorsatz, Und wie ein Mann, dem zwei GeschŠft obliegen, Steh ich in Zweifel, was ich erst soll tun, Und lasse beides. Wie, wŠr diese Hand Auch um und um in Bruderblut getaucht, Gibt es nicht Regen gnug im milden Himmel, Sie wei§ wie Schnee zu waschen? Wozu dient Die Gnad, als vor der SŸnde Stirn zu treten? Und hat Gebet nicht die zwiefache Kraft, Dem Falle vorzubeugen und Verzeihung Gefallnen auszuwirken? Gut, ich will Emporschaun; mein Verbrechen ist geschehn. Doch oh, welch eine Wendung des Gebets Ziemt mir? Vergib mir meinen schnšden Mord? Dies kann nicht sein; mir bleibt ja stets noch alles, Was mich zum Mord getrieben: meine Krone, Mein eigner Ehrgeiz, meine Kšnigin! Wird da verziehn, wo Missetat besteht? In den verderbten Stršmen dieser Welt Kann die vergoldete Hand der Missetat Das Recht wegsto§en, und ein schnšder Preis Erkauft oft das Gesetz. Nicht so dort oben! Da gilt kein Kunstgriff, da erscheint die Handlung In ihrer wahren Art, und wir sind selbst Genštigt, unsern Fehlern in die ZŠhne, Ein Zeugnis abzulegen. Nun? Was bleibt? Sehn, was die Reue kann. Was kann sie nicht? Doch wenn man nicht bereuen kann, was kann sie? O Jammerstand! O Busen, schwarz wie Tod! O Seele, die, sich frei zu machen ringend, Noch mehr verstrickt wird! - Engel, helft! Versucht! Beugt euch, ihr starren Knie! GestŠhltes Herz, Sei weich wie Sehnen neugeborner Kinder! Vielleicht wird alles gut. Entfernt sich und kniet nieder. Hamlet kommt. HAMLET Jetzt kšnnt ichs tun, bequem; er ist im Beten. Jetzt will ichs tun - und so geht er gen Himmel, Und so bin ich gerŠcht? Das hie§': ein Bube Ermordet meinen Vater, und dafŸr Send ich, sein einzger Sohn, denselben Buben Gen Himmel. Ei, das wŠre Sold und Lšhnung, Rache nicht. Er Ÿberfiel in WŸstheit meinen Vater, Voll Speis', in seiner SŸnden MaienblŸte. Wie seine Rechnung steht, wei§ nur der Himmel, Allein nach unsrer Denkart und Vermutung Ergehts ihm schlimm; und bin ich dann gerŠcht, Wenn ich in seiner Heiligung ihn fasse, Bereitet und geschickt zum †bergang? - Nein. Hinein, du Schwert! Sei schrecklicher gezŸckt! Wenn er berauscht ist, schlŠft, oder in Wut, In seines Betts blutschŠnderischen Freuden, Beim Spielen, Fluchen oder anderm Tun, Das keine Spur des Heiles an sich hat: Dann triff ihn, da§ die Fersen ihm gen Himmel Ausschlagen, da§ die Seele so verflucht Und schwarz sei wie die Hšll, wohin sie fŠhrt! - Die Mutter wartet mein. - Dies Mittel schlage Nur an zur Dehnung deiner siechen Tage! Ab. Der Kšnig steht auf und tritt vor. K…NIG Das Wort fliegt auf, der Sinn hat keine Schwingen, Wort ohne Sinn kann nicht zum Himmel dringen. Ab. VIERTE SZENE [Zimmer der Kšnigin] Ein anderes Zimmer im Schlo§ Die Kšnigin und Polonius treten auf. POLONIUS Er kommt sogleich; setzt ihm mit Nachdruck zu; Sagt ihm, da§ er zu wilde Streiche macht, Um sie zu dulden, und da§ Eure Hoheit Sich zwischen gro§e Hitz und ihn als Schirm Gestellt hat. Ich will hier mich still verbergen. Ich bitt Euch, schont ihn nicht! HAMLET hinter der Szene. Mutter, Mutter, Mutter! K…NIGIN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊVerla§t Euch drauf; Sorgt meinetwegen nicht. Zieht Euch zurŸck, Ich hšr ihn kommen. Polonius verbirgt sich hinter dem Arras-Wandteppich. Hamlet kommt. HAMLET Nun, Mutter, sagt: was gibts? K…NIGIN Hamlet, dein Vater ist von dir beleidigt. HAMLET Mutter, mein Vater ist von Euch beleidigt. K…NIGIN Kommt, kommt! Ihr sprecht mit einer losen Zunge. HAMLET Geht, geht! Ihr fragt mit einer bšsen Zunge. K…NIGIN Was soll das, Hamlet? HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊNun, was gibt es hier? K…NIGIN Habt Ihr mich ganz vergessen? HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊNein, beim Kreuz! Ihr seid die Kšnigin, Weib Eures Mannes Bruders, Und - wŠr es doch nicht so! - seid meine Mutter. K…NIGIN Gut, andre sollen zur Vernunft Euch bringen. HAMLET Kommt, setzt Euch nieder; Ihr sollt nicht vom Platz, Nicht gehn, bis ich Euch einen Spiegel zeige, Worin Ihr Euer Innerstes erblickt. K…NIGIN Was willst du tun? Du willst mich doch nicht morden? He, HŸlfe! HŸlfe! POLONIUS hinter der Tapete. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊHŸlfe! He, herbei! HAMLET Wie? Was? Eine Ratte? Er zieht. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊTot! fŸr 'nen Dukaten, tot! Tut einen Sto§ durch die Tapete. POLONIUS hinter der Tapete. Oh, ich bin umgebracht! FŠllt und stirbt. K…NIGIN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWeh mir! Was tatest du? HAMLET FŸrwahr, ich wei§ es nicht; ist es der Kšnig? Zieht den Polonius [hinter der Tapete] hervor. K…NIGIN O welche rasche, blutige Tat ist dies! HAMLET Ja, gute Mutter, eine blutige Tat, So schlimm beinah, als einen Kšnig tšten Und in die Eh mit seinem Bruder treten. K…NIGIN Als einen Kšnig tšten! HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊJa, so sagt ich. Zu Polonius. Du klŠglicher, vorwitzger Narr, fahr wohl! Ich nahm dich fŸr 'nen Hšhern; nimm dein Los, Du siehst, zu viel GeschŠftigkeit ist mi§lich. - Ringt nicht die HŠnde so! Still! Setzt Euch nieder, La§t Euer Herz mich ringen, denn das will ich, Wenn es durchdringlich ist, wenn nicht so ganz Verdammte Angewšhnung es gestŠhlt, Da§ es verschanzt ist gegen die Vernunft. K…NIGIN Was tat ich, da§ du gegen mich die Zunge So toben lassen darfst? HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSolch eine Tat, Die alle Huld der Sittsamkeit entstellt, Die Tugend Heuchler schilt, die Rose wegnimmt Von unschuldvoller Liebe schšner Stirn Und Beulen hinsetzt, EhgelŸbde falsch Wie Spielereide macht; o eine Tat, Die aus des Treubunds Leib die Seele wahrhaft Ausrei§t und die den sŸ§en Glauben macht Zum WortgeprŠng. Des Himmels Antlitz glŸht, Ja, diese Feste, dieses WeltgebŠude, Mit Trauermiene, wie vorm JŸngsten Tag, Ist trŸbsalskrank vor dieser Tat! K…NIGIN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWeh mir! Welch Tat, donnerverkŸndet, brŸllt so laut? HAMLET Seht hier auf dies GemŠlde und auf dies, Das nachgeahmte Gleichnis zweier BrŸder. Seht, welche Anmut wohnt auf diesen Brauen! Apollos Locken, Jovis hohe Stirn, Ein Aug wie Mars, zum Drohn und zum Gebieten, Des Gštterherolds Stellung, wenn er eben Sich niederschwingt auf himmelnahe Hšhn; In Wahrheit, ein Verein und eine Bildung, Auf die sein Siegel jeder Gott gedrŸckt, Der Welt GewŠhr fŸr einen Mann zu leisten: Dies war Eur Gatte. - Seht nur her, was folgt: Hier ist Eur Gatte, gleich der brandgen €hre Verderblich seinem Bruder. Habt Ihr Augen? Die Weide dieses schšnen Bergs verla§t Ihr Und mŠstet Euch im Sumpf? Ha, habt Ihr Augen? Nennt es nicht Liebe! Denn in Eurem Alter Ist der Tumult im Blute zahm; es schleicht Und wartet auf das Urteil; und welch Urteil Ging' wohl von dem zu dem? Sinn habt Ihr sicher, Sonst kšnnte keine Regung in Euch sein; Doch sicher ist der Sinn vom Schlag gelŠhmt, Denn Wahnwitz wŸrde hier nicht irren; nie Hat so den Sinn VerrŸcktheit unterjocht, Da§ nicht ein wenig Wahl ihm blieb, genug FŸr solchen Unterschied. Was fŸr ein Teufel Hat so beim Blindekuhspiel Euch betšrt? Sehn ohne FŸhlen, FŸhlen ohne Sehn, Ohr ohne Hand und Aug, Geruch ohn alles, Ja nur ein Teilchen eines echten Sinns Tappt nimmermehr so zu. Scham, wo ist dein Erršten? Wilde Hšlle, Empšrst du dich in der Matrone Gliedern, So sei die Keuschheit der entflammten Jugend Wie Wachs und Schmelz in ihrem Feuer hin; Ruf keine Schande aus, wenn hei§es Blut Zum Angriff stŸrmet, da der Frost ja selbst Nicht minder krŠftig brennt und die Vernunft Den Willen kuppelt. K…NIGIN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊO Hamlet, sprich nicht mehr! Du kehrst die Augen recht ins Innre mir; Da seh ich Flecke, tief und schwarz gefŠrbt, Die nicht von Farbe lassen. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊNein, zu leben Im Schwei§ und Brodem eines eklen Betts, GebrŸht in FŠulnis, buhlend und sich paarend †ber dem garstigen Nest - K…NIGIN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊO sprich nicht mehr! Mir dringen diese Worte ins Ohr wie Dolche. Nicht weiter, lieber Hamlet! HAMLET Ein Mšrder und ein Schuft; ein Knecht, nicht wert Das Zehntel eines Zwanzigteils von ihm, Der Eur Gemahl war; ein Hanswurst von Kšnig, Ein Beutelschneider von Gewalt und Reich, Der weg vom Sims die reiche Krone stahl Und in die Tasche steckte. K…NIGIN Halt inne! [Der Geist kommt.] HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊEin geflickter Lumpenkšnig! - Der Geist kommt. Schirmt mich und schwingt die FlŸgel Ÿber mir, Ihr Himmelsscharen! - Was will dein wŸrdig Bild? K…NIGIN Weh mir! Er ist verrŸckt! HAMLET Kommt Ihr nicht, Euren trŠgen Sohn zu schelten, Der Zeit und Leidenschaft versŠumt zur gro§en VollfŸhrung Eures furchtbaren Gebots? O sagt! GEIST ÊÊÊÊÊÊÊÊÊVergi§ nicht! Diese Heimsuchung Soll nur den abgestumpften Vorsatz schŠrfen. Doch schau! Entsetzen liegt auf deiner Mutter; Tritt zwischen sie und ihre Seel im Kampf; In Schwachen wirkt die Einbildung am stŠrksten: Sprich mit ihr, Hamlet! HAMLET Wie ist Euch, Mutter? K…NIGIN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊAch, wie ist denn Euch, Da§ Ihr die Augen heftet auf das Leere Und redet mit der kšrperlosen Luft? Wild blitzen Eure Geister aus den Augen, Und wie ein schlafend Heer beim WaffenlŠrm StrŠubt Euer liegend Haar sich als lebendig Empor und steht zu Berg. O lieber Sohn, Spreng auf die Hitz und Flamme deines †bels AbkŸhlende Geduld! Wo schaust du hin? HAMLET Auf ihn, auf ihn! Seht Ihr, wie bla§ er starrt? Sein Anblick, seine Sache wŸrde Steine EmpfŠnglich machen. Nein, sieh nicht auf mich, Damit nicht deine klŠgliche GebŠrde Mein strenges Tun erweicht; sonst fehlt ihm dann Die echte Art; vielleicht statt Blutes TrŠnen. K…NIGIN Mit wem besprecht Ihr Euch? HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSeht Ihr dort nichts? K…NIGIN Gar nichts; doch seh ich alles, was dort ist. HAMLET Und hšrtet Ihr auch nichts? K…NIGIN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊNein, nichts als uns. HAMLET Ha, seht nur hin! Seht, wie es weg sich stiehlt! Mein Vater in leibhaftiger Gestalt: Seht, wie er eben zu der TŸr hinausgeht! Geist ab. K…NIGIN Dies ist blo§ Eures Hirnes Ausgeburt; In solcher wesenlosen Schšpfung ist Der Wahnsinn sehr geŸbt. