~ die politische elite. oder:
rassism at the top
[von irene schwarz]
Eine Studie der Sprachwissenschafterin und Wittgenstein-Preisträgerin
Ruth Wodak enthält brisante Ergebnisse. Sie befasst sich vor allem
mit der Frage, welche Rolle SpitzenpolitikerInnen bei der Entstehung und
Vertiefung von rassistischen Denkweisen spielen.
"Rassismus wird in den Staaten der Europäischen Union zu einem
großen Teil von der politischen Elite getragen", so lautet
ein wesentliches Resultat. Rassismus wird aber nur selten direkt ausgesprochen:
insbesondere rechts orientierte Parteien wählen den Weg über
das Thema "Sicherheit" und suggerieren, dass "wir"
- die Inländerinnen und potentiellen WählerInnen - vor Bedrohungen
wie Kriminalität und Arbeitslosigkeit, die scheinbar von "AusländerInnen"
ausgehen, geschützt werden müssen. Täter-Opfer-Umkehr ist
eine andere "Methode": Nicht ImmigrantInnen und Flüchtlinge
sind die Opfer von Diskrimierung, sondern die Bevölkerung "zu
Hause", die unterdrückt und ausgebeutet ist und die sich davor
fürchtet, ihre Rechte, Wohnungen und Arbeitsplätze, ihre Lebensqualität
und Kultur zu verlieren. Vor allem extrem rechte Parteien artikulieren
das direkt; indirekt aber ist so eine Haltung auch in den Regierungsparteien
der sechs Staaten zu finden. Sie tendieren dazu, sich selbst sehr positiv
als "tolerant, hilfsbereit und demokratisch" zu stilisieren
und die "anderen", die ImmigrantInnen, herabwürdigen.
Ebenso wird in allen Staaten innerhalb der großen Gruppe der "AusländerInnen"
zwischen "guten und daher willkommenen" und "schlechten
und daher un-willkommenen" unterschieden und eine hierarchische Ordnung
dieser Sub-Gruppen aufgestellt. Eine weitere Strategie ist die Generalisierung
einzelner Erfahrungen mit "schlechten AusländerInnen",
die dazu dienen, die ganze Gruppe zu charakterisieren und stigmatisieren.
(Großteils sehen sich PolitikerInnen und gelten auch als "Stimme
des Volkes". Stellvertretend für die WählerInnen werden
Themen forciert und - zumindest so wahrgenommene - Ängste, Befürchtungen
und Hoffnungen artikuliert. Prekär daran ist, dass umgekehrt PolitikerInnen
wieder auf die Bevölkerung zurück wirken und Einstellungen und
Haltungen verstärken oder mindern, nicht zuletzt durch die Medien
als Transporteure dieser Meinungen. )
Und solange nach Ereignissen wie dem Tod von Marcus Omofuma, einem Flüchtling,
der bei seiner Abschiebung aus Österreich durch ein über seinen
Mund geklebtes Bandwahrscheinlich erstickte, zur Tagesordnung übergegangen
werde, sind solche Studien auch - als Mahnre- bitter nötig.
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