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDer Wahnsinn? Mein Puls hŠlt ordentlich wie Eurer Takt, Spielt ebenso gesunde Melodien; Es ist kein Wahnwitz, was ich vorgebracht. Bringt mich zur PrŸfung, und ich wiederhole Die Sach Euch Wort fŸr Wort, wovon der Wahnwitz Abspringen wŸrde. Mutter, um Eur Heil! Legt nicht die Schmeichelsalb auf Eure Seele, Da§ nur mein Wahnwitz spricht, nicht Eur Vergehn; Sie wird den bšsen Fleck nur leicht verharschen, Indes Verderbnis, heimlich untergrabend, Von innen angreift. Beichtet vor dem Himmel, Bereuet, was geschehn, und meidet KŸnftges; DŸngt nicht das Unkraut, da§ es mehr noch wuchre. Vergebt mir diese meine Tugend; denn In dieser feisten, engebrŸstgen Zeit Mu§ Tugend selbst Verzeihung flehn vom Laster, Ja kriechen, da§ sie nur ihm wohltun dŸrfe. K…NIGIN O Hamlet, du zerspaltest mir das Herz! HAMLET O werft den schlechtern Teil davon hinweg Und lebt so reiner mit der andern HŠlfte. Gute Nacht! Doch meidet meines Oheims Bett, Nehmt eine Tugend an, die Ihr nicht habt. Der Teufel Angewšhnung, der des Bšsen GefŸhl verschlingt, ist hierin Engel doch: Er gibt der †bung schšner, guter Taten Nicht minder eine Kleidung oder Tracht, Die gut sich anlegt. Seid zu Nacht enthaltsam, Und das wird eine Art von Leichtigkeit Der folgenden Enthaltung leihn, die nŠchste Wird dann noch leichter; denn die †bung kann Fast das GeprŠge der Natur verŠndern, Sie zŠhmt den Teufel oder stš§t ihn aus Mit wunderbarer Macht. Nochmals, schlaft wohl! Um Euren Segen Bitt ich, wenn Ihr selbst Nach Segen erst verlangt. - FŸr diesen Herrn Tut es mir leid: Der Himmel hat gewollt, Um mich durch dies und dies durch mich zu strafen, Da§ ich ihm Diener mu§ und Gei§el sein. Ich will ihn schon besorgen und den Tod, Den ich ihm gab, vertreten. Schlaft denn wohl! Zur Grausamkeit zwingt blo§e Liebe mich; Schlimm fŠngt es an, und Schlimmres nahet sich. Ein Wort noch, gute Mutter! K…NIGIN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWas soll ich tun? HAMLET Durchaus nicht das, was ich Euch hei§e tun; La§t den gedunsnen Kšnig Euch ins Bett Von neuem locken, in die Wangen Euch Mutwillig kneipen, Euch sein MŠuschen nennen, Und fŸr ein paar verbuhlte KŸss', ein Spielen In Eurem Nacken mit verdammten Fingern, Bringt diesen ganzen Handel an den Tag, Da§ ich in keiner wahren Tollheit bin, Nur toll aus List. Gut wŠrs, Ihr lie§ts ihn wissen! Denn welche Kšnigin, schšn, keusch und klug, Verhehlte einer Kršte, einem Molch So teure Dinge wohl? Wer tŠte das? Nein, trotz Erkenntnis und Verschwiegenheit Lšst auf dem Dach des Korbes Deckel, la§t Die Všgel fliegen und, wie jener Affe, Kriecht in den Korb, um Proben anzustellen, Und brecht Euch selbst den Hals! K…NIGIN Sei du gewi§: Wenn Worte Atem sind, Und Atem Leben ist, hab ich kein Leben, Das auszuatmen, was du mir gesagt. HAMLET Ich mu§ nach England; wi§t Ihrs? K…NIGIN Ach, ich verga§; es ist so ausgemacht. HAMLET Man siegelt Briefe; meine Schulgesellen, Die beiden, denen ich wie Nattern traue, Sie bringen die Bestellung hin; sie mŸssen Den Weg mir bahnen und zur Schurkerei Herolden gleich mich fŸhren. Sei es drum! Der Spa§ ist, wenn mit seinem eignen Pulver Der Feuerwerker auffliegt; und mich trŸgt Die Rechnung, wenn ich nicht ein Klafter tiefer Als ihre Minen grab und sprenge sie Bis an den Mond. O es ist gar zu schšn, Wenn so zwei Listen sich entgegengehn! - Der Mann packt mir 'ne Last auf; Ich will den Wanst ins nŠchste Zimmer schleppen. - Nun, Mutter, gute Nacht! - Der Ratsherr da Ist jetzt sehr still, geheim und ernst fŸrwahr, Der sonst ein schelmischer, alter SchwŠtzer war. Kommt, Herr, ich mu§ mit Euch ein Ende machen. - Gute Nacht, Mutter! Sie gehen nach verschiedenen Seiten ab. Hamlet schleift den Polonius hinaus. ------------------------------------------------------------------------ VIERTER AKT ERSTE SZENE Ein Zimmer im Schlosse Der Kšnig, die Kšnigin, Rosenkranz und GŸldenstern. K…NIG In diesen tiefen Seufzern ist ein Sinn; Legt sie Uns aus, Wir mŸssen sie verstehn. Wo ist Eur Sohn? K…NIGIN zu Rosenkranz und GŸldenstern. RŠumt diesen Platz uns auf ein Weilchen ein. Die beiden ab. Ah, mein Gemahl, was sah ich diese Nacht! K…NIG Wie, Gertrud? Was macht Hamlet? K…NIGIN Er rast wie See und Wind, wenn beide kŠmpfen, Wer mŠchtger ist; in seiner wilden Wut, Da er was hinterm Teppich rauschen hšrt, Rei§t er die Kling heraus, schreit: eine Ratte! - Und tštet so in seines Wahnes Hitze Den ungesehnen guten alten Mann. K…NIG O schwere Tat! So wŠr es Uns geschehn, Wenn Wir daselbst gestanden. Seine Freiheit Droht aller Welt, Euch selbst, Uns, jedem andern. Ach, wer steht ein fŸr diese blutge Tat? Uns wird zur Last sie fallen, deren Vorsicht Den tollen jungen Mann eng eingesperrt Und fern von Menschen hŠtte halten sollen. Doch Unsre Liebe war so gro§, da§ Wir Nicht einsehn wollten, was das Beste war. Und wie der Eigner eines bšsen Schadens, Den er geheim hŠlt, lie§en Wir ihn zehren Recht an des Lebens Mark. Wo ist er hin? K…NIGIN Er schafft den Leichnam des Erschlagnen weg, Wobei sein Wahnsinn wie ein Kšrnchen Gold In einem Erz von schlechteren Metallen Sich rein beweist: er weint um das Geschehne. K…NIG O Gertrud, la§t uns gehn! Sobald die Sonne an die Berge tritt, Schifft man ihn ein; und diese schnšde Tat Mu§ Unsre ganze MajestŠt und Kunst Vertreten und entschuldigen. - He, GŸldenstern! Rosenkranz und GŸldenstern kommen. Geht, beide Freunde, nehmt Euch wen zu HŸlfe. Hamlet hat den Polonius umgebracht In seinem tollen Mut und ihn darauf Aus seiner Mutter Zimmer weggeschleppt. Geht, sucht ihn, sprecht ihm zu und bringt den Leichnam In die Kapell. Ich bitt Euch, eilt hiebei. Rosenkranz und GŸldenstern ab. Kommt, Gertrud, rufen wir von unsern Freunden Die klŸgsten auf und machen ihnen kund, Was wir zu tun gedenken und was leider Geschehn. So kann der schlangenartge Leumund, Des Zischeln von dem einen Pol zum andern, So sicher wie zum Ziele die Kanone Den giftgen Schu§ trŠgt, unsern Namen noch Verfehlen und die Luft unschŠdlich treffen. O komm hinweg mit mir! Entsetzen ist In meiner Seel und innerlicher Zwist. Beide ab. ZWEITE SZENE Ein andres Zimmer im Schlosse Hamlet kommt. HAMLET Sicher beigepackt. ROSENKRANZ und G†LDENSTERN hinter der Szene. Hamlet! Prinz Hamlet! HAMLET Aber still - was fŸr ein LŠrm? Wer ruft den Hamlet? Oh, da kommen sie. Rosenkranz und GŸldenstern kommen. ROSENKRANZ Was habt Ihr mit dem Leichnam, Prinz, gemacht? HAMLET Ihn mit dem Staub gepaart, dem er verwandt. ROSENKRANZ Sagt uns den Ort, da§ wir ihn weg von da In die Kapelle tragen. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊGlaubt es nicht. ROSENKRANZ Was nicht glauben? HAMLET Da§ ich Euer Geheimnis bewahren kann und meines nicht. †berdies, sich von einem Schwamme fragen zu lassen! Was fŸr eine Antwort soll der Sohn eines Kšnigs darauf geben? ROSENKRANZ Nehmt Ihr mich fŸr einen Schwamm, gnŠdiger Herr? HAMLET Ja, Herr, der des Kšnigs Miene, seine Gunstbezeugungen und Befehle einsaugt. Aber solche Beamte tun dem Kšnige den besten Dienst am Ende. Er hŠlt sie, wie ein Affe den Apfel, im Winkel seines Kinnbackens: zuerst in den Mund gesteckt, um zuletzt verschlungen zu werden. Wenn er braucht, was Ihr aufgesammelt habt, so darf er Euch nur drŸcken, so seid Ihr, Schwamm, wieder trocken. ROSENKRANZ Ich verstehe Euch nicht, gnŠdiger Herr. HAMLET Es ist mir lieb; eine lose Rede schlŠft in dummen Ohren. ROSENKRANZ GnŠdiger Herr, Ihr mŸ§t uns sagen, wo die Leiche ist, und mit uns zum Kšnige gehn. HAMLET Die Leiche ist beim Kšnig, aber der Kšnig ist nicht bei der Leiche. Der Kšnig ist ein Ding - G†LDENSTERN Ein Ding, gnŠdiger Herr? HAMLET - das nichts ist. Bringt mich zu ihm! Versteck dich, Fuchs, und alle hinterdrein! Alle ab. DRITTE SZENE Ein andres Zimmer im Schlosse Der Kšnig tritt auf mit Gefolge. K…NIG Ich la§ ihn holen und den Leichnam suchen. O wie gefŠhrlich ists, da§ dieser Mensch So frank umhergeht! Dennoch dŸrfen wir Nicht nach dem strengen Recht mit ihm verfahren; Er ist beliebt bei der verworrnen Menge, Die mit dem Aug, nicht mit dem Urteil wŠhlt, Und wo das ist, wŠgt man des Schuldgen Plage, Doch nie die Schuld. Um alles auszugleichen, Mu§ diese schnelle Wegsendung ein Schritt Der †berlegung scheinen; wenn die Krankheit Verzweifelt ist, kann ein verzweifelt Mittel Nur helfen, oder keins. Rosenkranz kommt. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWas ist geschehn? ROSENKRANZ Wo er die Leiche hingeschafft, mein FŸrst, Vermšgen wir von ihm nicht zu erfahren. K…NIG Wo ist er selber? ROSENKRANZ ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDrau§en, gnŠdger Herr, Bewacht, um Eur Belieben abzuwarten. K…NIG So bringt ihn vor Uns! ROSENKRANZ He, GŸldenstern! Bringt den gnŠdigen Herrn herein! Hamlet und GŸldenstern kommen. K…NIG Nun, Hamlet, wo ist Polonius? HAMLET Beim Nachtmahl. K…NIG Beim Nachtmahl? Wo? HAMLET Nicht wo er speist, sondern wo er gespeist wird. Eine gewisse Reichsversammlung von politischen WŸrmern hat sich eben an ihn gemacht. So 'n Wurm ist Euch der einzige Kaiser, was die Tafel betrifft. Wir mŠsten alle andern Kreaturen, um uns zu mŠsten, und uns selber mŠsten wir fŸr Maden. Der fette Kšnig und der magre Bettler sind nur verschiedne Gerichte; zwei SchŸsseln, aber fŸr eine Tafel: das ist das Ende vom Liede. K…NIG Ach Gott, ach Gott! HAMLET Jemand kšnnte mit dem Wurm fischen, der von einem Kšnig gegessen hat, und von dem Fisch essen, der den Wurm verzehrte. K…NIG Was meinst du damit? HAMLET Nichts, als Euch zu zeigen, wie ein Kšnig seinen Weg durch die GedŠrme eines Bettlers nehmen kann. K…NIG Wo ist Polonius? HAMLET Im Himmel. Schickt hin, la§t nachsehn! Wenn Euer Bote ihn da nicht findet, so sucht ihn selbst an dem andern Orte. Aber wahrhaftig, wo Ihr ihn nicht binnen dieses Monats findet, so werdet Ihr ihn wittern, wenn Ihr die Treppe zur Galerie hinaufgeht. K…NIG zu einigen aus dem Gefolge. Geht, sucht ihn dort! HAMLET Er wird warten, bis ihr kommt. Einige aus dem Gefolge ab. K…NIG Hamlet, fŸr deine eigne Sicherheit, Die Uns so wert ist, wie Uns innig krŠnkt, Was du begangen hast, mu§ diese Tat In feuriger Eile dich von hinnen senden. Drum rŸste dich; das Schiff liegt schon bereit, Der Wind ist gŸnstig, die GefŠhrten warten, Und alles treibt nach England auf und fort. HAMLET Nach England? K…NIG Ja, Hamlet. HAMLET Gut. K…NIG So ist es, wenn du unsre Absicht wŸ§test. HAMLET Ich sehe einen Cherub, der sie sieht. - Aber kommt! Nach England! - Lebt wohl, liebe Mutter! K…NIG Dein liebevoller Vater, Hamlet. HAMLET Meine Mutter. Vater und Mutter sind Mann und Weib; Mann und Weib sind ein Fleisch: also meine Mutter. - Kommt, nach England! Ab. K…NIG Folgt auf dem Fu§ ihm, lockt ihn schnell an Bord; Verzšgert nicht; er mu§ zu Nacht von hinnen. Fort! Alles ist versiegelt und geschehn, Was sonst die Sache heischt. Ich bitt Euch, eilt. Rosenkranz und GŸldenstern ab. Und, England, gilt dir meine Liebe was, Wie meine Macht sie dich kann schŠtzen lehren - Denn noch ist deine Narbe wund und rot Vom DŠnenschwert, und deine Ehrfurcht leistet Uns willig Lehenspflicht -, so darfst du nicht Das oberherrliche Gehei§ versŠumen, Das durch ein darauf zielndes Schreiben dringt Auf Hamlets schnellen Tod. O tu es, England! Wie hektisch Fieber rast er mir im Blut, Du mu§t mich heilen! Mag mir alles glŸcken; Bis dies geschehn ist, kann mich nichts erquicken. Ab. VIERTE SZENE Eine Ebene in DŠnemark Fortinbras und Truppen, im Marsch begriffen. FORTINBRAS Geht, Hauptmann, grŸ§t von mir den DŠnenkšnig, Sagt ihm, da§ Fortinbras auf sein Gestatten FŸr den versprochnen Zug durch sein Gebiet Geleit begehrt. Ihr wi§t, wo wir uns treffen. Wenn Seine MajestŠt uns sprechen will, So wollen wir pflichtmŠ§ig ihn begrŸ§en: Das meldet ihm! HAUPTMANN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊIch will es tun, mein Prinz. FORTINBRAS RŸckt langsam vor! Fortinbras und Truppen ab. Hamlet, Rosenkranz, GŸldenstern und andere kommen. HAMLET Wes sind die Truppen, lieber Herr? HAUPTMANN Sie sind von Norweg, Herr. HAMLET Wozu bestimmt, ich bitt Euch? HAUPTMANN Sie rŸcken gegen Polen. HAMLET Wer fŸhrt sie an? HAUPTMANN Des alten Norwegs Neffe, Fortinbras. HAMLET Und geht es auf das ganze Polen oder Auf einen Grenzort nur? HAUPTMANN Um wahr zu reden und mit keinem Zusatz, Wir gehn, ein kleines Fleckchen zu gewinnen, Das keinen Vorteil als den Namen bringt. FŸr fŸnf Dukaten, fŸnf, mšcht ichs nicht pachten, Auch bringts dem Norweg oder Polen sicher Nicht mehr, wenn man auf Erbzins es verkauft. HAMLET So wird es der Polack nicht halten wollen. HAUPTMANN Doch; es ist schon besetzt. HAMLET Zweitausend Seelen, zwanzigtausend GoldstŸck Entscheiden diesen Lumpenzwist noch nicht. Dies ist des Wohlstands und der Ruh GeschwŸr, Das innen aufbricht, wŠhrend Šu§erlich Kein Todesgrund sich zeigt. - Ich dank Euch, Herr. HAUPTMANN Geleit Euch Gott! Ab. ROSENKRANZ ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊBeliebt es Euch zu gehn? HAMLET Ich komme gleich Euch nach. Geht nur voran! [Rosenkranz und die Ÿbrigen ab.] Alle au§er Hamlet ab. Wie jeder Anla§ mich verklagt und spornt Die trŠge Rache an! Was ist der Mensch, Wenn seiner Zeit Gewinn, sein hšchstes Gut Nur Schlaf und Essen ist? Ein Vieh, nichts weiter. Gewi§, der uns mit solcher Denkkraft schuf, Voraus zu schaun und rŸckwŠrts, gab uns nicht Die FŠhigkeit und gšttliche Vernunft, Da§ ungebraucht sie in uns schimmle. Nun, Sei's viehisches Vergessen oder sei's Ein banger Zweifel, welcher zu genau Bedenkt den Ausgang - ein Gedanke, der, Zerlegt man ihn, ein Viertel Weisheit nur Und stets drei Viertel Feigheit hat -, ich wei§ nicht, Weswegen ich noch lebe, um zu sagen: ÈDies mu§ geschehnÇ; da ich doch Grund und Willen Und Kraft und Mittel hab, um es zu tun. Beispiele, die zu greifen, mahnen mich. So dieses Heer von solcher Zahl und StŠrke, Von einem zarten Prinzen angefŸhrt, Des Mut, von hoher Ehrbegier geschwellt, Die Stirn dem unsichtbaren Ausgang beut Und gibt sein sterblich und verletzbar Teil Dem GlŸck, dem Tode, den Gefahren preis, FŸr eine Nu§schal. Wahrhaft gro§ sein, hei§t, Nicht ohne gro§en Gegenstand sich regen, Doch einen Strohhalm selber gro§ verfechten, Wenn Ehre auf dem Spiel. Wie steh denn ich, Den seines Vaters Mord, der Mutter Schande, Antriebe der Vernunft und des GeblŸts, Den nichts erweckt? Ich seh indes beschŠmt Den nahen Tod von zwanzigtausend Mann, Die fŸr 'ne Grille, ein Phantom des Ruhms Zum Grab gehn wie ins Bett; es gilt ein Fleckchen, Worauf die Zahl den Streit nicht fŸhren kann, Nicht Gruft genug und Raum, um die Erschlagnen Nur zu verbergen. O von Stund an trachtet Nach Blut, Gedanken, oder seid verachtet! Ab. F†NFTE SZENE Helsingšr. Ein Zimmer im Schlosse Die Kšnigin, [und] Horatio und ein Edelmann treten auf. K…NIGIN Ich will nicht mit ihr sprechen. [HORATIO] EDELMANN Sie ist sehr dringend; wirklich, au§er sich; Ihr Zustand ist erbarmenswert. K…NIGIN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWas will sie? [HORATIO] EDELMANN Sie spricht von ihrem Vater, sagt, sie hšre, Die Welt sei schlimm, und Šchzt und schlŠgt die Brust; Ein Strohhalm Šrgert sie; sie spricht verworren Mit halbem Sinn nur; ihre Red ist nichts, Doch leitet ihre ungestalte Art Die Hšrenden auf SchlŸsse; man errŠt, Man stŸckt zusammen ihrer Worte Sinn, Die sie mit Nicken gibt, mit Winken, Mienen, So da§ man wahrlich denken mu§; man kšnnte Zwar nichts gewi§, jedoch viel Arges denken. [K…NIGIN] HORATIO Man mu§ doch mit ihr sprechen; sie kann Argwohn In Unheil brŸtende GemŸter streun. K…NIGIN La§t sie nur vor! - Horatio ab. Der kranken Seele, nach der Art der SŸnden, Scheint jeder Tand ein UnglŸck zu verkŸnden, Von so betšrter Furcht ist Schuld erfŸllt, Da§, sich verbergend, sie sich selbst enthŸllt. Horatio kommt mit Ophelia. OPHELIA Wo ist die schšne MajestŠt von DŠnmark? K…NIGIN Wie gehts, Ophelia? OPHELIA singt. Wie erkenn ich dein Treulieb Vor den andern nun? An dem Muschelhut und Stab Und den Sandelschuhn. K…NIGIN Ach, sŸ§es FrŠulein, wozu soll dies Lied? OPHELIA Was beliebt? Nein, bitte, hšrt: Singt. Er ist lange tot und hin, Tot und hin, FrŠulein! Ihm zu HŠupten ein Rasen grŸn, Ihm zu Fu§ ein Stein. Oh! K…NIGIN Aber sagt, Ophelia - OPHELIA ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊBitt Euch, hšrt: Singt. Sein Leichenhemd wei§ wie Schnee zu sehn - Der Kšnig tritt auf. K…NIGIN Ach, mein Gemahl, seht hier! OPHELIA singt. Geziert mit Blumensegen, Das unbetrŠnt zum Grab mu§t gehn Von Liebesregen. K…NIG Wie gehts Euch, holdes FrŠulein? OPHELIA Gottes Lohn, recht gut! Sie sagen, die Eule war eines BŠckers Tochter. Ach Herr, wir wissen wohl, was wir sind, aber nicht, was wir werden kšnnen. Gott segne Euch die Mahlzeit! K…NIG Anspielung auf ihren Vater. OPHELIA Bitte, la§t uns darŸber nicht sprechen; aber wenn sie Euch fragen, was es bedeutet, sagt nur: Singt. Auf morgen ist Sankt Valentins Tag, Wohl an der Zeit noch frŸh, Und ich 'ne Maid am Fensterschlag Will sein eur Valentin. Er war bereit, tŠt an sein Kleid, TŠt auf die KammertŸr, Lie§ ein die Maid, die als 'ne Maid Ging nimmermehr herfŸr. K…NIGIN Holde Ophelia! OPHELIA FŸrwahr, ohne Schwur, ich will ein Ende machen: Singt. Bei unsrer Frau und Sankt Kathrin! O pfui! was soll das sein? Ein junger Mann tuts, wenn er kann, Beim Himmel, 's ist nicht fein. Sie sprach: Eh Ihr gescherzt mit mir, Gelobtet Ihr mich zu frein.Er antwortet: Ich brŠchs auch nicht, beim Sonnenlicht! WŠrst du nicht kommen herein. K…NIG Wie lang ist sie schon so? OPHELIA Ich hoffe, alles wird gut gehn. Wir mŸssen geduldig sein; aber ich kann nicht anders als weinen, wenn ich denke, da§ sie ihn in den kalten Boden gelegt haben. Mein Bruder soll davon wissen, und so dank ich euch fŸr euren guten Rat. Komm, meine Kutsche! Gute Nacht, Damen, gute Nacht, sŸ§e Damen, gute Nacht, gute Nacht! Ab. K…NIG Folgt auf dem Fu§ ihr doch; bewacht sie recht! Horatio ab. O dies ist Gift des tiefen Grams, es quillt Aus ihres Vaters Tod. Und seht nun an, O Gertrud, Gertrud, wenn die Leiden kommen, So kommen sie wie einzelne SpŠher nicht, Nein, in Geschwadern. Ihr Vater umgebracht; Fort Euer Sohn, er selbst der wŸste Stifter Gerechten eignen Banns; das Volk verschlŠmmt, SchŠdlich und trŸb in WŠhnen und Vermuten Vom Tod des redlichen Polonius; Und tšricht wars von uns, so unterm Husch Ihn zu bestatten; dann dies arme Kind, Getrennt von sich und ihrem edlen Urteil, Ohn welches wir nur Bilder sind, nur Tiere. Zuletzt, was mehr als alles in sich schlie§t: Ihr Bruder ist von Frankreich insgeheim ZurŸckgekehrt, nŠhrt sich mit seinem Staunen, HŠlt sich in Wolken und ermangelt nicht Der OhrenblŠser, um ihn anzustecken Mit giftgen Reden von des Vaters Tod, Wobei Verlegenheit, an Vorwand arm, Sich nicht entblšden wird, Uns zu verklagen Von Ohr zu Ohr. O liebste Gertrud, dies Gibt wie ein Traubenschu§ an vielen Stellen Mir ŸberflŸ§gen Tod. LŠrm hinter der Szene. K…NIGIN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊO weh! Was fŸr ein LŠrm? [Ein Edelmann kommt.] K…NIG Herbei! Wo sind die Schweizer? La§t die TŸr bewachen. Ein Edelmann kommt. Was gibt es drau§en? EDELMANN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊRettet Euch, mein FŸrst! Der Ozean, entwachsend seinem Saum, Verschlingt die Niedrung ungestŸmer nicht, Als an der Spitze eines Meutrerhaufens Laertes Eure Diener Ÿbermannt. Der Pšbel nennt ihn Herrn, und gleich als finge Die Welt erst an, als wŠr das Altertum Vergessen und Gewohnheit nicht bekannt, Die StŸtzen und BekrŠftger jedes Worts, Schrein sie: ErwŠhlen wir! Laertes werde Kšnig! Und MŸtzen, HŠnde, Zungen tragens jubelnd Bis an die Wolken: Kšnig sei Laertes! Laertes Kšnig! K…NIGIN Sie schlagen lustig an auf falscher FŠhrte. Verkehrt gespŸrt, ihr falschen DŠnenhunde! LŠrm hinter der Szene. K…NIG Die TŸren sind gesprengt. Laertes kommt bewaffnet. DŠnen hinter ihm. LAERTES Wo ist denn dieser Kšnig? - Herrn, bleibt drau§en! D€NEN Nein, la§t uns mit hinein! LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊIch bitt, erlaubt mir! D€NEN Gut, wie Ihr wollt. Sie ziehen sich hinter die TŸr zurŸck. LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDank Euch! Besetzt die TŸr! - Du schnšder Kšnig, gib mir meinen Vater. K…NIGIN Guter Laertes, ruhig! LAERTES Der Tropfe Bluts, der ruhig ist, erklŠrt FŸr Bastard mich, schilt Hahnrei meinen Vater, Brandmarkt als Metze meine treue Mutter, Hier zwischen ihren reinen, keuschen Braun. K…NIG Was ist der Grund, Laertes, da§ dein Aufstand So riesenmŠ§ig aussieht? - La§t ihn, Gertrud, BefŸrchtet nichts fŸr Unsere Person, Denn solche Gšttlichkeit schirmt einen Kšnig: Verrat, der nur erblickt, was er gewollt, Steht ab von seinem Willen. - Sag, Laertes, Was bist du so entrŸstet? - Gertrud, la§t ihn! - Sprich, junger Mann. LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWo ist mein Vater? K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊTot. K…NIGIN Doch nicht durch ihn. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊLa§t ihn nur satt sich fragen. LAERTES Wie kam er um? Ich lasse mich nicht Šffen. Zur Hšlle, Treu! Zum Šrgsten Teufel, Eide! Gewissen, Fršmmigkeit, zum tiefsten Schlund! Ich trotze der Verdammnis; so weit kams: Ich schlage beide Welten in die Schanze, Mag kommen, was da kommt! Nur Rache will ich Vollauf fŸr meinen Vater. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWer wird Euch hindern? LAERTES Mein Wille, nicht der ganzen Welt Gebot, Und meine Mittel will ich so verwalten, Da§ wenig weit soll reichen. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊHšrt, Laertes, Wenn Ihr von Eures teuren Vaters Tod Das Sichre wissen wollt: Ists Eurer Rache Schlu§, Als Sieger in dem Spiel so Freund als Feind, Gewinner und Verlierer fortzurei§en? LAERTES Nur seine Feinde. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWollt Ihr sie denn kennen? LAERTES Den Freunden will ich weit die Arme šffnen Und wie der Lebensopfrer Pelikan Mit meinem Blut sie trŠnken. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSo, nun sprecht Ihr Als guter Sohn und echter Edelmann. Da§ ich an Eures Vaters Tode schuldlos Und am empfindlichsten dadurch gekrŠnkt, Soll Eurem Urteil offen dar sich legen, Wie Tageslicht dem Aug. D€NEN hinter der Szene. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊLa§t sie hinein! LAERTES Was gibts? Was fŸr ein LŠrm? Ophelia kommt, phantastisch mit KrŠutern und Blumen geschmŸckt. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊO Hitze, trockne Mein Hirn auf! TrŠnen, siebenfach gesalzen, Brennt meiner Augen Kraft und Tugend aus! Bei Gott, dein Wahnsinn soll bezahlt uns werden Nach dem Gewicht, bis unsre Waagschal sinkt! O Maienrose! SŸ§es Kind! Ophelia! Geliebte Schwester! - Himmel, kann es sein, Da§ eines jungen MŠdchens Witz so sterblich Als eines alten Mannes Leben ist? Natur ist fein im Lieben; wo sie fein ist, Da sendet sie ein kostbar Pfand von sich Dem, was sie liebhat, nach. OPHELIA singt. Sie trugen ihn auf der Bahre blo§, He non nonni, nonni, he nonni! Und manche TrŠn fiel in Grabes Scho§ - Fahr wohl, meine Taube! LAERTES HŠttst du Vernunft und mahntest uns zur Rache, Es kšnnte so nicht rŸhren. OPHELIA Ihr mŸ§t singen: È'nunter, hinunter, und ruft ihr ihn 'nunter!Ç O wie das Rad dazu klingt! Es ist der falsche Verwalter, der seines Herrn Tochter stahl. LAERTES Dies Nichts ist mehr als Etwas. OPHELIA Da ist Vergi§meinnicht, das ist zum Andenken; ich bitte Euch, liebes Herz, gedenkt meiner! - Und da ist Rosmarin, das ist fŸr die Treue. LAERTES Ein Sinnspruch im Wahnsinn: Treue und Andenken bezeichnet. OPHELIA Da ist Fenchel fŸr Euch und Aglei - da ist Raute fŸr Euch, und hier ist welche fŸr mich; wir kšnnen sie Sonntagsgnadenkraut nennen. - Ihr kšnnt Eure Raute mit einem Zeichen tragen. - Da ist Ma§lieb - ich wollte Euch ein paar Veilchen geben, aber sie welkten alle, da mein Vater starb. - Sie sagen, er nahm ein gutes Ende. - Singt. Denn traut lieb FrŠnzel ist all meine Lust - LAERTES Schwermut und Trauer, Leid, die Hšlle selbst Macht sie zur Anmut und zur Artigkeit. OPHELIA singt. Und kommt er nicht mehr zurŸck? Und kommt er nicht mehr zurŸck? Er ist tot, o weh! In dein Todesbett geh, Er kommt ja nimmer zurŸck. Sein Bart war so wei§ wie Schnee, Sein Haupt dem Flachse gleich: Er ist hin, er ist hin, Und kein Leid bringt Gewinn; Gott helf ihm ins Himmelreich! Und allen Christenseelen! Darum bet ich! Gott sei mit euch. Ab. LAERTES Seht Ihr das? O Gott! K…NIG Laertes, la§t mit Euerm Gram mich sprechen, Versagt mir nicht mein Recht. Entfernt Euch nur, WŠhlt die verstŠndigsten von Euren Freunden Und la§t sie richten zwischen Euch und mir. Wenn sie zunŠchst Uns, oder mittelbar, Dabei betroffen finden, wollen Wir Reich, Krone, Leben, was nur Unser hei§t, Euch zur VergŸtung geben; doch wo nicht, So seid zufrieden, Uns Geduld zu leihn; Wir wollen dann, vereint mit Eurer Seele, Sie zu befriedigen trachten. LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊJa, so sei's. Die Todesart, die heimliche Bestattung, Kein Schwert noch Wappen Ÿber seiner Gruft, Kein hoher Brauch noch fšrmliches GeprŠng, Alles ruft laut vom Himmel bis zur Erde, Da§ ichs zur Frage ziehn mu§. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊGut, das sollt Ihr, Und wo die Schuld ist, mag das Strafbeil fallen. Ich bitt Euch, folget mir! Alle ab. SECHSTE SZENE Ein andres Zimmer im Schlosse Horatio und ein Diener treten auf. HORATIO Was sinds fŸr Leute, die mich sprechen wollen? DIENER Matrosen, Herr; sie haben, wie sie sagen, Euch Briefe zu bestellen. HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊLa§t sie vor! Diener ab. Ich wŸ§te nicht, von welchem Teil der Welt Ein Gru§ mir kŠme als vom Prinzen Hamlet. Matrosen kommen. ERSTER MATROSE Gott segn Euch, Herr! HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDich segn er ebenfalls. ERSTER MATROSE Das wird er, Herr, so es ihm gefŠllt. Hier ist ein Brief fŸr Euch, Herr - er kommt von dem Gesandten, der nach England reisen sollte -, wenn Euer Name Horatio ist, wie man mir versichert. HORATIO liest. Horatio, wenn Du dies durchgesehn haben wirst, verschaffe diesen Leuten Zutritt beim Kšnige; sie haben Briefe fŸr ihn. Wir waren noch nicht zwei Tage alt auf See, als ein stark gerŸsteter Pirat Jagd auf uns machte. Da wir uns im Segeln zu langsam fanden, legten wir eine notgedrungene Tapferkeit an, und wŠhrend des Handgemenges enterte ich; in dem Augenblick machten sie sich von unserm Schiffe los, und so wand ich allein ihr Gefangner. Sie haben mich wie barmherzige Diebe behandelt, aber sie wu§ten wohl, was sie taten; ich mu§ einen guten Streich fŸr sie tun. Sorge, da§ der Kšnig die Briefe bekommt, die ich sende, und begib Dich zu mir in solcher Eile, als Du den Tod fliehen wŸrdest. Ich habe Dir Worte ins Ohr zu sagen, die Dich stumm machen werden, doch sind sie viel zu leicht fŸr das Gewicht der Sache. Diese guten Leute werden Dich hinbringen, wo ich bin. Rosenkranz und GŸldenstern setzen ihre Reise nach England fort; Ÿber sie hab ich Dir viel zu sagen. Lebe wohl! Den Du als den Deinen kennst, Hamlet. ÊÊÊÊKommt, ich will diese eure Briefe fšrdern, ÊÊÊÊUnd um so schneller, da§ ihr hin mich fŸhrt ÊÊÊÊZu ihm, der sie euch mitgab. Alle ab. SIEBENTE SZENE Ein andres Zimmer im Schlosse Der Kšnig und Laertes treten auf. K…NIG Nun mu§ doch Eur Gewissen meine Unschuld Versiegeln, und Ihr mŸ§t in Euer Herz Als Freund mich schlie§en, weil Ihr habt gehšrt, Und mit verstŠndigem Ohr, da§ eben der, Der Euren edlen Vater umgebracht, Mir nach dem Leben stand. LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSo ists. Doch sagt mir, Warum belangtet Ihr nicht diese Taten, Die so verbrecherisch und todeswŸrdig, Wie Eure Grš§e, Weisheit, Sicherheit, Wie alles sonst Euch drang? K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊAus zwei besondern GrŸnden, Die Euch vielleicht sehr marklos dŸnken mšgen, Allein fŸr mich doch stark sind. Seine Mutter, Die Kšnigin, lebt fast von seinem Blick, Und was mich selbst betrifft - sei's, was es sei, Entweder meine Tugend oder Qual - Sie ist mir so vereint in Seel und Leben: Wie sich der Stern in seinem Kreis nur regt, Kšnnt ichs nicht ohne sie. Der andre Grund, Warum ichs nicht zur Sprache bringen durfte, Ist, da§ der gro§e Hauf an ihm so hŠngt: Sie tauchen seine Fehl' in ihre Liebe, Die, wie der Quell, der Holz in Stein verwandelt, Aus Tadel Lob macht, so da§ meine Pfeile, Zu leicht gezimmert fŸr so scharfen Wind, ZurŸckgekehrt zu meinem Bogen wŠren Und nicht zum Ziel gelangt. LAERTES Und so verlor ich einen edlen Vater, So wand mir eine Schwester hoffnungslos ZerrŸttet, deren Wert, wofern das Lob ZurŸckgehn darf, auf unsrer Zeiten Hšhe Auffordernd stand zu gleicher Trefflichkeit. Doch kommen soll die Rache! K…NIG Schlaft deshalb ruhig nur. Ihr mŸ§t nicht denken, Wir wŠren aus so trŠgem Stoff gemacht, Da§ Wir Gefahr am Bart Uns raufen lie§en Und hielten es fŸr Kurzweil. Ihr vernehmt Mit nŠchstem mehr. Ich liebte Euren Vater, Auch lieben Wir Uns selbst: das, hoff ich, wird Euch einsehn lehren - Ein Bote kommt. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊNun? Was gibt es Neues? BOTE Herr, Briefe sinds von Hamlet; dieser da FŸr Eure MajestŠt, der fŸr die Kšnigin. K…NIG Von Hamlet? Und wer brachte sie? BOTE Matrosen, hei§t es, Herr; ich sah sie nicht. Mir gab sie Claudio, der vom †berbringer Sie selbst empfing. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊLaertes, Ihr sollt hšren. - La§t uns! Bote ab. Liest. Gro§mŠchtigster! Wisset, da§ ich nackt an Euer Reich ausgesetzt bin. Morgen werde ich um Erlaubnis bitten, vor Euer kšnigliches Auge zu treten, und dann werde ich, wenn ich Euch erst um VergŸnstigung dazu ersucht, die Veranlassung meiner plštzlichen und wunderbaren RŸckkehr berichten. Hamlet. Was hei§t dies? Sind sie alle wieder da? Wie? Oder ists Betrug und nichts daran? LAERTES Kennt Ihr die Hand? K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊEs sind Hamlets ZŸge. ÈNacktÇ, Und in der Nachschrift hier sagt er: ÈAlleinÇ. Kšnnt Ihr mir raten? LAERTES Ich bin ganz irr, mein FŸrst. Allein er komme! Erfrischt es doch mein HerzensŸbel recht, Da§ ichs ihm in die ZŠhne rŸcken kann: Das tatest du! K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWenn es so ist, Laertes - Wie kann es nur so sein? Wie anders? -, wollt Ihr Euch von mir stimmen lassen? LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊJa, mein FŸrst, Wenn Ihr mich nicht zum Frieden stimmen wollt. K…NIG Zu deinem Frieden. Ist er heimgekehrt, Als stutzig vor der Reis' und denkt nicht mehr Sie vorzunehmen, so beweg ich ihn Zu einem ProbstŸck, reif in meinem Sinn, Wobei sein Fall gewi§ ist; und es soll Um seinen Tod kein LŸftchen Tadel wehn, Selbst seine Mutter soll die List nicht zeihen, Nein, nenne Zufall sie! LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊIch will Euch folgen, Herr, Und um so mehr, wenn Ihrs zu machen wŸ§tet, Da§ ich das Werkzeug wŠr. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSo trifft sichs eben. Man hat seit Eurer Reis' Euch viel gerŸhmt, Und das vor Hamlets Ohr, um eine Eigenschaft, Worin Ihr, sagt man, glŠnzt; all Eure Gaben Entlockten ihm gesamt nicht so viel Neid Als diese eine, die nach meiner SchŠtzung Vom letzten Rang ist. LAERTES Und welche Gabe wŠr das, gnŠdger Herr? K…NIG Ein blo§es Band nur um den Hut der Jugend, Doch nštig auch, denn leichte, lose Tracht Ziemt minder nicht der Jugend, die sie trŠgt, Als dem gesetzten Alter Pelz und Mantel Gesundheit schafft und Ansehn. - Vor zwei Monden War hier ein Ritter aus der Normandie. Ich kenne selbst die Franken aus dem Krieg, Und sie sind gut zu Pferd; doch dieser Brave Tat Zauberding'; er wuchs am Sitze fest Und lenkt' sein Pferd zu solchen WunderkŸnsten, Als wŠr er einverleibt und halbgeartet Mit diesem wackern Tier; es Ÿberstieg So weit die Vorstellung, da§ mein Erfinden Von Wendungen und SprŸngen hinter dem ZurŸckbleibt, was er tat. LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊEin Normann wars? K…NIG Ein Normann. LAERTES Lamord, bei meinem Leben! K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊJa, derselbe. LAERTES Ich kenn ihn wohl, er ist auch in der Tat Das Kleinod und Juwel von seinem Volk. K…NIG Er lie§ bei uns sich Ÿber Euch vernehmen Und gab Euch solch ein meisterliches Lob FŸr Eure Kunst und †bung in den Waffen, Insonderheit die FŸhrung des Rapiers. Es gŠb ein rechtes Schauspiel, rief er aus, Wenn wer darin sich mit Euch messen kšnnte. Er schwur, die Fechter seines Landes hŠtten Nicht sichre Hut, noch Auge, noch Geschick, Wenn Ihr sie angrifft; dieser sein Bericht Vergiftete den Hamlet so mit Neid, Da§ er nichts tat als wŸnschen, da§ Ihr schleunig ZurŸckkŠmt, um mit Euch sich zu versuchen. Nun, hieraus... LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWas denn hieraus, gnŠdger Herr? K…NIG Laertes, war Euch Euer Vater wert? Wie, oder seid Ihr gleich dem Gram im Bilde Ein Antlitz ohne Herz? LAERTES Wozu die Frage? K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊNicht als ob ich dŠchte, Ihr hŠttet Euren Vater nicht geliebt. Doch wei§ ich, durch die Zeit beginnt die Liebe, Und seh an Proben der Erfahrung auch, Da§ Zeit derselben Glut und Funken mŠ§igt. Im Innersten der Liebesflamme lebt Eine Art von Docht und Schnuppe, die sie dŠmpft; Und nichts beharrt in gleicher GŸte stets, Denn GŸte, die vollblŸtig wird, erstirbt Im eignen Allzuviel. Was man will tun, Das soll man, wenn man will; denn dies ÈwillÇ wechselt Und hat so mancherlei Verzug und SchwŠchung, Als es nur Zungen, HŠnde, FŠlle gibt; Dann ist dies ÈsollÇ ein prasserischer Seufzer, Der lindernd schadet. Doch zum Kern der Sache! Hamlet kommt her: was wollt Ihr unternehmen, Zu zeigen Euch als Eures Vaters Sohn In Taten mehr als Worten? LAERTES Die Kehle ihm durchschneiden in der Kirche! K…NIG Mord sollte freilich nirgends Freistatt finden, Und Rache keine Grenzen. Doch, Laertes, Wollt Ihr dies tun, so haltet Euch zu Haus; Kommt Hamlet heim, erfŠhrt er Eure RŸckkehr. Wir lassen Eure Trefflichkeit ihm preisen Und doppelt Ÿberfirnissen den Ruhm, Den Euch der Franke gab; kurz, bringen Euch zusammen Und stellen Wetten an auf Eure Kšpfe. Er, achtlos, edel, frei von allem Arg, Wird die Rapiere nicht genau besehn; So kšnnt Ihr leicht mit ein paar kleinen Griffen Euch eine nicht gestumpfte Klinge wŠhlen Und ihn mit einem wohlgefŸhrten Sto§ FŸr Euren Vater lohnen. LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊIch wills tun Und zu dem Endzweck meinen Degen salben. Ein Scharlatan verkaufte mir ein Mittel, So tšdlich, taucht man nur ein Messer drein, Wo's Blut zieht, kann kein noch so kšstlich Pflaster, Von allen KrŠutern unterm Mond mit Kraft Gesegnet, das Geschšpf vom Tode retten, Das nur damit geritzt ist; mit dem Gift Will ich die Spitze meines Degens netzen, So da§ es, streif ich ihn nur obenhin, Den Tod ihm bringt. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊBedenken wir dies ferner, Was fŸr BegŸnstigung von Zeit und Mitteln Zu unserm Ziel kann fŸhren. SchlŠgt dies fehl Und blickt durch unsre schlechte AusfŸhrung Die Absicht, so wŠrs besser nicht versucht; Drum mu§ der Plan noch eine Sichrung haben, Haltbar und wirksam, wenn sich jener nicht BewŠhrt. - Still, la§t mich sehn! - Auf Eure Fechtkunst Schlie§en wir feierliche Wetten ab - Ich habs: Wenn ihr vom Fechten hei§ und durstig seid - Ihr mŸ§t deshalb die GŠnge heftger machen - Und er zu trinken fordert, soll ein Kelch Bereitstehn, der, wenn er davon nur nippt, Entging er etwa Eurem giftgen Stich, Noch unsern Anschlag sichert. [- Aber still! Was fŸr ein LŠrm?] Die Kšnigin kommt. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊNun, werte Kšnigin? K…NIGIN Ein Leiden tritt dem andern auf die Fersen, So schleunig folgen sie: Laertes, Eure Schwester ist ertrunken. LAERTES Ertrunken sagt Ihr? Wo? K…NIGIN Es neigt ein Weidenbaum sich Ÿbern Bach Und zeigt im klaren Strom sein graues Laub, Mit welchem sie phantastisch KrŠnze wand Von Hahnfu§, Nesseln, Ma§lieb, Kuckucksblumen, Die dreiste SchŠfer derber wohl benennen, Doch unsre MŠdchen Toten-Mannes-Finger. Dort, als sie aufklomm, um ihr Laubgewinde An den gesenkten €sten aufzuhŠngen, Zerbrach ein falscher Zweig, und nieder fielen Die rankenden TrophŠen und sie selbst Ins weinende GewŠsser. Ihre Kleider Verbreiteten sich weit und trugen sie Sirenen gleich ein Weilchen noch empor, Indes sie Stellen alter Weisen sang, Als ob sie nicht die eigne Not begriffe, Wie ein Geschšpf, geboren und begabt FŸr dieses Element. Doch lange wŠhrt' es nicht, Bis ihre Kleider, die sich schwer getrunken, Das arme Kind von ihren Melodien Hinunterzogen in den schlammigen Tod. LAERTES Ach, ist sie denn ertrunken? K…NIGIN Ertrunken, ertrunken. LAERTES Zu viel des Wassers hast du, arme Schwester, Drum halt ich meine TrŠnen auf. Und doch Ists unsre Art; Natur hŠlt ihre Sitte, Was Scham auch sagen mag: sind die erst fort, So ist das Weib heraus. - Lebt wohl, mein FŸrst. Ich habe Flammenworte, welche gern Auflodern mšchten, wenn nur diese Torheit Sie nicht ertrŠnkte. Ab. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊLa§t uns folgen, Gertrud! Wie hatt ich MŸhe, seine Wut zu stillen! Nun, fŸrcht ich, bricht dies wieder ihre Schranken: Drum la§t uns folgen. Beide ab. ------------------------------------------------------------------------ F†NFTER AKT ERSTE SZENE Ein Kirchhof Zwei TotengrŠber kommen mit Spaten usw. ERSTER TOTENGR€BER Soll die ein christlich BegrŠbnis erhalten, die vorsŠtzlich ihre eigne Seligkeit sucht? ZWEITER TOTENGR€BER Ich sage dir, sie solls, mach also flugs ihr Grab. Der Totenbeschauer hat Ÿber sie gesessen und christlich BegrŠbnis erkannt. ERSTER TOTENGR€BER Wie kann das sein, wenn sie sich nicht defensionsweise ertrŠnkt hat? ZWEITER TOTENGR€BER Nun, es ist so befunden. ERSTER TOTENGR€BER Es mu§ aber se offendendo geschehn, es kann nicht anders sein. Denn dies ist der Punkt: Wenn ich mich wissentlich ertrŠnke, so beweist es eine Handlung, und eine Handlung hat drei StŸcke: sie besteht in Handeln, Tun und Verrichten: Ergel hat sie sich wissentlich ertrŠnkt! ZWEITER TOTENGR€BER Ei, hšrt doch, Gevatter Schaufler! ERSTER TOTENGR€BER Erlaubt mir! Hier steht das Wasser: gut; hier steht der Mensch: gut! - Wenn der Mensch zu diesem Wasser geht und sich selbst ertrŠnkt, so bleibts dabei, er mag wollen oder nicht, da§ er hingeht. Merkt Euch das! Aber wenn das Wasser zu ihm kommt und ihn ertrŠnkt, so ertrŠnkt er sich nicht selbst. Ergel, wer an seinem eignen Tode nicht schuld ist, verkŸrzt sein eignes Leben nicht. ZWEITER TOTENGR€BER Ist das Rechtens? ERSTER TOTENGR€BER Ei freilich, nach dem Totenbeschauer-Recht. ZWEITER TOTENGR€BER Wollt Ihr die Wahrheit wissen? Wenns kein vornehmes FrŠulein gewesen wŠre, so wŠre sie auch nicht auf geweihtem Boden begraben. ERSTER TOTENGR€BER Ja, da haben wirs. Und es ist doch ein Jammer, da§ die gro§en Leute in dieser Welt mehr Aufmunterung haben, sich zu hŠngen und zu ersŠufen, als ihre ChristenbrŸder. Komm, den Spaten her! Es gibt keine so alten Edelleute als GŠrtner, Grabenmacher und TotengrŠber: sie pflanzen Adams Profession fort. ZWEITER TOTENGR€BER War der ein Edelmann? ERSTER TOTENGR€BER Er war der erste, der je armiert war. ZWEITER TOTENGR€BER Ei, was wollt er! ERSTER TOTENGR€BER Was? Bist ein Heide? Wie legst du die Schrift aus? Die Schrift sagt: Adam grub. Konnte er ohne Arme graben? Ich will dir noch eine andere Frage vorlegen; wenn du mir nicht gehšrig antwortest, so bekenne - ZWEITER TOTENGR€BER Nur zu! ERSTER TOTENGR€BER Wer baut fester als der Maurer, der Schiffsbaumeister oder der Zimmermann? ZWEITER TOTENGR€BER Der Galgenmacher, denn sein GebŠude Ÿberlebt an die tausend Bewohner. ERSTER TOTENGR€BER Dein Witz gefŠllt mir, meiner Treu. Der Galgen tut gut; aber wie tut er gut? Er tut gut an denen, die Ÿbel tun. Nun tust du Ÿbel zu sagen, da§ der Galgen stŠrker gebaut ist als die Kirche, also wŸrde der Galgen an dir gut tun. Noch mal dran, frisch! ZWEITER TOTENGR€BER Wer stŠrker baut als ein Maurer, ein Schiffsbaumeister oder ein Zimmermann? ERSTER TOTENGR€BER Ja, sag mir das, und du sollst Feierabend haben. ZWEITER TOTENGR€BER Mein Seel, nun kann ichs sagen! ERSTER TOTENGR€BER Frisch! ZWEITER TOTENGR€BER Sapperment, ich kanns doch nicht sagen! Hamlet und Horatio treten in einiger Entfernung auf. ERSTER TOTENGR€BER Zerbrich dir den Kopf nicht weiter darum, der dumme Esel geht doch nicht schneller, wie du ihn auch prŸgeln magst, und wenn dir jemand das nŠchste Mal die Frage tut, antworte: der TotengrŠber. Die HŠuser, die er baut, wŠhren bis zum JŸngsten Tage. Geh, mach dich ins Wirtshaus und hole mir einen Schoppen Branntwein. Zweiter TotengrŠber ab. ERSTER TOTENGR€BER grŠbt und singt. In jungen Tagen ich lieben tŠt, Das dŸnkte mir so sŸ§. Die Zeit - oh - zu verbringen - ah - frŸh und spŠt, Behagte mir - ah - nichts wie dies. HAMLET Hat dieser Kerl kein GefŸhl von seinem GeschŠft? Er grŠbt ein Grab und singt dazu. HORATIO Die Gewohnheit hat es ihm zu einer leichten Sache gemacht. HAMLET So pflegt es zu sein; je weniger eine Hand verrichtet, desto zarter ist ihr GefŸhl. ERSTER TOTENGR€BER singt. Doch Alter mit dem schleichenden Tritt Hat mich gepackt mit der Faust Und hat mich weg aus dem Lande geschifft, Als hŠtt ich da nimmer gehaust. Wirft einen SchŠdel auf. HAMLET Der SchŠdel hatte einmal eine Zunge und konnte singen. Wie ihn der Schuft auf den Boden schleudert, als wŠr es der Kinnbacken Kains, der den ersten Mord beging! Dies mochte der Kopf eines Politikers sein, den dieser Esel nun Ÿberlistet; eines, der Gott den Herrn hintergehen wollte, nicht wahr? HORATIO Wohl mšglich, mein Prinz. HAMLET Oder eines Hofmannes, der sagen konnte: Guten Morgen, geliebtester Prinz, wie gehts, bester Prinz! - Dies mochte der gnŠdige Herr der und der sein, der des gnŠdigen Herrn des und des Pferd lobte, wenn er es gern zum Geschenk gehabt hŠtte, nicht wahr? HORATIO Wohl mšglich, mein Prinz. HAMLET Jaja, und nun Junker Wurm, eingefallen und mit einem TotengrŠberspaten um die Kinnbacken geschlagen. Das ist mir eine schšne Verwandlung; wenn wir nur die Kunst besŠ§en, sie zu sehen. Haben diese Knochen nicht mehr zu unterhalten gekostet, als da§ man Kegel mit ihnen spielt? Meine tun mir weh, wenn ich daran denke. ERSTER TOTENGR€BER singt. Eine Spitzhack und ein Spaten wohl, Samt einem Kittel aus Lein Und oh, eine Grube gar tief und hohl FŸr solchen Gast mu§ sein. Wirft einen SchŠdel auf. HAMLET Da ist wieder einer. Warum kšnnte das nicht der SchŠdel eines Rechtsgelehrten sein? Wo sind nun seine Klauseln, seine Praktiken, seine FŠlle und seine Kniffe? Warum leidet er nun, da§ dieser grobe Flegel ihn mit einer schmutzigen Schaufel um den Hirnkasten schlŠgt, und droht nicht, ihn wegen TŠtlichkeiten zu belangen? Hum! Dieser Geselle war vielleicht zu seiner Zeit ein gro§er KŠufer von LŠndereien, mit seinen Hypotheken, seinen Grundzinsen, seinen Kaufbriefen, seinen GewŠhrsmŠnnern, seinen gerichtlichen Auflassungen. Ist dies nun der Kauf seiner KŠufe und der prŠchtigste Bodenerwerb, da§ er seine prŠchtige Hirnschale voll prŠchtigem Dreck hat? Werden ihm seine GewŠhrsmŠnner nicht mehr von seinen erkauften Gšttern gewŠhren als die LŠnge und Breite von ein paar Kontraktsdokumenten? Sogar die †bertragungsurkunden seiner LŠndereien kšnnten kaum in diesem Kasten liegen; und soll der EigentŸmer selbst nicht mehr Raum haben? He? HORATIO Nicht ein TŸttelchen mehr, mein Prinz. HAMLET Wird nicht Pergament aus Schafsfellen gemacht? HORATIO Ja, mein Prinz, und aus Kalbsfellen auch. HAMLET Schafe und KŠlber sind es, die darin ihre Sicherheit suchen. Ich will diesen Burschen anreden. - Wessen Grab ist das? Heda! ERSTER TOTENGR€BER Meines, Herr. Singt. Und oh, eine Grube gar tief und hohl FŸr solchen Gast mu§ sein. HAMLET Ich glaube wahrhaftig, da§ es deines ist, denn du liegst darin. ERSTER TOTENGR€BER Ihr liegt drau§en, Herr, und also ists nicht Eures; ich liege nicht darin, und doch ist es meines. HAMLET Du lŸgst darin, weil du darin bist und sagst, da§ es deines ist. Es ist aber fŸr die Toten, nicht fŸr die Lebendigen; also lŸgst du. ERSTER TOTENGR€BER 's ist eine lebendige LŸge, Herr, sie will von mir weg, zu Euch zurŸck. HAMLET FŸr was fŸr einen Mann grŠbst du es? ERSTER TOTENGR€BER FŸr keinen Mann. HAMLET FŸr was fŸr eine Frau denn? ERSTER TOTENGR€BER Auch fŸr keine. HAMLET Wer soll denn darin begraben werden? ERSTER TOTENGR€BER Eine gewesene Frau, Herr; aber Gott hab sie selig, sie ist tot. HAMLET Wie eigensinnig der Bursch ist! Wir mŸssen nach der Schnur sprechen, oder er sticht uns mit Silben zu Tode. Wahrhaftig, Horatio, ich habe seit diesen drei Jahren darauf geachtet: das Zeitalter wird so spitzfindig, da§ der Bauer dem Hofmann auf die Fersen tritt. - Wie lange bist du schon TotengrŠber? ERSTER TOTENGR€BER Von allen Tagen im Jahre kam ich just den Tag dazu, da unser voriger Kšnig Hamlet den Fortinbras Ÿberwand. HAMLET Wie lange ist das her? ERSTER TOTENGR€BER Wi§t Ihr das nicht? Das wei§ jeder Narr. Es war denselben Tag, wo der junge Hamlet geboren ward, der nun toll geworden und nach England geschickt ist. HAMLET Ei so! Warum haben sie ihn nach England geschickt? ERSTER TOTENGR€BER Nu, weil er toll war. Er soll seinen Verstand da wiederkriegen; und wenn er ihn nicht wiederkriegt, so tuts da nicht viel. HAMLET Warum? ERSTER TOTENGR€BER Man wirds ihm da nicht viel anmerken; die Leute sind da ebenso toll wie er. HAMLET Wie wurde er toll? ERSTER TOTENGR€BER Seltsam genug, sagen sie. HAMLET Wie, seltsam? ERSTER TOTENGR€BER Mein Seel, just dadurch, da§ er den Verstand verlor. HAMLET Kennt Ihr den Grund? ERSTER TOTENGR€BER Freilich, dŠnischer Grund und Boden. Ich bin hier seit drei§ig Jahren TotengrŠber gewesen, in jungen und alten Tagen. HAMLET Wie lange liegt wohl einer in der Erde, eh er verfault? ERSTER TOTENGR€BER Mein Treu, wenn er nicht schon vor dem Tode verfault ist, wie wir denn heutzutage viele lustsieche Leichen haben, die kaum bis zum Hineinlegen halten, so dauert er Euch ein acht bis neun Jahr aus; ein Lohgerber neun Jahre. HAMLET Warum der lŠnger als ein andrer? ERSTER TOTENGR€BER Ei, Herr, sein Gewerbe gerbt ihm das Fell so, da§ es eine lange Zeit das Wasser abhŠlt, und das Wasser richtet so 'ne Blitzleiche verteufelt zugrunde. Hier ist ein SchŠdel, der Euch dreiundzwanzig Jahre in der Erde gelegen hat. HAMLET Wem gehšrt er? ERSTER TOTENGR€BER Einem unklugen Blitzkerl. Wer denkt Ihr, da§ es war? HAMLET Ja, ich wei§ nicht. ERSTER TOTENGR€BER Das Wetter Ÿber den unklugen Schalk! Er go§ mir einmal eine Flasche Rheinwein Ÿber den Kopf. Dieser SchŠdel da war Yoricks SchŠdel, des Kšnigs Spa§macher. HAMLET Dieser? [Nimmt den SchŠdel.] ERSTER TOTENGR€BER Ja, ja, eben der. HAMLET La§ mich sehen. Nimmt den SchŠdel. Ach armer Yorick! - Ich kannte ihn, Horatio; ein Bursch von unendlichem Humor, voll von den herrlichsten EinfŠllen. Er hat mich tausendmal auf dem RŸcken getragen, und jetzt, wie schaudert meiner Einbildungskraft davor! Mir wird ganz Ÿbel. Hier hingen diese Lippen, die ich gekŸ§t habe, ich wei§ nicht wie oft. Wo sind nun deine SchwŠnke? Deine SprŸnge? Deine Lieder, deine Blitze von Lustigkeit, wobei die ganze Tafel in Lachen ausbrach? Ist jetzt keiner da, der sich Ÿber dein eigenes Grinsen aufhielte? Alles weggeschrumpft? Nun begib dich in die Kammer der gnŠdigen Frau und sage ihr, wenn sie auch einen Finger dick auflegt: so'n Gesicht mu§ sie endlich bekommen; mach sie damit lachen! - Sei so gut, Horatio, sage mir dies eine! HORATIO Und was, mein Prinz? HAMLET Glaubst du, da§ Alexander in der Erde solchergestalt aussah? HORATIO Geradeso. HAMLET Und so roch? Pah! Wirft den SchŠdel weg. HORATIO Geradeso, mein Prinz. HAMLET Zu was fŸr schnšden Bestimmungen wir kommen, Horatio! Warum sollte die Einbildungskraft nicht den edlen Staub Alexanders verfolgen kšnnen, bis sie ihn findet, wo er ein Spundloch verstopft? HORATIO Die Dinge so betrachten hie§e sie allzu genau betrachten. HAMLET Nein, wahrhaftig, im geringsten nicht. Man kšnnte ihm bescheiden genug dahin folgen und sich immer von der Wahrscheinlichkeit fŸhren lassen. Zum Beispiel so: Alexander starb, Alexander ward begraben. Alexander verwandelte sich in Staub; der Staub ist Erde; aus Erde machen wir Lehm; und warum sollte man nicht mit dem Lehm, worein er verwandelt ward, ein Bierfa§ stopfen kšnnen? Der gro§e CŠsar, tot und Lehm geworden, Verstopft ein Loch wohl vor dem rauhen Norden. O da§ die Erde, der die Welt gebebt, Vor Wind und Wetter eine Wand verklebt! Doch still, doch still, beiseit! Hier kommt der Kšnig! Priester usw. kommen in Prozession; die Leiche der Ophelia; Laertes und Leidtragende folgen ihr; der Kšnig, die Kšnigin, ihr Gefolge usw. Die Kšnigin, der Hof - wem folgen sie? Und mit so unvollstŠndgen Feierlichkeiten? Ein Zeichen, da§ die Leiche, der sie folgen, Verzweiflungsvolle Hand an sich gelegt. Sie war von Stande; lauern wir ein Weilchen Und geben acht. Zieht sich mit Horatio zurŸck. LAERTES Was fŸr GebrŠuche sonst? HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDas ist Laertes, Ein edler junger Mann. Gebt acht! LAERTES Was fŸr GebrŠuche sonst? ERSTER PRIESTER Wir dehnten ihr BegrŠbnis aus, soweit Die Vollmacht reicht; ihr Tod war zweifelhaft, Und wenn kein Machtgebot die Ordnung hemmte, So hŠtte sie in ungeweihtem Grund Bis zur Gerichtsdrommete wohnen mŸssen. Statt christlicher Gebete sollten Scherben Und Kieselstein auf sie geworfen werden. Hier gšnnt man ihr doch ihren MŠdchenkranz Und das Bestreun mit jungfrŠulichen Blumen, GelŠut und GrabstŠtt. LAERTES So darf nichts mehr geschehn? ERSTER PRIESTER ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊNichts mehr geschehn. Wir wŸrden ja der Toten Dienst entweihn, Wenn wir ein Requiem und Ruh ihr sŠngen Wie fromm verschiednen Seeln. LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊLegt sie ins Grab. Und aus der schšnen, unbefleckten HŸlle Solln Veilchen wachsen! - Harter Priester, hšre: Ein Engel am Thron wird meine Schwester sein, Wenn du liegst heulend. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWas? Die schšne Ophelia? K…NIGIN Blumen streuend. SŸ§es der SŸ§en. Lebe wohl! - Ich hoffte, Du solltest meines Hamlet Gattin sein. Dein Brautbett, dacht ich, sŸ§es Kind, zu schmŸcken, Nicht zu bestreun dein Grab. LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊO dreifach Wehe Treff zehnmal dreifach das verfluchte Haupt, Des Untat deiner sinnigen Vernunft Dich hat beraubt! - La§t noch die Erde weg, Bis ich sie nochmals in die Arme fasse! Springt in das Grab. Nun hŠuft den Staub auf Lebende und Tote, Bis ihr die FlŠche habt zum Berg gemacht, Hoch Ÿber Pelion und das blaue Haupt Des wolkigen Olymp. HAMLET vortretend. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWer ists, des Gram So voll Emphase tšnt? Des Wehespruch Der Sterne Lauf beschwšrt und macht sie stillstehn Wie schreckbefangne Hšrer? - Dies bin ich, Hamlet der DŠne. Springt in dar Grab. LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDem Teufel deine Seele! Ringt mit ihm. HAMLET Du betest schlecht. Ich bitt dich, la§ die Hand von meiner Gurgel; Denn ob ich schon nicht jŠh und heftig bin, So ist doch was GefŠhrliches in mir, Das ich zu scheun dir rate. Weg die Hand! K…NIG Rei§t sie doch voneinander! K…NIGIN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊHamlet! Hamlet! ALLE Ihr Herren! HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊBester Herr, seid ruhig! Einige vom Gefolge bringen sie auseinander, und sie kommen aus dem Grabe hervor HAMLET Ja, diese Sache fecht ich aus mit ihm, So lang, bis meine Augenlider sinken. K…NIGIN O mein Sohn, welche Sache? HAMLET Ich liebt Ophelien, vierzigtausend BrŸder Mit ihrem ganzen Ma§ von Liebe machten Nicht meine Summ. - Was willst du fŸr sie tun? K…NIG Er ist verrŸckt, Laertes. K…NIGIN Um Gottes willen, la§t ihn! HAMLET Beim Element, sag, was du tun willst: Willst weinen? Fechten? Fasten? Dich zerrei§en? Willst Essig trinken? Krokodile essen? Ich tu's. Kommst du zu winseln her? Springst, um mir Trotz zu bieten, in ihr Grab? La§ dich mit ihr begraben, ich wills auch; Und schwatzest du von Bergen, la§ auf uns Millionen Hufen werfen, bis der Boden, Die Scheitel an der glŸhnden Zone sengend, Den Ossa macht zur Warze. Prahlst du gro§, Ich kanns so gut wie du. K…NIGIN ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDies ist blo§ Wahnsinn; So tobt der Anfall eine Weil in ihm, Doch gleich, geduldig wie das Taubenweibchen, Wenn sie ihr goldnes Paar hat ausgebrŸtet, Senkt seine Ruh die FlŸgel. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊHšrt doch, Herr! Was ist der Grund, da§ Ihr mir so begegnet? Ich liebt Euch immer; doch es macht nichts aus. La§t Herkules selbst nach Vermšgen tun, Die Katze maut, der Hund will doch nicht ruhn. Ab. K…NIG Ich bitte dich, Horatio, geh ihm nach! - Horatio ab. Zu Laertes. Laertes, unser gestriges GesprŠch Mu§ die Geduld Euch stŠrken. Wir betreiben Indessen schnell die Sache. - Gute Gertrud, Setzt eine Wache Ÿber Euren Sohn! - Dies Grab soll ein lebendig Denkmal haben. Bald werden wir der Ruhe Stunde sehn, So lang mu§ alles mit Geduld geschehn. Alle ab. ZWEITE SZENE Ein Saal im Schlosse Hamlet und Horatio treten auf. HAMLET Hievon genug; nun komm ich auf das andre. Erinnert Ihr Euch jeden Umstands noch? HORATIO Erinnern, gnŠdiger Herr! HAMLET In meiner Brust war eine Art von Kampf, Der mich nicht schlafen lie§; mich dŸnkt', ich lŠge Noch schlimmer als im Stock die Meutrer. Rasch - Und dank dem raschen Mute! La§t uns einsehn, Da§ Unbesonnenheit uns manchmal dient, Wenn tiefe PlŠne scheitern, und das lehr uns, Da§ eine Gottheit unsre Zwecke formt, Wie wir sie auch entwerfen. HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSehr gewi§. HAMLET Aus meinem Schlafgemach, Den Schiffermantel umgeworfen, tappte Im Dunkeln ich nach ihnen, fand sie glŸcklich, Griff ihr Paket und zog mich schlie§lich wieder ZurŸck in die KajŸte; meine Furcht Verga§ die Schicklichkeit, und dreist erbrach Ich ihren hšchsten Auftrag. Hier, Horatio, Fand ich ein kšnigliches SchurkenstŸck: Ein streng Gehei§, gespickt mit vielen GrŸnden, Betreffend DŠnmarks Heil und Englands auch, Und, heida, solch ein Spuk, wenn ich entkŠme, Da§ gleich auf Sicht, ohn alle Zšgerung, Auch nicht so lang, um nur das Beil zu schŠrfen, Das Haupt mir abgeschlagen werden sollte. HORATIO Ists mšglich? HAMLET Hier ist der Auftrag; lies ihn nur bei Mu§e. Doch willst du hšren, wie ich nun verfuhr? HORATIO Ja, ich ersuch Euch drum. HAMLET So rings umstrickt mit BŸbereien, fing, Eh ich noch den Prolog dazu gehalten, Mein Kopf das Spiel schon an. Ich setzte mich, Sann einen Auftrag aus, schrieb ihn ins reine, Ich hielt es einst wie unsre gro§en Herrn FŸr niedrig, schšn zu schreiben, und bemŸhte Mich sehr, es zu verlernen; aber jetzt Tat es mir Ritterdienste. Willst du wissen, Was meine Schrift enthielt? HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊJa, bester Herr. HAMLET Die ernstlichste Beschwšrung von dem Kšnig, Wofern ihm England treu die Lehnspflicht hielte, Wofern ihr Bund blŸhn sollte wie die Palme, Wofern der Fried in seinem €hrenkranz Stets beider Freundschaft bindend sollte stehn, Und manchem wichtigen Wofern der Art, Wenn er den Inhalt dieser Schrift ersehn, Mšcht er ohn alles fernere Bedenken Die †berbringer schnell zum Tode fšrdern, Selbst ohne Frist zum Beichten. HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊUnd wie versiegelt? HAMLET Auch darin war des Himmels Vorsicht wach. Ich hatt im Beutel meines Vaters Petschaft, Das dieses dŠnschen Siegels Muster war. Ich faltete den Brief dem andern gleich, Dann unterschrieb ich, drŸckte drauf das Siegel, Legt ihn an seinen Ort. Der Wechselbalg Ward nicht erkannt. Am nŠchsten Tage nun War unser Seegefecht, und was dem folgte, Das wei§t du schon. HORATIO Und GŸldenstern und Rosenkranz gehn drauf. HAMLET Ei, Freund, sie buhlten ja um dies GeschŠft. Sie rŸhren mein Gewissen nicht; ihr Fall Entspringt aus ihrer eignen Einmischung. 's ist mi§lich, wenn die schlechtere Natur Sich zwischen die entbrannten Degenspitzen Von mŠchtigen Gegnern stellt. HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWas fŸr ein Kšnig! HAMLET Was dŸnkt dir, liegts mir jetzo nah genug? Der meinen Kšnig totschlug, meine Mutter Zur Hure machte, zwischen die ErwŠhlung Und meine Hoffnungen sich eingedrŠngt, Die Angel warf nach meinem eignen Leben Mit solcher Hinterlist: ists nicht vollkommen billig, Mit diesem Arme dem den Lohn zu geben? Und ist es nicht Verdammnis, diesen Krebs An unserm Fleisch noch lŠnger nagen lassen? HORATIO Ihm mu§ von England bald gemeldet werden, Wie dort der Ausgang des GeschŠftes ist. HAMLET Bald wirds geschehn; die Zwischenzeit ist mein. Ein Menschenleben ist, als zŠhlt man ÈeinsÇ. Doch ich bin sehr bekŸmmert, Freund Horatio, Da§ mit Laertes ich mich selbst verga§, Denn in dem Bilde meiner Sache seh ich Der seinen GegenstŸck. Ich will Versšhnung. Doch wirklich, seines Schmerzes Prahlerei Empšrte mich zu wilder Leidenschaft. HORATIO Still doch! Wer kommt? Osrick kommt. OSRICK Willkommen Eurer Hoheit hier in DŠnemark! HAMLET Ich dank Euch ergebenst, Herr. - Kennst du diese MŸcke? HORATIO Nein, bester Herr. HAMLET Um so besser ist fŸr dein Heil gesorgt, denn es ist ein Laster, ihn zu kennen. Er besitzt viel und fruchtbares Land; wenn ein Tier FŸrst der Tiere ist, so wird seine Krippe neben des Kšnigs Gedeck stehn. Er ist eine Elster, aber, wie ich dir sagte, mit weitlŠufigen Besitzungen von Kot gesegnet. OSRICK Geliebtester Prinz, wenn Eure Hoheit Mu§e hŠtte, so wŸnschte ich Euch etwas von Seiner MajestŠt mitzuteilen. HAMLET Ich will es mit aller Aufmerksamkeit empfangen, Herr. Eure MŸtze an ihre Stelle; sie ist fŸr den Kopf. OSRICK Ich danke Eurer Hoheit, es ist sehr hei§. HAMLET Nein, auf mein Wort, es ist sehr kalt; der Wind ist nšrdlich. OSRICK Es ist ziemlich kalt, in der Tat, mein Prinz. HAMLET Aber doch dŸnkt mich, es ist ungemein schwŸl und hei§ fŸr mein Temperament - OSRICK Au§erordentlich, gnŠdiger Herr, es ist sehr schwŸl - auf gewisse Weise - ich kann nicht sagen wie. GnŠdiger Herr, Seine MajestŠt befahl mir, Euch wissen zu lassen, da§ er eine gro§e Wette auf Euren Kopf angestellt hat. Die Sache ist folgende, Herr: - HAMLET Ich bitte Euch, verge§t nicht! Hamlet nštigt ihn, den Hut aufzusetzen. OSRICK Erlaubt mir, wertester Prinz, zu meiner eigenen Bequemlichkeit. Vor kurzem, Herr, ist Laertes hier an den Hof gekommen - auf meine Ehre, ein vollkommner Kavalier, von den vortrefflichsten Auszeichnungen, von einer sehr gefŠlligen Unterhaltung und glŠnzendem €u§ern. In der Tat, um mit Sinn von ihm zu sprechen, er ist die Musterkarte der feinen Lebensart; denn Ihr werdet in ihm den Inbegriff aller Gaben finden, die ein Kavalier nur wŸnschen kann zu sehn. HAMLET Seine Eršrterung, Herr, leidet keinen Verlust in Eurem Munde, ob ich gleich wei§, da§ es die Rechenkunst des GedŠchtnisses irremachen wŸrde, ein vollstŠndiges Verzeichnis seiner Eigenschaften aufzustellen. Und doch wŸrde es nicht geraden Kurs halten, in RŸcksicht seiner behenden Fahrt. Aber im heiligsten Ernste der Lobpreisung, ich halte ihn fŸr einen Geist von gro§em Umfange und seine innere Begabung so kšstlich und selten, da§, um uns wahrhaft Ÿber ihn auszudrŸcken, nur sein Spiegel seinesgleichen ist, und wer sonst seiner Spur nachgehen will, sein Schatten, nichts weiter. OSRICK Eure Hoheit spricht ganz untrŸglich von ihm. HAMLET Der Betreff, Herr? Warum lassen wir den rauhen Atem unsrer Rede Ÿber diesen Kavalier gehen? OSRICK Prinz? HORATIO Ist es nicht mšglich, uns in einer andern Sprache zu verstŠndigen? Ihr kšnnt das gewi§, Herr. HAMLET Was bedeutet die Nennung dieses Kavaliers? OSRICK Des Laertes? HORATIO Sein Beutel ist schon leer; alle seine goldnen Worte sind ausgegeben. HAMLET Ja, des nŠmlichen. OSRICK Ich wei§, Ihr seid nicht ununterrichtet - HAMLET Ich wollte, Ihr wŸ§tet es, Herr, ob es mich gleich, bei meiner Ehre, noch nicht sehr empfehlen wŸrde. Nun wohl, Herr! OSRICK Ihr seid nicht ununterrichtet, welche Vollkommenheit Laertes besitzt - HAMLET Ich darf mich dessen nicht rŸhmen, um mich nicht mit ihm an Vollkommenheit zu vergleichen; einen andern Mann aus dem Grunde kennen, hie§e sich selbst kennen. OSRICK Ich meine, Herr, was die FŸhrung der Waffen betrifft; nach der Beimessung, die man ihm erteilt, ist er darin ohnegleichen. HAMLET Was ist seine Waffe? OSRICK Degen und Sto§klinge. HAMLET Das wŠren dann zweierlei Waffen; doch weiter. OSRICK Der Kšnig, Herr, hat mit ihm sechs Berberhengste gewettet, wogegen er, wie ich hšre, sechs franzšsische Degen samt Zubehšr, als GŸrtel, Gehenke und so weiter, verpfŠndet hat. Drei von den Gestellen sind in der Tat dem Auge sehr gefŠllig, den GefŠ§en sehr angemessen, unendlich zierliche Gestelle und von sehr geschmackvoller Erfindung. HAMLET Was nennt Ihr die Gestelle? HORATIO Ich wu§te, Ihr wŸrdet Euch noch an seinen Randglossen erbauen mŸssen, ehe das GesprŠch zu Ende wŠre. OSRICK Die Gestelle sind die Gehenke. HAMLET Der Ausdruck wŸrde schicklicher fŸr die Sache sein, wenn wir eine Kanone an der Seite fŸhren kšnnten; bis dahin la§t es immer Gehenke bleiben. Aber weiter: sechs Berberhengste gegen sechs franzšsische Degen, ihr Zubehšr, und drei geschmackvoll erfundene Gestelle: das ist eine franzšsische Wette gegen eine dŠnische. Weswegen haben sie dies verpfŠndet, wie Ihrs nennt? OSRICK Der Kšnig, Herr, hat gewettet, da§ Laertes in zwšlf Stš§en von beiden Seiten nicht Ÿber drei vor Euch voraushaben soll; er hat auf zwšlf gegen neun gewettet; und es wŸrde sogleich zum Versuch kommen, wenn Eure Hoheit zu der Erwiderung geneigt wŠre. HAMLET Wenn ich nun erwidre: nein? OSRICK Ich meine, gnŠdiger Herr, die Stellung Eurer Person zu dem Versuche. HAMLET Ich will hier im Saale auf und ab gehen; wenn es Seiner MajestŠt gefŠllt: es ist jetzt bei mir die Stunde, frische Luft zu schšpfen. La§t die Rapiere bringen; hat Laertes Lust und bleibt der Kšnig bei seinem Vorsatze, so will ich fŸr ihn gewinnen, wenn ich kann; wo nicht, so werde ich nichts als die Schande und die ŸberzŠhligen Stš§e davontragen. OSRICK Soll ich Eure Meinung so erklŠren? HAMLET In diesem Sinne, Herr, mit AusschmŸckungen nach Eurem Geschmack. OSRlCK Ich empfehle Eurer Hoheit meine Ergebenheit. [Ab.] HAMLET Der Eurige. - Osrick geht ab. Er tut wohl daran, sie selbst zu empfehlen; es mšchte ihm sonst kein Mund zu Gebote stehn. HORATIO Dieser Kiebitz ist mit der halben Eierschale auf dem Kopfe aus dem Nest gelaufen. HAMLET Er machte UmstŠnde mit seiner Mutter Brust, ehe er daran sog. Auf diese Art hat er, und viele andere von demselben Schlage, in die das schale Zeitalter verliebt ist, nur den Ton der Mode und den Šu§erlichen Schein der Unterhaltung erhascht, eine Art von Schaumansammlung, die sie weitertrŠgt, und zwar durch die tiefsten und gesiebtesten Beurteilungen hindurch; aber man puste sie nur zu nŠherer PrŸfung an, und die Blasen platzen. Ein Edelmann kommt. EDELMANN GnŠdiger Herr, Seine MajestŠt hat sich Euch durch den jungen Osrick empfehlen lassen, der ihm meldet, da§ Ihr ihn im Saale erwarten wollt. Er schickt mich, um zu fragen, ob Eure Lust, mit Laertes zu fechten, fortdauert, oder ob Ihr lŠngern Aufschub dazu verlangt. HAMLET Ich bleibe meinen VorsŠtzen treu, sie richten sich nach des Kšnigs Wunsche. Wenn es ihm gelegen ist, bin ich bereit, jetzt oder zu jeder andern Zeit; vorausgesetzt, da§ ich so gut imstande bin wie jetzt. EDELMANN Der Kšnig, die Kšnigin und alle sind auf dem Wege hierher. HAMLET In Gottes Namen. EDELMANN Die Kšnigin wŸnscht, Ihr mšchtet den Laertes freundschaftlich anreden, ehe Ihr anfangt zu fechten. HAMLET Ihr Rat ist gut. Der Edelmann ab. HORATIO Ihr werdet diese Wette verlieren, mein Prinz. HAMLET Ich denke nicht. Seit er nach Frankreich ging, bin ich in bestŠndiger †bung geblieben; ich werde bei der ungleichen Wette gewinnen. Aber du kannst dir nicht vorstellen, wie Ÿbel es mir hier ums Herz ist. Doch es tut nichts. HORATIO Nein, bester Herr - HAMLET Es ist nur Torheit; aber es ist eine Art von schlimmer Ahnung, die vielleicht ein Weib Šngstigen wŸrde. HORATIO Wenn Eurem GemŸt irgend etwas widersteht, so gehorcht ihm; ich will ihrer Ankunft zuvorkommen und sagen, da§ Ihr nicht aufgelegt seid. HAMLET Nein, ja nicht! Ich trotze allen Vorbedeutungen; es waltet eine besondere Vorsehung Ÿber den Fall eines Sperlings. Geschieht es jetzt, so geschieht es nicht in Zukunft; geschieht es nicht in Zukunft, so geschieht es jetzt; geschieht es jetzt nicht, so geschieht es doch einmal in Zukunft. In Bereitschaft sein ist alles. Da kein Mensch besitzt, was er verlŠ§t, was kommts darauf an, frŸhzeitig zu verlassen? Mags sein! Der Kšnig, die Kšnigin, Laertes, Herren vom Hofe, Osrick und anderes Gefolge mit Rapieren usw. K…NIG Kommt, Hamlet, kommt! Nehmt diese Hand von mir! Der Kšnig legt die Hand des Laertes in die des Hamlet. HAMLET GewŠhrt Verzeihung, Herr! Ich tat Euch unrecht; Allein verzeiht um Eurer Ehre willen! Der Kreis hier wei§, Ihr hšrtets auch gewi§, Wie ich mit schwerem TrŸbsinn bin geplagt. Was ich getan, Das die Natur in Euch, die Ehr und Sitte Hart aufgeregt, erklŠr ich hier fŸr Wahnsinn. Wars Hamlet, der Laertes krŠnkte? Nein! Wenn Hamlet von sich selbst geschieden ist Und, weil er nicht er selbst, Laertes krŠnkt, Dann tut es Hamlet nicht; Hamlet verleugnets. Wer tut es denn? Sein Wahnsinn. Ist es so, So ist er ja auf der gekrŠnkten Seite: Sein Wahnsinn ist des armen Hamlets Feind. Vor diesen Zeugen, Herr, La§t mein Verleugnen aller schlimmen Absicht So weit vor Eurer Gro§mut frei mich sprechen, Als ich den Pfeil nur sandte Ÿbers Haus Und meinen Bruder traf. LAERTES Mir ist genug geschehn fŸr die Natur, Die mich in diesem Fall am stŠrksten sollte Zur Rache treiben. Doch nach Ehrenrechten Halt ich mich fein und wei§ nichts von Versšhnung, Bis Šltre Meister von geprŸfter Ehre Zum Frieden ihren Rat und Spruch verleihn FŸr meines Namens Rettung. Bis dahin Empfang ich Eure dargebotne Liebe Als Lieb und will ihr nicht zu nahe tun. HAMLET Gern tret ich bei und will mit Zuversicht Um diese brŸderliche Wette fechten. - Gebt uns Rapiere, kommt! LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊKommt, eines mir! HAMLET Ich werd zur Zierde Eures Ruhms, Laertes; Mein Ungeschick lŠ§t Eure Kunst erglŠnzen Wie tiefste Nacht die Sterne. LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊIhr treibt Spott! HAMLET Wahrhaftig nicht! K…NIG Gebt ihnen die Rapiere, junger Osrick. - Ihr wi§t doch, Vetter Hamlet, unsre Wette? HAMLET Vollkommen: Eure Hoheit hat den Ausschlag Des Preises auf die schwŠchre Hand gelegt. K…NIG Ich fŸrcht es nicht, ich sah euch beide sonst; Er lernte zu, drum gibt man uns voraus. LAERTES Das ist zu schwer, la§t mich ein andres sehn! HAMLET Das steht mir an. Sind alle gleicher LŠnge? Sie bereiten sich zum Fechten. OSRICK Ja, bester Herr! K…NIG Setzt mir die Flaschen Wein auf diesen Tisch! Wenn Hamlet trifft zum ersten oder zweiten, Wenn er beim dritten Tausch den Sto§ erwidert, La§t das GeschŸtz von allen Zinnen feuern, Der Kšnig trinkt auf Hamlets Wohlsein dann, Und eine Perle wirft er in den Kelch, Mehr wert, als die vier Kšnige nacheinander In DŠnmarks Krone trugen. Gebt die Kelche! La§t die Trompete zu der Pauke sprechen, Die Pauke zu dem Kanonier hinaus, Zum Himmel das GeschŸtz, den Himmel zur Erde! Jetzt trinkt der Kšnig Hamlet zu! - Fangt an, Und ihr, ihr Richter, habt ein achtsam Auge! HAMLET Kommt, Herr! LAERTES Wohlan, mein Prinz! Sie fechten. HAMLET Eins! LAERTES Nein. HAMLET Richterspruch! OSRICK Getroffen, offenbar getroffen! LAERTES Gut, noch einmal! K…NIG Halt! Wein her! - Hamlet, diese Perl ist dein, Hier auf dein Wohl! Trompetensto§ und Kanonenschu§ hinter der Szene. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊGebt ihm den Kelch! [Trompetensto§ und KanonenschŸsse hinter der Szene.] HAMLET Ich fecht erst diesen Gang, setzt ihn beiseit! - Kommt! Sie fechten. ÊÊÊÊÊÊÊÊWiederum getroffen; was sagt Ihr? LAERTES BerŸhrt, berŸhrt! Ich geb es zu. K…NIG Unser Sohn gewinnt. K…NIGIN Er ist in Schwei§ und au§er Atem. - Hier Hamlet, nimm mein Tuch, reib dir die Stirn! Die Kšnigin trinkt auf dein GlŸck, mein Hamlet. HAMLET GnŠdige Mutter - K…NIG Gertrud, trink nicht! K…NIGIN Ich will es, mein Gemahl; ich bitt, erlaubt mir. K…NIG beiseit. Es ist der giftge Kelch! Es ist zu spŠt! HAMLET Ich darf jetzt noch nicht trinken, gnŠdge Frau; Sogleich. K…NIGIN Komm, la§ mich dein Gesicht abtrocknen. LAERTES Mein FŸrst, jetzt treff ich ihn. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊIch glaub es nicht. LAERTES beiseit. Und doch, beinah ists gegen mein Gewissen. HAMLET Laertes, kommt zum Dritten nun! Ihr tŠndelt; Ich bitt Euch, sto§t mit Eurer ganzen Kraft! Ich fŸrchte, da§ Ihr mich zum besten habt. LAERTES Meint Ihr? Wohlan! Sie fechten. OSRICK ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊAuf beiden Seiten nichts. LAERTES Jetzt seht Euch vor! Laertes verwundet den Hamlet, drauf wechseln sie in der Hitze des Gefechts die Rapiere, und Hamlet verwundet den Laertes. K…NIG ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊTrennt sie, sie sind erhitzt! HAMLET Nein, noch einmal! Die Kšnigin sinkt um. OSRICK ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊSeht nach der Kšnigin! HORATIO Sie bluten beiderseits. - Wie stehts, mein Prinz? OSRICK Wie stehts, Laertes? LAERTES Gefangen in der eignen Schlinge, Osrick! Mich fŠllt gerechterweise mein Verrat. HAMLET Was ist der Kšnigin? K…NIG Sie fŠllt in Ohnmacht, weil sie bluten sieht. K…NIGIN Nein, nein! Der Trank, der Trank! - O lieber Hamlet! Der Trank, der Trank! - Ich bin vergiftet. Sie stirbt. HAMLET O BŸberei! - Ha! La§t die TŸren schlie§en! Verrat! Sucht, wo er steckt! Laertes fŠllt. LAERTES Hier, Hamlet! Hamlet, du bist umgebracht; Kein Mittel in der Welt errettet dich, In dir ist keine halbe Stunde Leben. Des Frevels Werkzeug ist in deiner Hand, Unabgestumpft, vergiftet; meine Arglist Hat sich auf mich gewendet: sieh, hier lieg ich, Nie aufzustehn - vergiftet deine Mutter - Ich kann nicht mehr - des Kšnigs Schuld, des Kšnigs! HAMLET Die Spitze auch vergiftet? So tu denn, Gift, dein Werk. Er ersticht den Kšnig. OSRICK und Herren vom Hofe. ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊVerrat! Verrat! K…NIG Noch helft mir, Freunde! Ich bin nur verwundet. HAMLET Hier, mšrdrischer, blutschŠndrischer, verruchter DŠne! Trink diesen Trank aus! - Ist die Perle hier? Folg meiner Mutter! Der Kšnig stirbt. LAERTES ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊIhm geschieht sein Recht; Es ist ein Gift von seiner Hand gemischt. La§ uns Vergebung wechseln, edler Hamlet! Mein Tod und meines Vaters komm nicht Ÿber dich, Noch deiner Ÿber mich! Er stirbt. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDer Himmel mache Dich frei davon! Ich folge dir. - Horatio, Ich sterbe. - Arme Kšnigin, fahr wohl! - Ihr, die erbla§t und bebt bei diesem Fall Und seid nur stumme Hšrer dieser Handlung, HŠtt ich nur Zeit - der grause Scherge Tod Verhaftet schleunig -, o ich kšnnt euch sagen! Doch sei es drum. - Horatio, ich bin hin; Du lebst: erklŠre mich und meine Sache Den Unbefriedigten. HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊNein, glaub das nicht. Ich bin ein alter Ršmer, nicht ein DŠne: Hier ist noch Trank zurŸck. HAMLET ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊWo du ein Mann bist, Gib mir den Kelch! Beim Himmel, la§! Ich will ihn! O Gott! - Welch ein verletzter Name, Freund, Bleibt alles so verhŸllt, wird nach mir leben! Wenn du mich je in deinem Herzen trugst, Verbanne noch dich von der Seligkeit Und atm in dieser herben Welt mit MŸh, Um mein Geschick zu melden. - Marsch in der Ferne, SchŸsse hinter der Szene. Welch kriegerischer LŠrm? OSRICK Der junge Fortinbras, der siegreich eben ZurŸck aus Polen kehrt, gibt den Gesandten Von England diesen kriegerischen Gru§. HAMLET O ich sterbe, Horatio! Das starke Gift bewŠltigt meinen Geist; Ich kann von England nicht die Zeitung hšren, Doch prophezei ich: Die ErwŠhlung fŠllt Auf Fortinbras; er hat mein sterbend Wort! Das sagt ihm, samt den FŸgungen des Zufalls, Die es dahin gebracht. - Der Rest ist Schweigen. Er stirbt. HORATIO Da bricht ein edles Herz. - Gute Nacht, mein FŸrst! Und Engelscharen singen dich zur Ruh! - Weswegen naht die Trommel? Marsch hinter der Szene. Fortinbras, die englischen Gesandten und andre kommen. FORTINBRAS Wo ist dies Schauspiel? HORATIO Was ists, das Ihr zu sehn begehrt? Wenn irgend Weh oder Wunder, la§t vom Suchen ab! FORTINBRAS Dies grausige Bild schreit Mord. - O stolzer Tod, Welch Fest geht vor in deiner ewgen Zelle, Da§ du auf einen Schlag so viele FŸrsten So blutig trafst? ERSTER GESANDTER ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊDer Anblick ist entsetzlich. Und das GeschŠft von England kommt zu spŠt. Taub sind die Ohren, die Gehšr uns sollten Verleihen, sein Befehl sei ausgefŸhrt Und Rosenkranz und GŸldenstern sei'n tot. Wo wird uns Dank? HORATIO ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊAus seinem Munde nicht, HŠtt er dazu die Lebensregung auch; Er gab zu ihrem Tode nie Befehl. Doch weil so schnell nach diesem blutgen Schlage Ihr von dem Zug nach Polen, ihr aus England Hiehergekommen seid, so ordnet an, Da§ diese Leichen hoch auf einer BŸhne Vor aller Augen werden ausgestellt, Und la§t der Welt, die noch nicht wei§, mich sagen, Wie alles dies geschah; so sollt Ihr hšren Von Taten, fleischlich, blutig, unnatŸrlich, ZufŠlligen Gerichten, blindem Mord; Von Toden, durch Gewalt und List bewirkt, Und PlŠnen, die verfehlt zurŸckgefallen Auf der Erfinder Haupt: dies alles kann ich Mit Wahrheit melden. FORTINBRAS ÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊÊEilen wir zu hšren, Und ruft die Edelsten zu der Versammlung. Was mich betrifft, mein GlŸck umfang ich trauernd; Ich habe alte Recht' an dieses Reich, Die anzusprechen mich mein Vorteil hei§t. HORATIO Auch hievon werd ich Grund zu reden haben, Und zwar aus dessen Mund, des Stimme mehre Wird nach sich ziehen. Aber la§t uns dies Sogleich verrichten, da noch die GemŸter Der Menschen wild sind, da§ kein Unheil mehr Aus RŠnken und Verwirrung mšg entstehen. FORTINBRAS La§t vier Hauptleute Hamlet auf die BŸhne Gleich einem Krieger tragen; denn er hŠtte, WŠr er hinaufgelangt, unfehlbar sich Hšchst kšniglich bewŠhrt! Und bei dem Zug La§t Feldmusik und alle KriegsgebrŠuche Laut fŸr ihn sprechen! Nehmt auf die Leichen! - Was wir sehen dort, Dem Schlachtfeld ziemend, schŠndet diesen Ort. Geht, hei§t die Truppen feuern! Ein Totenmarsch. Sie gehen ab, indem sie die Leichen wegtragen; hierauf wird eine Artilleriesalve abgefeuert. ------------------------------------------------------------------------